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Rapperswil-Jona
26.08.2023
27.08.2023 07:03 Uhr

Beni Würth zum Tunnel: «Man darf nicht kleinräumig denken»

Spricht sich für den Tunnelbau in Rapperswil-Jona aus: Ständerat Beni Würth.
Spricht sich für den Tunnelbau in Rapperswil-Jona aus: Ständerat Beni Würth. Bild: Linth24
Beni Würth mischt sich seit seinem Rücktritt als Stadtpräsident von Rapperswil-Jona ein erstes Mal in die hiesige Politik ein. Im Interview mit der Linth-Zeitung empfiehlt er ein Ja zum Stadttunnel.

Beni Würth bereitete als damaliger Stadtpräsident von Rapperswil-Jona die erste Tunnel-Abstimmung vom Herbst 2011 vor. Doch Anfang 2011 trat er sein neues Amt als St. Galler Regierungsrat an. Die Tunnel-Abstimmung fand somit ohne seinen Support statt – und ging verloren.

Seit seiner Demission als Stadtpräsident hat sich Würth zur Politik in Rapperswil-Jona nie mehr öffentlich geäussert. Nun bricht er diese Tradition und setzt sich in einem Interview mit der «Linth-Zeitung» für ein Ja zum Stadttunnel ein. 

Handlungsspielraum vergrössern

Auf die Frage, weshalb er ausgerechnet jetzt seine Zurückhaltung ablege und sich erstmals wieder in eine lokalpolitische Diskussion einschalte, sagt Würth: «Weil es schlicht darum geht, ob wir unseren Handlungsspielraum für die Zukunft vergrössern können oder ob wir stehen bleiben».
Der Tunnel sei «ein Generationenprojekt, das eine enorme Auswirkung» für die Zukunft von Rapperswil-Jona habe. Eine Stadt mit Zukunft brauche Entlastung. Er hoffe, dass man in dieser Frage weitsichtig entscheide und nicht auf die Polemik der Gegner aufspringe.

Mehr Verkehr als am Gotthard

2011 lehnte eine Mehrheit von 54 Prozent eine erste Etappe für einen Tunnel ab. Was ist diesmal anders?
Würth sagt der «Linth-Zeitung» dazu: «Am Grundproblem hat sich nichts geändert. Der Stadtraum ist weiter verkehrsdominiert und überlastet. Die über 25'000 täglichen Fahrzeuge auf dem Seedamm sind massiv mehr als am Gotthard. Wenn man eine grundlegende Lösung will, braucht es eine grundlegende Verkehrsantwort.»

Nord-Süd-Logik

Natürlich könne nicht ein einziger Wurf die ganze Stadt vom Verkehr freispielen. Das sei nicht realistisch. Wenn man den Durchgangsverkehr aber anschaue, dann sei dieser primär auf der Nord-Süd-Achse: «Darum ist die Logik richtig, dass man mit einem Tunnel auf dieser Achse ansetzt.»

Auf den grössten Fehler vor der Tunnelabstimmung 2011 angesprochen, sagt Würth: «Im Rückblick wurde in der Kampagne zu wenig klargemacht, wie wichtig für die Gesamtentwicklung der Stadt die Tunnellösung ist.» Würth sagt dazu weiter, er habe die Abstimmung im Herbst 2011 leider vom Spielfeldrand aus beobachten müssen. (Würth war ab Anfang 2011 Regierungsrat und konnte die von ihm vorbereitete Abstimmung nicht mehr begleiten.)

Fuss- und Velowege fallen nicht vom Himmel

Die Kritik, dass die Stadt den Spielraum für die Verbesserung neuer Velowege und beim ÖV zu wenig genutzt habe, kontert Würth: «Ich bin in Rapperswil-Jona fast immer mit dem ÖV oder auf dem Velo unterwegs. Mit dem Velo ist es attraktiv – man sollte das nicht immer schlechtreden. Als Einheimischer weiss ich, wo ich problemlos durchfahren kann. Ich bin dafür, Velowege auszubauen, aber wir haben schon viele sichere Routen. Und ich will daran erinnern, dass auch Fuss- und Velowege in der Stadt nicht vom Himmel fallen.»

Variante Direkt

Bezüglich der vorgeschlagenen Varianten des Tunnels hat Würth eine klare Haltung: «Ich bin für die Variante Direkt. ... Der Problemdruck ist im Bereich Rütistrasse und im Zentrum Rapperswil am grössten. Beide Abschnitte würden durch den Tunnel Direkt massiv entlastet. Und vor allem auch der Knoten Rüti- und Zürcherstasse. ...»

Würth lässt aber auch Denkvarianten zur Verkehrslösung offen, indem er ausführt: «Die Bahnhofstrasse vom Verkehr befreien ... könnte man auch, wenn der Verkehr über die Güter- und Kniestrasse Richtung Zürcherstrasse fliesst.» Das würde nur ein Kurztunnel erfordern und einen Bruchteil des Lang-Tunnels kosten. 

Eine vereinigte Stadt

Städtebauliche Einwände lässt Ständerat Würth durchaus gelten: Die Tunnelportale seien ein Eingriff ins Stadtbild. Es gelte jedoch, dies städtebaulich bestmöglich zu lösen.
Würth warnt zudem davor, Einzel-Interessen über die Sache zu stellen. Unter anderem von der Joner Bevölkerung, die weniger von der Tunnellösung profitiere: «Wir sind eine vereinigte Stadt und alle bewegen sich darin. Da kann man nicht in kleinräumigem Denken verharren. Was bringt es mir, nein zu sagen, nur weil mein Quartier keine Entlastung erfährt?»

Zwingend flankierende Massnahmen

Der Einwand, dass mit dem Tunnel dem motorisierten Verkehr der rote Teppich ausgerollt werde, verneint Würth: «Wenn ein Tunnel gebaut wird, braucht es zwingend harte flankierende Massnahmen, damit der Verkehr im Untergrund ist und der oberirdische Stadtraum endlich aufgewertet werden kann. Rapperswil-Jona muss beim Kanton Druck machen, dass die flankierenden Massnahmen mit dem Tunnel mitprojektiert werden und als Gesamtprojekt aufgelegt werden.» Das Parlament und die Bevölkerung müssten wissen, «was oberirdisch kommt».

Ein Generationen-Projekt

Bei der Frage der Finanzierung könne der Kanton eine Milliarde Franken beisteuern. Dies habe man in der St. Galler Regierung diskutiert. Der Strassenfond lasse eine solche Finanzierung zu. Dazu könne die Verschuldungsgrenze angehoben werden. Das Rapperswil-Joner Stadttunnel sei ein Projekt «über mehrere Generationen», das auch über mehrere Generationen finanziert werden dürfe.

Mit 85 an der Tunneleröffnung?

Zum Schluss äussert Beni Würth gegenüber der «Linth-Zeitung» mit einem Augenzwinkern die Hoffnung, dass er die Einweihung des Stadttunnels noch erleben werde: «Ich bin jetzt 55», seine statistische Lebenserwartung liege bei 2050. Dann sei er rund 85 Jahre alt. Würth folgert daraus: Es wäre schön, wenn er bei der Tunnel-Eröffnung dabei sein könnte.

Thomas Renggli