Der Trend des ersten Wahlgangs ums Stadtpräsidium hat sich im zweiten noch verdeutlicht: Barbara Dillier (parteilos) ist mit 5618 Stimmen zur Stadtpräsidentin von Rapperswil-Jona gewählt. Im ersten Wahlgang distanzierte sie Martin Stöckling mit 1567 Stimmen. Jetzt, im zweiten, steigerte sie ihren Vorsprung gegenüber Stöckling sogar noch auf 2095 Stimmen.
Stadtpräsident Martin Stöckling verliert sein Amt. Auf ihn fielen nur noch 3523 Stimmen.
Die Stimmbeteiligung lag mit 10'356gültigen Stimmzetteln bei 52.5 %.
Charakterstarke Dillier
Barbara Dillier hat die Wählerinnen und Wähler offensichtlich überzeugt. Sie hat auf sich allein gestellt und aus einer Aussenseiterposition heraus einen beeindruckenden Wahlkampf hingelegt. Und sie ging trotz den Anfeindungen von Martin Stöckling und seinen Helfern unbeirrt ihren Weg. Damit hat sie Charakterstärke und Abgeklärtheit bewiesen.
Die Marathon-Frau
Der Sieg wurde Barbara Dillier, die in Rapperswil-Jona Anfang Jahr noch kaum jemand kannte, nicht geschenkt. Die halbstündige Fahrt von Fischenthal in die Stadt nahm sie, um hier präsent zu sein, im Dutzend unter die Räder. Sie verteilte bei Wind und Wetter Blumen, sprach mit Menschen, arbeitete (ohne Partei im Rücken) permanent an ihrer Werbekampagne, besuchte zusammen mit Stadtrats-Kandidat Joe Kunz alle Stadtquartiere, sprach mit Medien und führte zeitgleich noch die Gemeinde Fischenthal sowie als Co-Präsidentin die Primarschule Bauma. Und neben all dem ist sie auch Familienfrau und dreifache Mutter.
Diese «Marathon-Frau», wie Linth24-Chefredaktor Thomas Renggli sie in einem Porträt beschrieb, scheint Energie ohne Ende zu haben.
Stöcklings Absturz
Martin Stöckling umgekehrt hat nach acht unglücklichen Amtsjahren auch noch seinen Wahlkampf verpatzt. Er startete im zweiten Wahlgang zwar noch eine Werbeoffensive für sich, aber auch gegen seine Konkurrentin. In Flyern und Inseraten versuchten er und seine Helfer Barbara Dillier niederzumachen. Viele störten sich daran und fanden, Stöckling habe sich damit selbst demaskiert. Es lasse tief blicken, wenn der amtierende Stadtpräsident statt mit eigener Leistung zu brillieren auf seine Mitbewerberin einhaue.
Kluge Rapperswil-Joner
Es zeigte sich schon im ersten Wahlgang, dass die Bürger der Stadt genug haben von der bisherigen Politik und einen Neuanfang wünschen. Nun kam noch diese unsägliche gelb-schwarze Anti-Dillier-Kampagne dazu, in der der Stadtpräsident zeigte, mit welchen Mitteln er bereit ist, seine Gegner auszumanövrieren. Man kann den Rapperswil-Jonern nur gratulieren, dass sie dieser Art Politik eine Absage erteilt haben.
Parteien-Absturz
Auch im Verlaufe dieser Präsidiumswahlen zeigte sich einmal mehr, wie die politischen Ortsparteien orientierungslos am Volk vorbei politisieren.
Die FDP, von der bekannt ist, dass viele Mitglieder Stöcklings Kandidatur nicht mittrugen, portierte ihn trotzdem «einstimmig». Nun steht die Partei als grosse Verliererin ohne Stadtratssitz da. Durchwursteln und Filz haben eben ihre Grenzen.
Nicht viel besser machte es die Mitte unter ihrem kürzlich «stadtpreisgekrönten» Präsidenten Ivo Reichenbach. Er wurde in letzter Zeit immer mehr zum Stadthalter der amtierenden Regierung (Badi Lido, Parlament, Tunnel) und hielt Stöckling dienerisch die Stange – bis zur bitteren Neige.
Fragwürdig auch die GLP, die mit Stadtrat Boris Meier ins Rennen ums Stadtpräsidium stieg und damit ihre Unzufriedenheit mit Stöcklings Amtsführung zeigte.
Als Meier dann nach dem ersten Wahlgang ausstieg, hatte die Partei nicht mehr den Mut, den «frischen Wind», den sie noch für Meier gefordert hatte, weiter zu bejahen und Barbara Dillier zu unterstützen. Sie gab nur noch trotzig die Empfehlung heraus, leere Stimmzettel einzulegen – als ob das etwas bringen würde.
Genauso bedenklich agierten Grüne und SP, die sich im ersten Wahlgang klar von Stöckling abgewendet hatten. Im zweiten Wahlgang proklamierten sie trotzdem nur Stimmfreigabe. Sie entsagten damit der einzigen Frau im künftigen Stadtrat ihren Support. Und das, obwohl beide Parteien die Frauenförderung auf ihrer (Wind)Fahne tragen.
Gradlinig war einzig die SVP, die Barbara Dillier vom Start weg auf den Schild hob.
Ganz schlimm war noch die Phase nach dem ersten Wahlgang, als gewisse Parteirepräsentanten noch davon träumten, auf billige Weise gemeinsame Sache zu machen und damit die «auswärtige» und «parteilose» Barbara Dillier zu verhindern.
Machen die Parteien weiter so, dürfen sie nicht erstaunt sein, wenn sie bald einmal noch ganz in der Bedeutungslosigkeit versinken.
Schulrats-Wahl
Übrigens: Mit dem zweiten Wahlgang ist noch der sechste Sitz für den Schulrat vergeben worden. Diesen eroberte Michael Lehner Benedikt (Mitte) mit 4'846 Stimmen. Die Wahl nicht geschafft hat Joel Günthardt-Gresch (SVP), auf den 3'507 Stimmen fielen.
Weitere Berichte, Interviews und Videos zu den Wahlen folgen auf Linth24 im Verlaufe des heutigen Nachmittags.