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Eschenbach
12.06.2020
14.06.2020 01:00 Uhr

Von den Kelten und einem Goldrausch

Ansicht der Eschenbacher Dorfkirche St.Vinzentius vom Friedhof aus.
Ansicht der Eschenbacher Dorfkirche St.Vinzentius vom Friedhof aus. Bild: Stefan Knobel, Linth24
Heute geht Linth24 der (namenkundlichen) Vergangenheit von Eschenbach sowie der Ortsteile Goldingen und St.Gallenkappel nach.

Die heute flächengrösste Gemeinde des Linthgebiets heisst Eschenbach. Sie besteht aus mehreren Siedlungen, die sich über eine hügelige Terrassenlandschaft oberhalb der Linthebene und des Obersees verteilen. Gut 9500 Menschen leben gegenwärtig in der ländlichen Ruhe Eschenbachs und geniessen «Landluft in Stadtnähe»: Rapperswil-Jona und der Raum Zürich sind rasch erreichbar.

Kelten, Römer und Germanen

Bereits mehrere Jahrhunderte vor der Zeitenwende hielten sich eisenzeitliche Kelten in Eschenbacher Gebiet auf. Sie hinterliessen die Spuren einer Wohnsiedlung sowie Hügelgräber mit Keramikgefässen und Gegenständen aus Bronze und Eisen. Eine von ihnen errichtete Fluchtburg wurde im 2./3. Jahrhundert nach Christus durch die Römer zu einer Wehranlage ausgebaut, um die Handels- und Militärwege abzusichern.

Dieselbe Kirche aus einer anderen Perspektive. Bild: Stefan Knobel, Linth24

Um das 7./8. Jahrhundert herum drangen aus nördlicher Richtung Alemannen ein und gründeten mehrere Haufendörfer. Eines davon entstand an einem Fliessgewässer mit Bäumen: Esghibach (775), auch Eskinbah (802) und einmal Esghitorf («Eschendorf»; um 830) genannt. Der Name geht zurück auf althochdeutsch *Askinbahh, mit Umlaut *Eskinbahh (o.ä.) «am Bach (bahh), an dem Eschen (asc) wachsen».

Schon früh übte das Kloster St.Gallen grundherrliche Rechte im Ort und der Umgebung aus. Um 1200 wurde Eschibach Teil der Grafschaft Uznach. 1439 wurde den Eschenbacher Bauern ein Freiheitsbrief ausgestellt, der sie über Haus, Hof und Allmende verfügen liess. Bald darauf ging das Dorf an Schwyz und Glarus über und wurde eidgenössisch.

Das Custorhaus in Eschenbach wurde 1770/71 als herrschaftlicher Landsitz erbaut und gehört heute der politischen Gemeinde. Bild: Stefan Knobel, Linth24

Eschenbach (so erstmals 1611) war lange vom Ackerbau geprägt, ein Gewerbe existierte nur in bescheidenem Umfang. Die Industrialisierung begann eher zögerlich und zu einem späten Zeitpunkt; ein Anschluss an die Eisenbahn blieb aus. Heute ist der Ort Wohngemeinde vieler ArbeitspendlerInnen.

Im kurzzeitigen Goldrausch

Am Rand der Hügellandschaft erstreckt sich der Ortsteil Goldingen, bis Ende 2012 eine eigenständige Gemeinde. Er besteht aus mehreren Weilern und ist zum Teil auf den Tourismus ausgerichtet – Stichwort Atzmännig.

In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts ist ein Name Goldine, Coldine greifbar, der einen Ort oder eine Person bezeichnen kann. Eindeutig auf einen Ort bezogen ist der Beleg Goldelingin von 1266. In späteren Urkunden werden Hainrich der Biber von Goldelingen (1328), der Schriber von Goldingen (1379) und die gmeind zů Goldigen (1607) erwähnt.

Für den Namen kommen zwei althochdeutsche Vorformen in Frage: *Goldilingun oder *Goldiningun «bei den Angehörigen des Goldilo bzw. des Goldine/Coldine». Die betreffenden Personennamen dürften letztlich zu gold «Gold» gehören.

Der lautliche Anklang von Goldingen an das Goldwort verleitete bis ins 18. Jahrhundert wiederholt dazu, in Goldiger Höhlen nach goldhaltigem Gestein oder in Bächen nach Waschgold zu suchen – doch reich wurde kaum jemand. In einer der Höhlen lässt sich immerhin Glimmerschiefer nachweisen, der je nach Zusammensetzung golden (oder silbrig) schimmert und so einen Anschein von Edelmetall erweckt haben mag.

Die heutige Chappler Kirche könnte sich am Standort der alten Galluskapelle befinden. Bild: Stefan Knobel, Linth24

Eine Wegkapelle

In St.Gallenkappel, seit 2013 ein Teil Eschenbachs, trafen einst zwei alte Handels- und Pilgerwege zusammen, die den Zürichsee und das Toggenburg verbanden. Hier wurde vermutlich im 9. Jahrhundert eine Kapelle errichtet und dem heiligen Gallus, Wandermissionar und Begründer des St.Galler Klosters, geweiht.

Der Ortsname ist vergleichsweise spät bezeugt: Capella (1275), Hans Meiger von Kapell (1404), Cappell (1517). Das zugrundeliegende Wort kapella bedeutete auf Althochdeutsch «Kapelle» und wurde aus mittellateinisch cap(p)ella «Kapelle; kleiner Mantel» entlehnt. Zur Verdeutlichung erhielt der Name ab Ende des 16. Jahrhunderts einen Zusatz derselben Herkunft (sānctus «heilig», Gallus «der aus Gallien Kommende»): von St. Gallen Capell, St. Gallenkappellen, ausgeschrieben zů Sant Gallen Cappala (1607). Die Variante St.Gallenkappel erscheint ab 1759.

Erläuterungen

Alemannen: ein deutschsprachiger Stamm der Germanen.

Althochdeutsch: die Vorstufe der heutigen deutschen Sprache.

*: eine unbezeugte, aber erschliessbare Form.

Mittellateinisch: die im Mittelalter gebräuchliche Form des Lateins.

Ressourcen

ortsnamen.ch: www.ortsnamen.ch

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS): hls-dhs-dss.ch

Blöchlinger, Albert: Das Goldloch im Goldingertal, in: Heimatkunde vom Linthgebiet, 8. Jahrgang, Nr. 6, 1935.

Stefan Knobel, Linth24