Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Schmerikon
21.06.2023
23.06.2023 18:47 Uhr

30 Tage Knast für Sonnenbrillenklau

Bild: Linth24
Ein abgewiesener Asylbewerber klaut in Schmerikon eine Sonnenbrille und erlebt die volle Härte des Schweizer Rechtsstaates.

Es geschah Ende Mai dieses Jahr in Schmerikon und im Zentrum steht ein 27-jähriger Marokkaner, den wir hier «Amir» nennen. Amir war bereits Mitte April der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen aufgefallen, weil er sich unberechtigterweise in der Schweiz aufhielt und weil er etwas «Geringfügiges» gestohlen hatte – was dieses «etwas» ist, steht nicht in den vorliegenden Unterlagen.

Aus den Akten geht klar hervor, dass das Asylgesuch von Amir abgewiesen war. Trotzdem war er an jenem Maiabend in Schmerikon, obwohl er eigentlich im Bundesasylzentrum in Kreuzlingen wohnt.

Bekifft eine Sonnenbrille geklaut

So gegen 17 Uhr rauchte Amir etwas, was er nicht rauchen durfte: Marihuana mittels eines «Joints», wie die Staatsanwaltschat Uznach feststellte. Ein paar Stunden später, genauer gesagt um «ca. 4:15» – also tief in der Nacht – schlendert Amir durch Schmerikon. Dort entdeckt er einen schönen, unverschlossenen Audi S3 Quattro und darin eine Sonnenbrille im Wert von 150 Franken.

Der Mann klaute die Brille, so würde man es umgangssprachlich sagen. Der Staatsanwalt beschreibt es im Strafbefehl viel eleganter und schon fast poetisch: «Anschliessend entfernte er sich unter Mitnahme des Deliktgutes, in der Absicht, de Sonnenbrille dem Geschädigten dauernd zu enteignen und nicht mehr zurückzugeben, um sich die Sonnenbrille zumindest vorübergehend zuzueignen.»

Der Staatsanwalt schliesst messerscharf: «Der Beschuldigte handelte mit dem Ziel, sich wirtschaftlich besser zu stellen, worauf er kein Anrecht hatte.»

«Stopp Polizei» ignoriert

Nun, machen wir umgangssprachlich weiter. Amir und seine Sonnenbrille fielen zwei Polizisten auf. Wir nennen sie hier «Wäckerli» und «Schuppli». Dem Gefreiten und dem Wachtmeister, die in ihrem Dienstwagen unterwegs waren, kam der Amir verdächtig vor. Sie wollten ihn anhalten, doch Amir gab Fersengeld und rannte über die Geleise in Richtung Uznach und Schrebergärten. Auch ein mehrfach gerufenes «Stopp Polizei» konnten den – hier im doppelten Sinn genannten – Flüchtling nicht aufhalten.

Nach einer Weile gab der Gefreite Schuppli die Verfolgung auf. Doch die Freiheit von Amir endete um 6:15 Uhr ebenfalls in Schmerikon, wo er immer noch herumirrte.

Noch am selben Tag, am 31.Mai 2023, verfügte der leitende Staatsanwalt in Uznach einen Strafbefehl, der an Härte schwer zu überbieten ist. Ausser Landesverweisung ist alles darin enthalten, was man sich so vorstellen kann.

30 Tage Gefängnis

Für den Diebstahl der 150 Franken Brille wurde Amir zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 30 Tagen verurteilt. Das Gefängnis sei die richtige Massnahme, «um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten», wie es im Strafbefehl heisst und, weil eine Geldstrafe keinen Sinn macht: «Der Beschuldigte ist abgewiesener Asylsuchender und hat weder Einkommen noch Vermögen.» Es sei mir «an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» davon auszugehen, dass Amir keine Busse zahlen könne.

Trotzdem wird er zur Kasse gebeten. Wegen «Hinderung einer Amtshandlung», also seiner Flucht, wird er mit einer Geldstrafe von 300 Franken bestraft. Das Rauchen des Joints führt zu einer Busse von 100 Franken. Zusammen mit den Gebühren von 350 Franken und «besonderen Auslagen» von 300 Franken, macht das einen Gesamtbetrag von 1'050 Franken, die Amir der Staatskasse schuldet.

Wie er das bezahlen soll und wie die Zukunft von Amir nach dem Gefängnis aussieht, steht nicht im Strafbefehl des St.Galler Staatsanwalts.

Markus Arnitz, Linth24