Vorneweg: Warum kann die Stadt nur mit Beigeschmack kommunizieren?
Der «Botschafter»
Letzte Woche im Kreuz Jona: Auf die Bühne tritt ein Unbekannter. Auf der Leinwand stand: «Philipp Gemperle. Die Botschafter.»
Danach durfte der muntere Mann im Auftrag der Stadt die Stadträte Stöckling, Eberle und Leutenegger durch die 75-Millionen-Badi moderieren. Und ihnen freundliche Fragen stellen.
«Experte» in Doppelfunktion
Dann rief «Botschafter» Gemperle noch einen weiteren Mann auf die Bühne. Zu ihm sagte er, das sei Rainer Gilg, «Sportanlagen- und Bäderexperte».
Was Gemperle und die Stadträte aber nicht sagten: Gilg verfasste für Rapperswil-Jona auch den Mitte 2022 vom Stadtrat abgesegneten «Sportstättenplan 2045».
Ob Gilg nun auch noch «Bäderexperte» ist, fragte ich mich. Was ich später herausfand, erstaunte mehrfach, ich komme darauf zurück.
Vorgaben nicht eingehalten
Zur zu kleinen Liegewiese im geplanten Freibad Lido (4'400 m2 für 1'200 Badende) sagte Rainer Gilg am Infoabend, neben den Stadträten stehend: Es gebe im Lido zwar «wenig Platz», aber man könne in Städten «nicht mehr grosszügige Bäder bauen».
Und zu den Bädergrundlagen des Bundesamtes für Sport sagte er, es gebe «so Richtwerte für Liegeflächen», das seien aber «nur Empfehlungen», und die seien beim Lido eingehalten.
Das aber war und ist falsch. Die Bundesvorgaben werden beim neuen Lido nicht eingehalten. Das belegt Linth24 morgen und übermorgen in Lido 5 und 6.
«Gilg kennt man nicht»
Linth24 wollte also wissen, wer da in Rapperswil-Jona auf einmal als «Bäderexperte» auftaucht? Wir fragten den Geschäftsführer einer der grossen Schweizer Bäderfirmen. Er sagte: «Gilg kennt man in der Bäderszene nicht.»
Das entspricht der Webseite von «Bäderexperte» Gilg. Im Team seiner Firma BPM Sports, Bern, gibt es keine Angestellten, sondern nur ein Netzwerk von Selbständigen: Kommunikationsberater, ein Editor, eine Gestalterin und eine Frau für Coaching sowie eine Sekretariatsdienstleiterin. Letztere zwei Damen bekleiden in Rainer Gilgs Firma die undefinierbare Aufgabe der «Projektunterstützung». Was immer das heisst.
Gilgs Stadionabbruch
Und Rainer Gilg selber scheint eher in der Organisation von Sporthallen und nur am Rande für Bäder tätig zu sein. Und manchmal fehlt ihm offensichtlich auch das nötige Glück – oder Geschick. (Siehe Kasten am Berichtsende).
«Bäderexperte» Gilg ist in Rapperswil-Jona aber nicht nur für die Beratung der Badi Lido zuständig, nein, er erschuf, wie gesagt, für die Stadt auch den «Sportstättenplan Zielbild 2045».
Darin setzte er gehorsam die folgenschwere Falschmeldung des Stadtrates in die Welt, «die Betriebszeit des Eisstadions Lido werde durch Experten mit maximal 15 Jahren angegeben». Deshalb müsse das Stadion abgerissen und 200 Meter entfernt – samt der jetzt in Planung stehenden Trainingshalle – neu gebaut werden. Was aber nie passieren wird, weshalb im Lido auf Basis dieses Grundfehlers künftig lauter schlechte und unglückliche Projekte entstehen werden.
Chaos weiter bearbeiten
Trotz dieser für die Stadt tristen Konsequenz kann nun der «Bäderexperte» zusätzlich zum Sportstättenplan auch noch das Hallen- und Freibad auf der zu kleinen Lido-Wiese als, eben, eines dieser unbefriedigenden Projekte, mit realisieren. Und auf Honorarbasis das Planungschaos im Lido weiterbearbeiten. Allein nur deshalb, damit der Stadtrat sein Gesicht nicht verliert.