3. Sitzungstag: Mittwoch, 14. Juni 2023
Aufgrund der relativ grossen Geschäftslast und der langen Traktandenliste wurde der dritte Sitzungstag um eine Stunde verlängert.
Kinderbetreuung, Berichterstattungen und Geschäftsreglement
Der Tag begann mit den zweiten Lesungen, dem Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung und dem Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Finanzierung der Energieförderung in den Jahren 2024 bis 2030. Hierzu gab es keine neuen Wortmeldungen.
Daraufhin folgte die Berichterstattung des Kantonsrates der Internationalen Parlamentarischen Bodensee-Konferenz (Frühjahrstagung 2023). Der Rat nahm ebenfalls Kenntnis von den Ausführungen der Rechtspflegekommission, daraufhin folgte die Präsentation der Geschäftsberichte der kantonalen Gerichte für das Jahr 2022.
Der Kantonsrat debattierte ferner über Nachträge seines eigenen Geschäftsreglements. Ein genereller Rückweisungsantrag an die vorberatende Kommission lehnte er ab. Bei den Beratungen von zahlreichen relativ komplexen Anträgen ging um den Ausbau der parlamentarischen Instrumente, die Umsetzung nach dem Öffentlichkeitsgesetz, die Förderung des papierlosen Ratsbetriebs, die Fachkommissionen, die Präzisierung bezüglich Motionen, Postulaten, Interpellationen und Aufträgen sowie eine mögliche mündlichen Beantwortung von Vorstössen und einem allfällig geänderten Systemwechsel bzw. Sessionsrhytmus. Ein Antrag sah vor, dass die Beratungsunterlagen vor dem Beginn der Session früher verteilt werden, dies wurde jedoch abgelehnt. Ein anderer Antrag, sah vor, den Zugang zu Dokumenten des Präsidiums zu erleichtern. Die Einsicht von Dokumenten bleibt somit trotz Öffentlichkeitsgesetz restriktiv. Ein weiterer Vorschlag, das Wahlprozedere der Leiterin oder des Leiters der Parlamentsdienste zu ändern, wurde ebenfalls verworfen Ein zusätzlicher Antrag, die Reduktion der Mindestzahl von Mitgliedern von Fraktionen von 7 auf 5, blieb erfolglos. Damit bleibt die Teilnahme in den vorberatenden Kommissionen erschwert. Einem Ordnungsantrag wurde zugestimmt, diese stets wiederkehrenden Diskussionen vorzeitig abzubrechen.
Der Kantonsrat führte noch eine Spezialdiskussion über den XXV. Nachtrag zum Geschäftsreglement. Es ging um die Umsetzung der sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter. Die Abstimmung zum Thema erfolgte später im Rahmen der Gesamtabstimmung.
Wahlen für Hochschulräte, Polizeigesetz und ein Hackerangriff
Der Kantonsrat wählt Andreas Kirchschläger, Rapperswil-Jona (FDP-Fraktion), als Ersatz für Thomas Scheitlin (FDP-Fraktion, Alt-Stadtpräsident von St. Gallen) zum Universitätsrat für die Amtsdauer 2020/2024. Der Kantonsrat bestätigte auch Martina Bossart, (Mitte-Partei) als Ersatz für Maria Gloor-Zigerlig (Mitte-Partei) in den Rat der Pädagogischen Hochschule St.Gallen.
Vor der Mittagspause wurde das Polizeigesetz (XIV. und XV. Nachtrag) beraten. Der Kantonsrat wies das Polizeigesetz zur Überarbeitung an die Regierung zurück. Im Zentrum der Vorlage stand das «professionelle Bedrohungs- und Risikomanagement». Der Datenaustausch zwischen der Polizei und anderen Behörden hätte beschleunigt werden sollen. Die vorberatende Kommission hatte bereits anfangs Mai aufgrund eines zugrunde liegenden Rechtsgutachtens die Rückweisung empfohlen.
Über Mittag wurden die Internetseiten der Stadt und des Kantons St.Gallen durch einen Hackerangriff vorübergehend lahmgelegt. Nach 16:00 Uhr waren Stadt und Kanton wieder online.
Universitätsgesetz und dringliche Vorstösse für Toggenburg
Die Revision des Universitätsgesetzes wurde am Nachmittag behandelt. Es ging um die Totalrevision. Das revidierte Gesetz sollte zukünftige Skandale aufarbeiten und in Zukunft das Schadenpotential reduzieren. An der Uni gab es in den letzten Jahren verschiedene fragwürdige Vorkommnisse. Nun soll für eine bessere Kontrolle gesorgt werden. Der Einfluss der Politik und Wirtschaft muss bei der Führung der HSG neu definiert werden. Im Zentrum standen die Organisationsform und der Universitätsrat: Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Die Altersgrenze bleibt bei 70 Jahren. Grundsätzlich ist die Organisation anspruchsvoll, weil verschiedene Institute und Professoren eng mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten, teilweise mit eigenen Firmen. Die Gesamtabstimmung wird aufgeschoben.
Zwei dringliche parlamentarische Vorstösse wurden behandelt: Betriebsschliessungen im Toggenburg, besonders Steinbruch Starkenbach. Es gab keine befriedigende Antwort der St.Galler Regierung. Zu Jahresbeginn war alles in Ordnung, jetzt gibt’s Schliessungen.
Die Kommunikation war schlecht. Erklärung: Baubewilligungen und Nachfolgeregelungen dauern an.
Übersicht zu den Schlussabstimmungen – drei Rücktritte
Schlussabstimmungen:
- Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Familienzulagen, angenommen; SP verlangte Ratsreferendum, abgelehnt.
- Nachtrag zum Volksschulgesetz, zugestimmt.
- Nachtrag zum Steuergesetz (Anpassungen aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben und weitere Änderungen), angenommen.
- Nachtrag zum Steuergesetz (Reduktion der Erbschafts- und Schenkungssteuerbelastung für KonkubinatspartnerInnen), angenommen.
- Nachtrag zum Steuergesetz (Anpassung der Besteuerung von Vorzugsmieten), angenommen, ausser SP und Grüne.
- Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Flexibilisierung der Schulferien), zugestimmt.
- Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung, zugestimmt.
- Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates (Organisation und Verfahren des Kantonsrates), Zustimmung ausser Grünliberale.
- Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates (Gleichbehandlung der Geschlechter im Erlass), fast einstimmig angenommen.
- Kantonsratsbeschluss über die Einheitsinitiative «St. Galler Klimafonds», angenommen.
- Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Finanzierung der Energieförderung in den Jahren 2024 bis 2030, angenommen ausser SVP.
- Kantonsratsbeschluss über die Instandsetzung und Umnutzung der Schützengasse 1 in St. Gallen für das Kreisgericht St. Gallen, einstimmiges JA, 110 Anwesende
Rücktritte:
- Markus Bonderer (SVP)
- Christian Spoerlé (SVP alt Gemeindepräsident Ebnat Kappel)
- Christoph Thurnherr (SP)
Ende der Session war um 18:00 Uhr.