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Rapperswil-Jona
10.07.2024
11.07.2024 13:07 Uhr

China-Deal: Riesen-Debakel für die Stadt

Nach dem Gerichtsurteil: Die Möglichkeit ist sehr hoch, dass dem Stadtrat für den China-Deal die Kompetenz fehlte.
Nach dem Gerichtsurteil: Die Möglichkeit ist sehr hoch, dass dem Stadtrat für den China-Deal die Kompetenz fehlte. Bild: Linth24
Das Verwaltungsgericht St. Gallen hat die Beschwerde beim China-Deal gutgeheissen und pfeift die Stadt und den Kanton zurück. Auf den «willkürlich» agierenden Stadtrat wartet ein riesiges Debakel. Von Bruno Hug

Der vom Stadtrat von Rapperswil-Jona ermöglichte Landverkauf an die chinesische Firma SinoSwiss, genannt «China-Deal», steht mit dem neusten Urteil des St. Galler Verwaltungsgerichts vom 4. Juli 2024 mehr als schief im Wind und könnte noch abstürzen.

Stadträtliche «Willkür»

Das Gericht stellt in den Raum, dass der von Stadtpräsident Martin Stöckling durchgezogene und vom Stadtrat abgenickte Landverkauf ohne fakultatives Referendum eher nicht hätte abgewickelt werden dürfen. Um das zu klären, verlangt das Gericht nun eine neue Schätzung für das Stadtland im Joner Schachen.
Und ganz beschämend: Das Gericht wirft dem Stadtrat beim Beschluss zum China-Deal sogar «Willkür» vor – was Linth24 schon immer vertreten hat.

Des Stadtrats «Nichts» 

Am 2. November 2023 sagte Stadtpräsident Martin Stöckling der Linth-Zeitung noch, auch wenn das Verwaltungsgericht gegen den Stadtrat entscheide, bedeute das für ihn «Nichts». Raetzo’s Beschwerde könne den Landverkauf «nicht verhindern».
Doch die Realität sieht nun ganz anders aus:
Mit dem Gerichtsentscheid wird es sogar möglich, dass der China-Deal doch noch dem Referendum unterstellt werden muss. Und weil das Land zwar an die China-Firma verkauft, aber noch nicht an sie überschrieben ist, würde das wohl das Aus des China-Deals bedeuten. 

Weit ab der Realität

Kurzer Blick zurück: Der Stadtrat verkaufte im Joner Schachen ohne öffentliche Information für 2.4 Mio. Franken 2'000 m2 schönstes städtisches Bauland an die chinesische Firma SinoSwiss. Als der Deal durch Linth24 aufflog, wurde rundum kritisiert, dem Stadtrat habe zum Verkauf die Kompetenz gefehlt. Ab 2 Mio. Franken müsse ein Landverkauf gemäss Gemeindegesetz dem Referendum unterstellt werden.
Der Stadtrat aber hielt mit fragwürdigen Argumenten und ebenso fragwürdigen Landwertschätzungen dagegen.

Urteil gegen den Stadtrat

Das war dem Rapperswil-Joner Ex-SP-Präsident Hanspeter Raetzo zu viel. Er reichte beim Kanton gegen den Landverkauf eine Anzeige ein. Der Kanton stützte den Stadtrat in einem schwach begründeten Brief. Doch Raetzo zog den Fall weiter an das St. Galler Verwaltungsgericht.

Nun hat dieses vor einer Woche sein Urteil publiziert. Das Gericht bezweifelt darin die Zuständigkeit des Stadtrats zum Landhandel deutlich. Zudem darf die Stadt für den geplanten SinoSwiss-Bau im Joner Schachen vorderhand keine Baubewilligung erteilen.

Es braucht eine Neuschätzung

Zugleich befiehlt das Gericht dem Kanton, für das der SinoSwiss versprochene Land eine neue Schätzung in Auftrag zu geben. Zudem definiert es auch, welcher Landwert für die Stadtrats-Kompetenz bei einem Landverkauf relevant ist.
Und siehe da: Es ist nicht der vom Stadtrat nach dem Auffliegen des Falles genannte, viel zu tiefe Schätzwert, sondern der reale Marktwert.
Das könnte zur Folge haben, dass der Stadtrat beim China-Deal seine Kompetenz überschritten hat. 

Welcher Landwert für den Landverkauf anzuwenden ist

Das St. Galler Gericht pfeift die Stadt und den Kanton nicht nur zurück, sondern sagt auch, welcher Landwert für die Ratskompetenz gilt.
Gemäss den St. Galler Richter ist es der den «wirtschaftlichen Verhältnissen» angepasste Wert – also wohl eher der Landverkaufspreis von 2.4 Millionen Franken als der vom Stadtrat vorgebrachte Wert von 1.3 Millionen.

«Nicht haltbar»

Das Gericht schreibt weiter, mit dieser «objektiven Grösse» werde bemessen, ob ein Grundstückhandel der «Mitsprache der Bürgerschaft unterliegt». Die Annahme des Stadtrates, die aus dem damaligen Ratsprotokoll hervorgeht, «es sei nicht davon auszugehen», dass der Verkehrswert des Grundstücks 2 Mio. Franken übersteige, beurteilt das Gericht «als nicht haltbar».

Referendum unterlaufen

Weiter zieht das Gericht sogar noch in Betracht, dass die damalige, vom Stadtrat am 20. April 2021 vorgelegte Landschätzung eher dem Ziel diente, den Landhandel nicht dem Referendum unterstellen zu müssen, als der Frage, was Sache ist. Und noch schlimmer: Der Stadtratsbeschluss vom Februar 2021 sei sogar «willkürlich» gewesen.

Und das entspricht exakt den von Linth24 immer wieder gemachten Ausführungen, zu denen der Stadtrat Linth24 dann noch kühn Gegendarstellungen aufnötigte – und damit die redaktionelle Leistung von Linth24 sogar noch im «Stadtjournal» schlechtmachte. Wie man jetzt weiss, unbegründet.

Bruno Hug