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Kanton
20.09.2023
20.09.2023 18:19 Uhr

Dichte Septembersession zu Ende

Am letzten Sessionstag standen der Richtplan, öV und Strassenbau im Vordergrund. Thema war auch das Gesamtverkehrskonzept für Rapperswil-Jona.
Am letzten Sessionstag standen der Richtplan, öV und Strassenbau im Vordergrund. Thema war auch das Gesamtverkehrskonzept für Rapperswil-Jona. Bild: Christopher Chandiramani
Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Linth24-Mitarbeiter, berichtete aus der Herbstsession 2023 des St.Galler Kantonsrats vom 18. bis 20. September – zum letzten Mal.

Letzter Sessionsbericht von Christopher Chandiramani

In den letzten Jahren hat Kantonsrat Christopher Chandiramani (SVP, Rapperswil-Jona) für Linth24 aus erster Hand von den Sessionen berichtet. Nun hat er auf Ende September 2023 seinen Rücktritt aus dem Kantonsrat erklärt – infolge Erreichung des AHV-Alters.

Chandiramani bleibt freier Mitarbeiter bei Linth24 und beleuchtet weiterhin in seiner wöchentlichen Kolumne das Börsengeschehen.

3. Sitzungstag: Mittwoch, 20. September 2023

Kantonsratspräsidentin Andrea Schöb eröffnete den 3. Sitzungstag wie gewohnt um 08:30 Uhr. Diese Session wurde am Mittwochabend beendet. Der kantonale Richtplan, das 7. öV-Programm und das 18. Strassenbauprogramm sowie Aufräumen bei einigen parlamentarischen Vorstössen standen in Vordergrund.

Beim kantonalen Richtplan handelt es sich um die räumliche Entwicklung des Kantons St.Gallens und die zur Verwirklichung der räumlichen Ordnung erforderlichen Aktivitäten. Der Kantonsrat nimmt Kenntnis von dieser Berichterstattung.

Das siebte kantonale öV-Programm für die Jahre 2024 bis 2028 besteht aus den Bauprogrammen, Unterhalt und Weiterentwicklung der Infrastruktur des Kantons St.Gallen, wobei der Fokus auf Angebotsverbesserungen liegt. Der Auftrag zum öV-Programm wurde mit 195 Stimmen einstimmig angenommen.

Beim Strassenbauprogramm geht es um die Mobilität, die Gesamtverkehrsstrategie und die Strasseninfrastruktur des Kantons. Das Hauptgewicht liegt auf kantonalem Bau und Unterhalt von Grossprojekten und der Verkehrssicherheit, auch des Fuss- und Veloverkehrs sowie des öV.

Der von grüner Seite erfolgte Rückweisungsantrag wurde abgelehnt; ebenso ein Auftrag, dem Kantonsrat anstelle eines Strassenbauprogramms unter Berücksichtigung eines Kostendachs von 450 Mio. Franken ein Plafonierungsprogramm zu unterbreiten.

Ein Antrag, der die Streichung des Projekts Unterführung Ochsensand in Grabs aus dem 18. Strassenbauprogramm fordert, wurde abgelehnt. Der Kantonsrat folgt dem Antrag der vorberatenden Kommission. Ein weiterer Antrag, der die Entfernung des Projekts Zubringer Güterbahnhof Region in St.Gallen aus dem 18. Strassenbauprogramm forderte, wurde abgelehnt. Der Kantonsrat folgte ebenfalls dem Antrag der vorberatenden Kommission.

Bezüglich des Verkehrskonzepts in Rapperswil-Jona gab es kritische Stimmen, indem die Grundsatzentscheidung für den Tunnel zwar vom Volk angenommen wurde, aber dass der Kanton bremst. Das Problem werde aber gemäss Aussagen der Bauchefin Susanne Hartmann zügig mit hoher Dringlichkeit angegangen. Der überparteiliche Antrag (ohne Rotgrüne) zur Beschleunigung des Konzepts Mobilitätszukunft Rapperswil-Jona wurde angenommen.

Der Kantonsrat beriet ebenfalls einen Antrag, der vorsah, die Strassenraumgestaltungen an den Kantonsstrassen so zu bauen, dass sie für den Individualverkehr keine Einschränkung zur Folge haben (Busbuchten bei Haltestellen, kein generelles Tempo 30). Den Aufträgen der Regierung wurde mit 104 Stimmen zugestimmt. Der Kantonsrat hiess die Aufträge der vorberatenden Kommission an die Regierung grösstenteils gut. Er beriet noch einen Auftrag, in der nächsten Runde zum Strassenverkehrsrecht Erkenntnisse und Handlungsbedarf zu autonom fahrenden Fahrzeugen vorzulegen. Dem Strassenbauprogram stimmt der Kantonsrat gesamthaft mit 74 zu 33 bei 8 Enthaltungen zu.

Einen weiteren Teil des Nachmittags wurden Vorstösse behandelt, bzw. die entsprechenden Pendenzen abgebaut.

Diverse Parlamentarische Vorstösse wurden noch behandelt: im Zuständigkeitsbereich des Bau- und Umweltdepartementes, des Volkswirtschaftsdepartementes, des Departementes des Innern, im Zuständigkeitsbereich der Staatskanzlei, des Gesundheitsdepartementes und des Finanzdepartementes (soweit nicht am Vortag behandelt).

Der Kantonsrat beriet die Motion «Kein Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen», diese war noch auf der Traktandenliste. Die Regierung beantragt Nichteintreten, aber Gutheissung mit 69 Ja, 38 Nein, 4 Enthaltungen.

Interpellationen

Verschiedene Vorstösse gab es zu den Themen SAK und Axpo, zu Bauten, Energie (Wind, Fotovoltaik) und Stromversorgung generell.

Dringliche Vorstösse

Zum Schluss wurden folgende parlamentarischen Vorstösse bzw. die Antworten der Regierung besprochen: Bezüglich Krankenkassenprämien, Grenzschutz, Übergriffe im Umfeld der katholischen Kirche, heimliche Änderungen der Aufnahmepraxis beim SEM, Asylstatus für Afghaninnen, Asylwesen braut sich ein Gewitter zusammen. Diskussion zu den 3 Asylfragen wird mit 79 Ja, 18 Nein, 1 Enthaltung vom Kantonsrat bewilligt.

Schluss- und Gesamtabstimmungen

Universitätsgesetz 110 Ja, einstimmig.

Gesetz über die privaten Hochschulen und den Titelschutz, 110 Ja, einstimmig.

Kantonsratsbeschluss über die Genehmigung des V. Nachtrags zur Gehaltsordnung für den Lehrkörper und das Verwaltungspersonal der Hochschule St.Gallen, 111 Ja, einstimmig.

Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (Begnadigungen), 110 Ja, einstimmig.

Rücktritte

Auf Ende der Septembersession 2023 haben folgende Kantonsräte ihren Rücktritt erklärt: Remo Daguati (FDP) wegen beruflichen Neuaufgaben und Christopher Chandiramani (infolge Erreichung AHV-Alter).

Am zweiten Sessionstag im St.Galler Regierungsgebäude wurden unter anderem sechs Vorstösse für dringend erklärt. Bild: Christopher Chandiramani

2. Sitzungstag: Dienstag, 19. September 2023

Die Kantonsratspräsidentin Andrea Schöb-Sturzenegger, Thal, eröffnet den zweiten Sessionstag (Dienstag) um 08:30 Uhr.

Zuerst beraten wurden die dringenden parlamentarischen Vorstösse, die Dringlichkeit der folgenden Interpellationen waren nicht bestritten: 1) Sexuelle Übergriffe im Umfeld der katholischen Kirche – Aufarbeitung gefordert, 2) Heimliche Änderung des SEM in der Aufnahmepraxis mit unabsehbaren Folgen, 3) Die Krankenkassenprämien explodieren – was unternimmt die Regierung? 4) Asylwesen – es braut sich ein Gewitter zusammen, 5) Kanton St. Gallen muss beim Bund mehr Grenzschutz einfordern, 6) Asylstatus für Afghaninnen – was macht der Kanton St. Gallen gegen die Praxisänderung des SEM? Die Dringlichkeit wurde hingegen vom Rat bei der Verteilung der Asylbewerber auf die Gemeinden abgelehnt.

Weiter nahm der Kantonsrat Kenntnis von der Berichterstattung 2023 der Staatswirtschaftlichen Kommission (über die selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten) und von der Berichterstattung der Vertretung des Kantonsrates in der Internationalen Parlamentarischen Bodensee-Konferenz (der Sommertagung). Der Kantonsrat nimmt ebenfalls Kenntnis vom Prüfbericht zum Prüfprogramm 2021 des Regulierungscontrollings.

In einziger Lesung wird der Bericht über die strategische Immobilienbedarfsplanung für die Sekundarstufe II» behandelt. Es ging um die Entwicklung der Schulen der Sekundarstufe II. Der Kantonsrat trat auf die Vorlage nicht ein und damit dem Antrag der vorberatenden Kommission, die bemängelt hatte, dass die Vorlage noch keine geeignete Grundlage für die künftige strategische Immobilienbedarfsplanung biete. Auch andere Kantone brauchten für ähnliche Vorlagen mehrere Anläufe.

Bei der ersten Lesung des VII. Nachtrags zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung war das Thema, dass die Regierung die Standorte der Schulen aufgrund eines Gesamtkonzepts festlegen muss und dem Kantonsrat darüber periodisch Bericht erstattet. Der Kantonsrat wies die Vorlage zurück an die Regierung. Er folgt dem ebenfalls Antrag der vorberatenden Kommission.

Zum Abschluss des Vormittags debattierte der Kantonsrat über den Bericht bzw. die Zwischenbilanz über die IT-Bildungsoffensive. Der Kantonsrat folgt dem Antrag der Regierung.

Diverse Vorstösse, Stipendienwesen und Fraktionsausflüge

Am Nachmittag wurden parlamentarische Vorstösse behandelt, diese lagen im Zuständigkeitsbereich des Bildungsdepartementes, des Sicherheits- und Justiz-Departementes, des Departementes des Innern (soweit nicht am Vortag behandelt), im Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsdepartementes, der Staatskanzlei im Zuständigkeitsbereich des Finanzdepartementes sowie weitere parlamentarische Vorstösse.

Eine Motion zur Revision des Stipendienwesens wurde bei einer einzigen Enthaltung angenommen. Länger wurde über ein Standesbegehren für die Einführung einer nationalen Elternzeit debattiert. Das Eintreten wurde vom Rat abgelehnt, weil auf eidgenössischer Ebene ähnlich lautende Vorstösse existieren. Sehr gross war die Opposition von der Ratslinken gegen eine Motion betreffend eine vorgeschlagene bargeldlose Sozialhilfe, dies wegen grösserer Geldtransfers ins Ausland.

Die zweite Hälfte des Nachmittags gehörte den Fraktionsausflügen mit gemeinsamem Abendessen. Die SVP traf sich beispielsweise mit der Kantonspolizei zu einem Gedankenaustausch.

Impression aus dem Kantonsratssaal während der Septembersession 2023. Bild: Christopher Chandiramani

1. Sitzungstag: Montag, 18. September 2023

Der Vormittag begann wie üblich mit den Fraktionssitzungen, den Vorbereitungen der Geschäfte dieser Session. Um 14:00 Uhr eröffnete Kantonsratspräsidentin Andrea Schöb-Sturzenegger die Session mit Gedenken an Verstorbene und den Rückblick auf die Abstimmungen betreffend Spitalvorlagen und den Tag der offenen Tür für das Publikum letzten Sommer.

Fortgesetzt wurde die Session mit der Bekanntgabe der Gültigkeit der Wahl von Ersatzmitgliedern im Kantonsrat. Es gab seit der Junisession drei Vakanzen durch Rücktritte. Christian Spoerlé von der SVP Toggenburg wird durch Christian Vogel ersetzt, weiter folgt auf Markus Bonderer von der SVP Sarganserland Marc Kellenberger. Joel Müller ersetzt Christoph Turnherr für die SP Toggenburg. Die neuen Mitglieder des Kantonsrates werden im Anschluss im Ratssaal vereidigt.

Fortgesetzt wurde die Session mit den Kommissionsbestellungen. Kantonsrat Pascal Frommenwiler (SVP), Niederbüren, wird als Ersatz für Kantonsrat Markus Bonderer, Sargans, in die Staatswirtschaftliche Kommission gewählt. Es erfolgt die Beratung über das Universitätsgesetz (2. Lesung). Es geht um die Totalrevision des Universitätsgesetzes. Der Kantonsrat diskutierte über Rückkommen (Änderungen bei Wahl der Universitätsrats), was jedoch abgelehnt wurde. Beim nächsten Geschäft ging es um den Titelschutz der privaten Hochschulen. Die beiden Vorlagen gehen zurück an die Redaktionskommission für die Schlussabstimmung am Mittwoch.

Im Weiteren ging es um Beratungen zum II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung und den III. Nachtrag (diskussionslos) weiter zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht. Erste Lesung des Nachtrags zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung (hier geht es um die Kostenaufteilung zwischen Kanton und Gemeinden bei der unentgeltlichen Rechtspflege im Bereich der KESB). Eintritt auf die Vorlage, sie wurde gutgeheissen.

Unter Vorsitz der Vizepräsidentin des Kantonsrats, Frau Barbara Dürr war die zweite Nachmittagshälfte einem Teil der zahlreichen und noch unbehandelten Vorstösse gewidmet, weit über 100 Standesbegehren, Motionen, Postulate und Interpellationen. Aufgrund der aus Spargründen ausgefallenen Aprilsession wurden zahlreiche Geschäfte im Rat noch nicht behandelt.

Gestartet wurde mit den Standesinitiativen in der Zuständigkeit des Sicherheits- und Justizdepartements, Umweltdelikte härter bestrafen (Nichteintreten), Masseneinwanderung (Nichteintreten) und Revision der UNO-Flüchtlingskommission (Nichteintreten). Einzig auf das Standesbegehren zur Lockerung des Verbandsbeschwerderechts wurde eingetreten und dies gutgeheissen. Hier wird das Begehren vom Präsidium bei den eidgenössischen Räten eingereicht.

Zum Schluss wurde die Motion zum Schutz der heimischen Industrie behandelt (Mangellagen bei Öl und Gas, Nichteintreten) und noch einige Interpellationen aus den Jahren 2021 und 2022. Verschiedene Interpellanten verzichteten aus Zeitgründen auf die Stellungnahme.

Ausblick

In den kommenden zwei Tagen wird über das Strassenbauprogramm (auch Busbuchten und Tempo 30), das ÖV-Programm, den Richtplan, Berufsbildung, Bildungsoffensive debattiert, sowie der Bericht der Staatswirtschaftlichen Kommission vorgestellt. Auf dem Programm stehen am Dienstag auch dringliche Vorstösse (Sexualmissbrauch und Kirchen, Asyl- und Flüchtlingswesen, Grenzschutz).

Das St.Galler Regierungsgebäude, wo der Kantonsrat vom 18. bis 20. September 2023 tagte. Bild: Christopher Chandiramani
Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Mitarbeiter Linth24