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27.12.2024
27.12.2024 07:00 Uhr

Linth24-Renner Nr. 9: Kein Ende der Spitalkrise

Die Spitäler werden immer mehr selbst zu einem Notfall.
Die Spitäler werden immer mehr selbst zu einem Notfall. Bild: SFT/zvg
Der Kanton St. Gallen hat vier Spitäler. Das sind drei zu viel meinen Skeptiker. Eines der drei ist das Spital Linth. Die Linth24-Berichte zur Spitalkrise werden intensiv gelesen. Von Mario Aldrovandi

Wenn nicht eine massive Verbesserung eintritt, dann wird das Spital Linth in zwei Jahren, per Ende 2026, von der Spitalliste gestrichen. Was bürokratisch klingt, bedeutet: Das Spital Linth wird geschlossen, weil es keine wirtschaftliche Grundlage mehr hat. Wer nicht auf der Spitalliste ist, erhält keine Kassenpatienten und keine staatliche Unterstützung.

Keine Information

Die Horror-Nachricht für das Spital Linth wurde Ende März 2024 bekannt. Ein Minus von 30 Millionen Franken im Jahr 2023 und weitere Fehlbeträge in den kommenden Jahren seien nicht mehr tragbar.
Die schlechte Nachricht gab Gesundheitsdirektor Bruno Damann (Die Mitte) bekannt. Die Leitung des Spitals Linth war vorab nicht informiert. Auch deshalb schlug die Nachricht wie eine Bombe ein. «Partnerschaft sieht anders aus», kommentierte Linth24 damals.

Geschockte Politik

Die regionalen Politiker, Gemeindepräsidenten und Kantonsräte reagierten wochenlang nicht auf diese Schockmeldung. Schliesslich stellten vier Mitte-Kantonsräte aus dem Linthgebiet zaghaft  ein paar Fragen an den Parteikollegen, denen man allerdings anmerkte, dass sie mit dem Thema nicht vertraut waren.  

Später gab es eine Podiumsveranstaltung, die eher der Verabreichung von Baldrian-Tropfen glich. Die anwesenden Politiker stützten sich dabei auf den kantonalen Gesundheitsdirektor, der mit ein paar beruhigenden Worten die Wogen zu glätten verstand.

Das mangelnde Wissen und Engagement der regionalen Politik wird sich in Zukunft rächen. So entsteht keine geschlossene Reaktion, die zum Beispiel andere Regionen auszeichnete.

Übel Eins

Es gab eine Zeit, als es dem Spital Linth gut ging. Das waren die goldenen Jahre unter Spitaldirektor Dr. med. Urs Graf. Sein Nachfolger, ein ehemaliger Journalist, produzierte in seiner kurzen Amtszeit von nicht einmal drei Jahren einige PR-Aktionen aber wenig für das Wohlergehen des Spitals. Ende 2023 machte er sich aus dem Staub und hinterliess ein Rekorddefizit von 30 Millionen Franken.

Übel Zwei

Es zeichnet sich ab, dass das Kantonsspital St.Gallen zur «Mutter aller Spitäler» im Kanton wird und die drei anderen Spitäler in Wil, Grabs und Uznach zu «Regionalspitäler» herabgestuft werden. Sie sollen nicht alles anbieten und damit auf ein attraktives Angebot verzichten. Und die Kleinen werden zur Kasse gebeten. Für Dienstleistungen aus der Zentrale in St.Gallen wie die Informatik oder das Personalmanagement müssen sie viel mehr zahlen, als wenn sie das selbst tun. Die neue Spital Linth Direktorin gab das in einem Interview mit Linth24 verklausuliert zu. 

Übel Drei

In den Jahren um 2010 diskutierten St.Galler Fachleute die Zukunft der Spiäler und kamen zum Schluss, dass ein zentrales Spital in St.Gallen und regionale Notfallzentren genügen. Aber die sozialdemokratische Gesundheitsdirektorin Hedi Hanselmann wollte davon nichts wissen und klemmte jede weitere Diskussion in diese Richtung ab – sie wollte wieder gewählt werden.

Seither wird versucht, eine Zentralisierung hinzubekommen, ohne die Regionen zu vernachlässigen. Faktisch werden die zentralen Leistungen vom Kantonsspital St.Gallen erbracht und teuer verrechnet. Das Angebot der «Regionalspitäler» wird ausgedünnt.

Linth24 bleibt dran

Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass dies auf die Dauer nicht funktioniert: Die St.Galler Spitalkrise wird weitergehen. Und Linth24 wird dazu weiterhin klärende und vielgelesene Berichte schreiben.

Mario Aldrovandi, Linth24