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Gast-Kommentar
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19.07.2025
19.07.2025 07:01 Uhr

Haftung der GZO-Verwaltungsräte

Ziehen sich die ehemaligen Verwaltungsräte zu einfach aus der Affäre? Dazu schreibt Barbara Tudor, Zürioberland24, einen Gastkommentar. (Archivbild)
Ziehen sich die ehemaligen Verwaltungsräte zu einfach aus der Affäre? Dazu schreibt Barbara Tudor, Zürioberland24, einen Gastkommentar. (Archivbild) Bild: GZO
Von heute auf morgen trat der bisherige Verwaltungsrat der GZO AG Spital Wetzikon ab. Seither ist es still um die Mitglieder geworden. Zu still. Gastkommentar von Barbara Tudor.

Im November 2024, inmitten des GZO-Sturms, wurde bekanntgegeben, dass der GZO-Verwaltungsrat gesammelt zurücktritt. Der Abgang wurde in schöne Worte gepackt: Der Verwaltungsrat biete Hand für eine geordnete personelle Neubesetzung. Seither ist es still geworden um den fünfköpfigen Verwaltungsrat.

Allen voran um Jörg Kündig, ehemaliger VR-Präsident der GZO AG, FDP-Kantonsrat, Gemeindepräsident von Gossau ZH und Träger etlicher anderer Mandate. Der Mann, der sich immer gerne auf Bühnen präsentiert hat, ist in den Hintergrund getreten. Selbst an Gemeindeversammlungen schwingt der 65-Jährige und sichtlich ergraute Mann heute wesentlich leisere Töne. So als wolle er möglichst nicht auffallen.

Von seinen VR-Gremiumskollegen – Heinz Kunz, Marcel Peter, Dr. med. Beat Staub und Yvonne Lang Ketter – hört man schon gar nichts. Bis heute haben sie sich meines Wissens nie öffentlich zur Situation geäussert.

Ab in die Vergessenheit

Halten sich Kündig und seine ehemaligen Gremiumskollegen bewusst bedeckt, um von ihrem Versagen in Sachen GZO-Baufinanzierung abzulenken, in der Hoffnung, dass man vergessen mag, was in den vergangenen Jahren geschehen ist?

Vergessen und darüber hinwegsehen, dass sie das GZO-Spital mit dem fragwürdigen Mega-Bau und offenbar komplett verfehlter Finanzplanung mit voller Wucht an die Wand gefahren haben? Dass sie mit ihrem Handeln wohl etliche Gewerbetreibende an den Rand des Ruins getrieben haben? Dass Pensionskassen und damit Versicherte wohl viel Geld verlieren werden? Dass die Steuerzahler der Aktionärsgemeinden, die nicht auf «ihr Spital ums Eck» verzichten möchten, mit grosser Wahrscheinlichkeit über Jahre hinweg tief in die Tasche greifen müssen und währenddessen wichtige Mittel in den Gemeinden selbst fehlen?

Neben dem beantragten Kredit dürften sich schon heute immense Kosten für Sachwalter, Berater, Anwälte etc. angehäuft haben. Da kann man sich fragen: Können Kündig, Peter, Staub und Lang noch ruhig schlafen?

Von Heinz Kunz, der sich selbst auf LinkedIn Strategieberater nennt und von 2011 bis 2020 das Firmenkundengeschäft der Zürcher Kantonalbank führte, hört man nichts. Ebenso wenig von Marcel Peter, der als Partner und Projektleiter bei einem Unternehmen, das für Behörden und Verwaltungen tätig ist, zur Tagesordnung übergegangen ist. Zuvor war er Stadtschreiber in Wetzikon und leitete sieben Jahre lang die Finanzen der Stadt. Auf der Homepage seiner Firma wird Marcel Peter wie folgt zitiert: «Lass uns heute Geschichten schreiben, die wir morgen erzählen möchten.» Nun, die Geschichte der GZO AG ist wohl keine der Geschichten, die er erzählen möchte.

Yvonne Lang Ketterer scheint es mit ihren anderen Verwaltungsratsmandaten bei Mobiliar, Ageas und Hotz Partner AG auch nicht langweilig zu werden.

Ja und Dr. med. Beat Staub, auch der ist wohl froh, wenn kein GZO-Staub über ihn aufgewirbelt wird. Er führt zusammen mit einem Kollegen eine Praxisgemeinschaft in Bauma. Auf der Praxishomepage schreibt der Facharzt für Allgemeinmedizin: «Mein Fokus liegt auf dem Zusammenspiel von Körper und Seele, der psychosomatischen Medizin.»

Verwaltungsräte haben Pflichten

Bei dem Schlamassel rund um das GZO kann man sich fragen: Wie steht es eigentlich um die Rechte und Pflichten von Verwaltungsräten? Antworten dazu findet man auf der Homepage der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Die Aufgaben eines Verwaltungsrats sind im Obligationenrecht festgeschrieben. Da ist unter anderem zu lesen: «Der Verwaltungsrat ist für die Aufsicht über das Unternehmen zuständig... Der Verwaltungsrat ist oberstes Aufsichts- und Gestaltungsorgan der Aktiengesellschaft».

Nach Gesetz bzw. nach Art. 716 OR hat der Verwaltungsrat «unübertragbare und unentziehbare» Aufgaben. Dazu gehört unter anderem die Verantwortung für die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle und der Finanzplanung.

Auch der Artikel 754 spricht eine deutliche Sprache: Laut diesem muss der Verwaltungsrat einstehen für verschuldete Pflichtwidrigkeiten, die zu einer Schädigung von Gesellschaft, Aktionären oder Gläubigern geführt haben. Und weiter: Die Verwaltungsräte haften solidarisch, jedes Mitglied kann für den vollen Schaden belangt werden.

Wo kein Kläger, da kein Richter?

Ob der ehemalige GZO-Verwaltungsrat seine Pflichten verletzt hat und zur Rechenschaft gezogen werden soll, müssen andere klären, zum Beispiel die Aktionärsgemeinden.

Als einfacher Bürger reibt man sich nur verwundert die Augen, dass offenbar ohne Konsequenzen zur Tagesordnung übergegangen wird.

Auch an die Gemeinderäte in den Aktionärsgemeinden könnte man ein paar kritische Fragen stellen: Haben sie nicht genau genug hingeschaut? Haben sie dem Verwaltungsrat zu blind vertraut? Oder wurden die Aktionäre und Gläubiger vom Verwaltungsrat hinters Licht geführt und gar das Handeln nach Treu und Glauben verletzt? Und wie sieht es mit dem aktuellen GZO-Verwaltungsrat aus: Was haben die Aktionärsgemeinden und Gläubiger aus der Sache gelernt? Wurden die Kontrollmechanismen verbessert und wenn ja, wie?

Währenddessen fürchten 900 Mitarbeitende um ihren Job. Die Bevölkerung wird – sollte der Kapitalerhöhung in den Aktionärsgemeinden zugestimmt werden – massiv bluten. Und die Handwerker wissen nicht, ob sie das Geld für ihre harte Arbeit am Bau je zu Gesicht bekommen werden.

Erneute Kandidatur, Herr Kündig?

Im März 2026 stehen Erneuerungswahlen an. Ist es so still um den ehemaligen VR-Präsidenten Jörg Kündig geworden, weil er sich bereits auf die Neuwahlen vorbereitet? Oder wird der Mann im Pensionsalter die Gelegenheit nutzen, so still und leise von der Polit-Bühne abzutreten, wie er aus dem GZO-Verwaltungsrat verschwunden ist? In ein paar Wochen, wenn die Kandidaturen bekanntgegeben werden, wird man es wissen. Und zumindest die Bevölkerung von Gossau ZH kann sich dann Gedanken darüber machen, ob sie einem Mann ihre Stimme geben will, der wohl massgeblich an der GZO-Tragödie beteiligt war.

Barbara Tudor, Zürioberland24