Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Rapperswil-Jona
13.07.2024
16.07.2024 06:25 Uhr

Wer verdient am China-Deal?

Der China-Deal ist derart schräg und am Volk vorbei gezirkelt, dass sich immer mehr fragt, wie das kuriose Geschäft in die Stadt kam.
Der China-Deal ist derart schräg und am Volk vorbei gezirkelt, dass sich immer mehr fragt, wie das kuriose Geschäft in die Stadt kam. Bild: Linth24
Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist der China-Deal noch abseitiger geworden. Es fragt sich noch mehr: Wer drängte auf den Landverkauf, verdiente jemand daran? Kommentar von Bruno Hug

Der China-Deal ist derart durchsetzt vom Willen, ihn heimlich an der Bürgerschaft vorbei durchzudrücken, dass sich nach dem Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichts vom 4. Juli mehr denn je die Frage stellt: Gibt es bei diesem ominösen Geschäft Profiteure im Hintergrund?

«Unhaltbar» und «willkürlich»

Das Gericht aus St. Gallen greift den Stadtrat frontal an. Es zeigt auf, wie er beim China-Deal die Volksmitsprache ausgebremst hat. Und es wirft dem Stadtrat sogar vor, den Landverkauf an die Chinesen auf Basis einer fragwürdigen Landwertschätzung und falscher Kompetenzauslegung «willkürlich» und «nicht haltbar» durchgezogen zu haben.
(Im am Berichtsende angehängten Urteil auf den Seiten 13 und 14 gelb markiert.)

Böser Verdacht

Damit nicht genug. Das Gericht äussert noch den Verdacht, der Stadtrat habe das ihm «untergeordnete Grundbuchamt» beeinflusst, um die erwünschte Landschätzung zu erhalten. (Urteil Seite 14)

Dubiose Schätzung

Mehr als kurios war auch, wie die Schätzung ablief: Sie kam einen Tag vor Vertragsunterzeichnung mit der China-Firma irgendwie dahergeflogen. Geschrieben hat sie das Grundbuchamt aber erst zwei Monate später. Die Schätzung war somit zum Zeitpunkt des Landverkaufs weder als amtliches Papier vorhanden noch war sie rechtsgültig. Darüber hinaus wurde das China-Land nur mit dem halben m2-Preis geschätzt wie das gleiche Land daneben. Alles dubios.

Stadt gegen Linth24 

All dies hat Linth24 schon mehrfach beschrieben. Jedoch: Statt dass die politischen Parteien und die Geschäftsprüfungskommission (GPK) dem mysteriösen Geschäft nachgingen, deckte der Stadtrat Linth24 auf Kosten der Bürger mit Gegendarstellungen und Klagen ein, die sich nach dem Gerichtsurteil gegen den China-Deal alle als haltlos erweisen. 

Parteien aufgewacht – ausser die FDP

Nun aber sind die Parteien aufgewacht: In der Linth-Zeitung teilten SP und GLP mit, sie hätten den Landverkauf «von Beginn weg kritisiert». Die SVP spricht von einer «Sauerei» und «Die Mitte» findet das alles «erschreckend».
Nur FDP-Präsident Meier hält seinem FDP-Stadtpräsidenten die Stange und meint, das Urteil sei mehr «ein Rüffel gegen den Kanton» als gegen den Stadtrat. Man reibt sich die Augen.

Fakultatives Referendum?

Wie es weitergeht, ist recht klar. Die vom Gericht geforderte, neue Schätzung für das China-Land dürfte sich in etwa nach dem Marktwert des Landes richten. Ein von Linth24 kontaktierter, ausgewiesener Grundbuchexperte schreibt dazu:

«Ein seriöser Gutachter wird sich bei seiner Bewertung am Landkaufpreis orientieren. Eine wesentlich tiefere Bewertung käme einem Gefälligkeitsgutachten gleich.
Die Quintessenz sei wohl, so der Experte, dass der Landverkauf dem fakultativen Referendum unterstellt werden müsse.

Geschieht dies, wird der China-Deal wohl fallen.
Und immer noch wäre wichtig zu wissen, wer den Deal in die Stadt gebracht hat und warum sich der das Geschäft führende Stadtpräsident derart dafür einsetzte, es am Volk vorbei durchzuziehen. 

Der Deal ist von A bis Z dubios

Alle Fakten beim China-Deal zeigen, wie der Stadtrat ihn gezielt an der Bürgerschaft (und an den hiesigen Firmen) vorbeizirkelte:

  • Am 22. Juni 2020 debattierte der Stadtrat ein erstes Mal über das Geschäft und protokollierte, da das Land nicht den hiesigen Unternehmen angeboten worden sei, sei die China-Firma SinoSwiss genau zu prüfen.
    Der Stadtrat wusste also, dass er das lokale Gewerbe ausliess, verkaufte das schöne städtische Land aber trotzdem – heimlich – den Chinesen.

  • Sieben Monate später, am 22. Juni 2020, fällte der Stadtrat seinen Verkaufsbeschluss und orientierte sich dabei an einer 10 Jahre alten Landschätzung. Obwohl er zuvor sieben Monate Zeit gehabt hätte, eine aktuelle Schätzung zu bestellen.

  • Zu seiner Verkaufskompetenz legte sich der Stadtrat eine faule Begründung zurecht und schrieb in sein Protokoll, es sei «nicht davon auszugehen», dass das Geschäft referendumspflichtig sei. (Was das Verwaltungsgericht als «unhaltbar» und «willkürlich» einstuft).

  • Der Stadtrat begründete seine Verkaufskompetenz mit dem «amtlichen Steuerwert», was so nicht in der Gemeindeordnung stand. (Und was das St. Galler Gericht ebenfalls rügt.)

  • Die vom Stadtrat vor Vertragsunterzeichnung noch kurzfristig organisierte Landschätzung ist, wie vorgehend beschrieben, rundum dubios und wird vom Gericht ebenfalls in Frage gestellt.

  • Der Stadtrat hielt den Landverkauf an die China-Firma geheim, bis Linth24 dem Fall fast zwei Jahre nach dem Deal auf die Schliche kam. Die Geheimnistuerei war sachlich nicht begründet und widersprach der Gemeindeordnung.

  • Der Stadtrat verkaufte das Land, statt es im Baurecht abzugeben, was für städtisches Land vollkommen unüblich ist.

  • Im Land-Verkaufsvertrag verpflichtete sich die Stadt, «sämtliche Baugesuchs-Unterlagen (der Chinesen) ohne Verzug zu unterzeichnen». Eine absolut gefährliche Zusicherung, die den Stadtrat in partnerschaftliche Nähe der Chinesen rückte.

  • Im letzten Jahr hat der Stadtrat, wie Linth24 recht gesichert weiss, zu Gunsten der China-Firma SinoSwiss noch den  öffentlich publizierten Verkaufsvertrag irgendwie neu definiert. Die Stadt ist nach Öffentlichkeitsgesetz gefordert, dazu die Akten offenzulegen. Gab es tatsächlich eine Neuauslegung des Vertrags, könnte diese (wieder geheime) Aktion, wenn die China-Firma dereinst klagt, die Stadt noch teuer zu stehen kommen. 

 

Bruno Hug