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Kolumne
13.07.2024
13.07.2024 07:50 Uhr

Umschichtungen am Aktienmarkt

Umschichtungen von Hightech- in Standardwerte und ein «Erleichterungsrally» nach den französischen Wahlen prägten laut Christopher Chandiramani die Börsenwoche.
Umschichtungen von Hightech- in Standardwerte und ein «Erleichterungsrally» nach den französischen Wahlen prägten laut Christopher Chandiramani die Börsenwoche. Bild: Linth24
Der Schweizer Aktienindex stieg überraschend um 3 Prozent auf 12'365 Punkte. Investoren stiegen von Technologie- auf Standardwerte um. Es gab ein Frankreich-«Erleichterungsrally».

Rechtsrutsch verhindert heisst Erleichterung: Beim 2. Wahlgang in Frankreich siegte überraschend das Linksbündnis Nouveau Front Populaire, vor dem Ensemble rund um den Präsidenten Emmanuel Macron. Das Rechtsbündnis um das Rassemblement national fiel auf dem dritten Platz und verfehlte die angestrebte absolute Mehrheit von 289 Sitzen, obwohl es auch im zweiten Wahlgang mit über 27 Prozent die meisten Stimmen erhielt. Da keine Partei die absolute Mehrheit besitzt, ist Frankreich vorerst unregierbar. Die unterschiedlichen Gruppen müssen sich über eine Koalition einigen.

In Grossbritannien hat die Labour-Partei hat die Parlamentswahlen klar für sich entschieden – und hat bereits die nächste britische Regierung gestellt. Rishi Sunak von den Konservativen hat seine Niederlage eingestanden und tritt zurück. Der neue Ministerpräsident Keir Starmer übernahm bereits das Ruder. Doch sind die Aufgaben enorm, die auf die neue Regierung zukommen. Nach 14 Jahren konservativer Regierung ist die Wunschliste der Veränderungen sehr lang.

In den USA wird die Zeit knapp für die Demokraten. Grund sind die gesundheitlichen Probleme des Präsidenten Joe Biden. Seine Kandidatur und die Wiederwahl sind gefährdet. Die kommenden Wochen bleiben entscheidend.

Die Arbeitslosenquote in der Schweiz lag nach den ersten sechs Monaten bis Juni 2024 bei 2.3 Prozent und damit auf dem gleichen Niveau wie im Vormonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat lag die Quote um 0.4 Prozent höher.

Die Verhandlungen über eine Anpassung der Mindestlöhne im Gastgewerbe für das Jahr 2025 sind gescheitert. Trotz des wirtschaftlich starken Jahres 2023 und sehr positiven Aussichten für das Jahr 2024 sind die Arbeitgeber nicht bereit, die Mindestlöhne anzuheben.

Unternehmensnachrichten

Der Spezialitätenchemiekonzern Ems Chemie hat im 1. Halbjahr trotz eines Umsatzrückgangs um 8.1 Prozent auf CHF 1'087 Mio. einen Gewinnzuwachs erzielt. Wegen des starken Frankens senkt die Gesellschaft ihr Umsatzziel für das laufende Jahr leicht. Geopolitische Konflikte und Inflation belasten das Geschäft ebenfalls, jedoch erzielte eine globale Verkaufsoffensive ausgezeichnete Resultate und steigerte das Betriebsergebnis (Ebit) um 4 Prozent auf CHF 291 Mio.

Die Hypothekarbank Lenzburg hat für das 1. Halbjahr einen Geschäftserfolg von CHF 10.4 Mio. gemeldet (-13 Prozent). Nach Steuern resultierte ein um 11.4 Prozent geringerer Gewinn von CHF 9.1 Mio. Der Ertrag ist in den meisten Gebieten gestiegen. Im Aufwand hätten sich aber Investitionen bemerkbar gemacht. Das Jahresergebnis wird unter 2023 erwartet.

Bis zum Sommer hat der Private-Equity-Konzern Partners Group neue Gelder akquiriert und die verwalteten Vermögen gesteigert, trotz ungünstiger Währungseffekte. Die Kapitalzusagen stiegen im ersten Halbjahr auf USD 11 Mrd. nach 8 Mrd. in der Vorjahresperiode. Für das Gesamtjahr werden Kapitalzusagen von USD 20 bis 25 Mrd. erwartet.

Das Unternehmen Calida trennt sich von Lafuma Mobilier und konzentriert sich in Zukunft ausschliesslich auf Wäsche und Lingerie. Peugeot Frères hat ein Angebot für das Gartenmöbelgeschäft abgegeben. Die Transaktion soll im dritten Quartal abgeschlossen werden. Nach dem Verkauf rechnet Calida für die weitergeführten Geschäftsbereiche für das erste Halbjahr mit einem Umsatz von CHF 111 Mio.

Wenige Tage nach der Ankündigung hat der Raumklimaspezialist Zehnder den spanischen Mitbewerber Siber für EUR 86 Mio. übernommen. Die Übernahme verstärkt Zehnders Präsenz auf der iberischen Halbinsel, wobei Siber auf Lüftungssysteme für neugebaute Mehrfamilienhäuser spezialisiert ist.

Der Baukonzern Implenia hat einen Auftrag im Wert von über CHF 100 Mio. in Schweden erhalten. Im Rahmen des Projekts «West Link» wird er einen neuen unterirdischen Bahnhof in Göteborg bauen. Das Projekt startet im Herbst und soll bis 2029 abgeschlossen sein.

Das Büro- und Immobilienunternehmen Swiss Prime Site meldet, dass Manor ins Jelmoli-Haus in Zürich einzieht. Mit der Warenhausgruppe ist ein langjähriger Mietvertrag über rund 13'000 m² Retailfläche auf drei Etagen unterzeichnet worden.

Der Zusammenbruch des US-Hedge-Fund Archegos hatte allein Credit Suisse einen Verlust von USD 5.5 Mrd. verursacht.

Aussichten

Die US-Wirtschaftsdynamik und Inflation ebben überraschend deutlich ab und der «Weg für eine Zinswende im September» ist bereit, er nährt die Hoffnung der Finanzmärkte auf tiefere Leitzinsen ab September. Das gilt auch für Europa und die Schweiz. Die meisten Ökonomen erwarten auch hier nochmalige Zinssenkungen noch in diesem Jahr. Das wäre der Sauerstoff für weitere Avancen bei den Aktien. Auch der Rückgang der Richtsätze für Hypothekardarlehen setzt sich fort. Börsenkotierte Schweizer Firmen, die im zweiten Halbjahr Dividende zahlen, sind Ems Chemie, Dorma Kaba, Richemont und Logitech. Sehr wichtig für die Märkte sind die Präsidentschaftswahlen in den USA und ob die Amtszeit von Joe Biden endet. Zurzeit hätte der Republikaner Donald Trump einen Vorsprung. Das könnte nur ein Wechsel bei der Kandidatur durch die Demokraten ändern.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24