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10.09.2024
10.09.2024 14:38 Uhr

Rekurs gegen KEZO-Abstimmung

Nach Meinung des Rekursstellers fehlen den Stimmberechtigten wichtige Informationen, weshalb am 24. November 2024 keine Abstimmung erfolgen soll. (Archivbild)
Nach Meinung des Rekursstellers fehlen den Stimmberechtigten wichtige Informationen, weshalb am 24. November 2024 keine Abstimmung erfolgen soll. (Archivbild) Bild: © Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland
Ein Stimmberechtigter aus Gossau ZH legte Rekurs gegen die Urnenabstimmung vom 24. November 2024 über den KEZO-Planungskredit ein. Die vorliegenden Informationen seien ungenügend.

Der Zweckverband Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) plant auf seinem Areal in Hinwil einen Ersatzneubau der über 50-jährigen Kehrichtverwertungsanlage (KVA). Damit soll eine zeitgemässe, wirtschaftliche und umweltverträgliche Abfallverwertung langfristig sichergestellt werden. Vergangene Woche gab der Gemeinderat Hinwil bekannt, dass am 24. November 2024 in sämtlichen Zweckverbandsgemeinden – darunter Rapperswil-Jona – über den Planungskredit von 24.5 Mio. Franken abgestimmt werden soll (wir berichteten).

Damit ist ein Gossauer Stimmberechtigter nicht einverstanden und hat beim Bezirksrat in Hinwil Rekurs eingelegt. Sein Hauptargument: In den Unterlagen, die den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern für die Abstimmung zur Verfügung gestellt werden, würden wichtige Informationen fehlen.

Gemeinden haften vollumfänglich

Beim KEZO-Ersatzneubau handelt es sich um eine bedeutende Vorlage. Auf der Grundlage der Planungen wird ein Investitionsvolumen von geschätzt 350 Mio. Franken ausgelöst. Gemäss dem Beleuchtenden Bericht soll Eigenkapital eingesetzt werden und der restliche Finanzierungsbedarf auf dem Kapitalmarkt beschafft werden.

Die Tragweite einer solchen Investition mit überwiegend Fremdfinanzierung zeige sich aktuell am Beispiel der GZO AG, welche derzeit in Nachlassstundung ist und wo ein Konkurs nicht ausgeschlossen werden könne. Anders als die GZO AG, welche eine Anleihe von 170 Mio. Franken auf dem Kapitalmarkt aufnahm, ist die KEZO ein Zweckverband des kantonalen öffentlichen Rechts. Bei der GZO AG haften die Aktionärsgemeinden nur mit dem Aktienkapital für die Schulden der GZO AG. «Im Fall der KEZO haften die Gemeinden aber vollumfänglich und die Fremdfinanzierung wird mutmasslich weit höher sein als bei der GZO AG», ist im Rekurs zu lesen, der Zürioberland24 vorliegt.

Die Vorlage sei insofern bedeutsam, als es die Weichen für die kommenden Jahrzehnte des Betriebs der KEZO stelle. «Die Annahmen und Entscheide, welcher der Planung zugrunde liegen, werden sich z. B. in den Betriebskosten der nächsten Jahrzehnte niederschlagen», so der Rekurssteller.

«Entscheidende Informationen fehlen»

Die Komplexität und die wirtschaftliche sowie politische Bedeutung des Vorhabens verlange eine besonders differenzierte, umfassende und objektive Orientierung des Stimmbürgers, ist der Rekurssteller überzeugt. Der Beleuchtende Bericht erfülle diese Anforderungen in keiner Weise. «Anhand des Berichts kann sich der Stimmbürger keine Meinung über die zahlreichen Fragen bilden, die sich bei dieser Vorlage bei genauem Hinschauen stellen».

Nach Meinung des Rekursstellers fehlen u.a. Informationen zur strategischen Planung, zu Kooperationen und zu «make-or-buy», also ob eine Anlage selbst gebaut oder eine fertige Anlage eingekauft wird. Es sei zudem nichts darüber bekannt, was in dieser Phase der strategischen Planung abgeklärt wurde. Insbesondere sei nicht bekannt, ob es verschiedene Varianten für den KEZO-Ersatzneubau gebe und ob derartige Varianten abgeklärt worden seien.

«Es leuchtet nicht ein, weshalb zwei Anlagen im selben Kanton zur selben Zeit von Grund auf und jede selbstständig geplant wird. Von einer Koordination oder Kooperation ist im Beleuchtenden Bericht nirgends die Rede.»
Rekurssteller

Warum keine Anlage «ab Stange»?

Irritierend sei auch, dass die Stadt Winterthur ein in Volumen und Kosten vergleichbares Projekt zur Abstimmung bringe. «Es leuchtet nicht ein, weshalb zwei Anlagen im selben Kanton zur selben Zeit von Grund auf und jede selbstständig geplant werden. Von einer Koordination, Kooperation oder auch nur dem Versuch einer Zusammenarbeit ist im beleuchtenden Bericht nirgends die Rede», schreibt der Rekurssteller. «Ein gemeinsames Vorgehen könnte möglicherweise sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung zu erheblichen Kosteneinsparungen führen».

Auf dem Markt würden vollständige Anlagen angeboten, inbesondere von einem finnischen Hersteller. Natürlich müssten diese an die Schweizer Gesetzgebungen angepasst werden, dennoch seien Kosteneinsparungen gegenüber einer Eigenentwicklung zu erwarten. Es gebe im Beleuchtenden Bericht keinerlei Informationen über die make-or-buy-Entscheidung. «Eine derartige Überlegung wäre aber zentral für eine Investition. Es macht den Anschein, dass die KEZO nur den Ansatz der eigenen Entwicklung verfolgt hat. Die Gründe hierfür ergeben sich aus dem Beleuchtenden Bericht nicht.»

«Das Risiko von Kostenüberschreitungen und deren Auswirkungen auf das Eigenkapital sind überhaupt nicht abzuschätzen.»
Rekurssteller

Fehlende Kostentransparenz

Weiter bemängelt der Rekurssteller, dass die Auswirkung des Gesamtprojekts nur pauschal umschrieben würden. Es werde gesagt, dass die Finanzierung die Rahmenbedingungen eines Eigenkapitalanteils von 40 % (+/- 10 %) nach erfolgtem Neubau der Anlage erfülle. Die Höhe des verbleibenden Eigenkapitals werde jedoch nicht genannt. «Das Risiko von Kostenüberschreitungen und deren Auswirkungen auf das Eigenkapital sind somit überhaupt nicht abzuschätzen». Für die Beurteilung des finanziellen Risikos müsse u.a. nachvollziehbar sein, was eine Kostenüberschreitung von 10 % für Folgen auf das Eigenkapital hätte. «Ob die Eigenkapitalausstattung der KEZO genügt, lässt sich also nicht beurteilen».

Auch zu den künftigen laufenden Kosten seien überhaupt keine Angaben verfügbar, z. B. wie sich die Betriebskosten entwickeln werden. «Die Aussage, dass die Abfallgebühren möglichst beibehalten werden, ist nicht belegt und damit nicht nachvollziehbar», steht im Rekurs.

«Die finanziellen Auswirkungen werden den Stimmbürger in Form von Abfallgebühren und über die Haftung der Gemeinden treffen.»
Rekurssteller

Ergebnisse gefordert

Nachdem bereits über 3.9 Mio. Franken für Planungen aufgewendet worden seien, müssten Ergebnisse vorliegen. «Diese Ergebnisse müssen in einem Business-Plan mit Planzahlen für den geplanten Neubau einfliessen», so der Rekurssteller weiter. «Diese Unterlagen müssen insbesondere Auskunft geben über die Planzahlen für 5 Jahre nach Inbetriebnahme, über die Entwicklung des Eigenkapitals und der Betriebskosten, über die Finanzierung mit Angabe von geschätzter Verzinsung und Amortisation sowie ein Nachweis, dass der Cashflow genügt für die Rückzahlung der Schulden und den Aufbau einer Reserve für den Ersatz des Neubaus. Unklar sei auch, ob im Planungskredit von 24.5 Mio. Franken «nur» die Auslagen bis Baubeginn oder bis Bauende enthalten sind. So sei offen, ob noch Kosten für die Bauherrenvertretung anfallen. «Die finanziellen Auswirkungen werden den Stimmbürger in Form von Abfallgebühren und über die Haftung der Gemeinden treffen», ist der Rekurssteller überzeugt.

«Die KEZO muss die Interessen der Gemeinden und Stimmbürger des Zweckverbands wahren.»
Rekurssteller

Trockenaustrag das richtige Verfahren?

Kritische Fragen stellt der Verfasser auch in Bezug auf das geplante Verfahren. «Der Beleuchtende Bericht äussert sich nicht dazu, ob das Verfahren des Trockenaustrags oder jenes des Nassaustrags verwenden werden soll». Es brauche einen Variantenvergleich.

Darüber hinaus fehlen dem Rekurssteller auch «objektive Informationen bezüglich Verflechtung mit der ZAV Recycling AG und der Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung (ZAR)». Die technische Entwicklung des Verfahrens des Trockenaustrags erfolge durch die ZAR. Eine der Stifterinnen der ZAR ist die KEZO. Die KEZO trete also auch als Donatorin auf und habe die Entwicklung des Verfahrens des Trockenaustrags also finanziert. Damit sei die ZAR nicht unabhängig. Die KEZO könne die beiden in Frage stehenden Verfahren also nicht objektiv und unabhängig prüfen und einander gegenüberstellen. «Von einer effektiv unabhängigen externen Begutachtung sagt der Beleuchtende Bericht nichts». Der Beleuchtende Bericht sage auch nichts über die Rolle und Bedeutung der ZAV Recycling AG aus. «Die KEZO muss die Interessen der Gemeinden und Stimmbürger des Zweckverbands wahren».

Barbara Tudor, Zürioberland24 / Linth24