Drei von fünf regionalen – und auch eine nationale – Suchtstellen geben an, dass sich das Suchtverhalten während der Pandemie zu anderen Jahren ziemlich bis sehr stark unterscheidet. Regine Rust von der Stiftung Suchthilfe St.Gallen sagt: «Vor allem merkt man einen höheren Konsum von Alkohol, Nikotin und digitalen Medien wie Geldspiel, Gaming oder Shoppen.» Gleichgeblieben hingegen sei der Konsum von illegalen Substanzen wie Kokain oder Ecstasy.
Vitus Hug vom Blauen Kreuz St.Gallen bestätigt einen Unterschied in punkto Alkohol: «Nach meiner Einschätzung hat der Alkoholkonsum als Ganzes wohl abgenommen, was mit den fehlenden Ausgangs- und Eventmöglichkeiten zu tun hat. Sicherlich gibt es aber Personen, die zu Hause mehr Alkohol konsumieren.»
Genaue Daten zum Alkoholkonsumverhalten während des Lockdowns gibt es nicht, jedoch aber solche zum Tabakkonsum. Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz erklärt: «Die Daten zeigen, dass Menschen, denen es psychisch schlechter ging – aus sozialen oder wirtschaftlichen Gründen – ein grösseres Risiko hatten, mehr zu rauchen. Mehr Stress heisst häufig auch mehr Konsum.» Unter den täglich Rauchenden gaben gut 15% an, während dem Lockdown den Konsum erhöht zu haben.
Neue Beweggründe durch die Pandemie
Wieso das Suchtverhalten gerade während der Pandemie gestiegen ist, erklärt Monique Portner-Helfer folgendermassen: «Die Pandemie begünstigt Motive wie die Flucht vor Alltagssorgen oder Stress. Das sind Beweggründe, welche die Entwicklung einer Abhängigkeit oder eines problematischen Substanzkonsums fördern.» Zudem schaffe die Gesundheitskrise neue Risikogruppen in Bezug auf die Sucht: Personal im Gesundheitssektor oder im Verkauf und Transportbereich, Angehörige von Erkrankten oder Personen, welche die wirtschaftlichen Folgen tragen müssen, führt Monique Portner-Helfer auf. Besonders gefährdet seien jene, die schon vor der Pandemie Mühe hatten, ihren Substanzkonsum oder ihr Geldspiel zu kontrollieren.