Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Kanton
14.06.2023
14.06.2023 19:25 Uhr

Geschäftige Junisession zu Ende

Impressionen aus der diesjährigen Junisession, die vom 12. bis 14. Juni 2023 stattgefunden hat.
Impressionen aus der diesjährigen Junisession, die vom 12. bis 14. Juni 2023 stattgefunden hat. Bild: Christopher Chandiramani (Collage Linth24)
Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Linth24-Mitarbeiter, berichtete aus der Junisession 2023 des St.Galler Kantonsrats mit sehr vielen Geschäften und einer Feier.

3. Sitzungstag: Mittwoch, 14. Juni 2023

Aufgrund der relativ grossen Geschäftslast und der langen Traktandenliste wurde der dritte Sitzungstag um eine Stunde verlängert.

Kinderbetreuung, Berichterstattungen und Geschäftsreglement

Der Tag begann mit den zweiten Lesungen, dem Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung und dem Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Finanzierung der Energieförderung in den Jahren 2024 bis 2030. Hierzu gab es keine neuen Wortmeldungen.

Daraufhin folgte die Berichterstattung des Kantonsrates der Internationalen Parlamentarischen Bodensee-Konferenz (Frühjahrstagung 2023). Der Rat nahm ebenfalls Kenntnis von den Ausführungen der Rechtspflegekommission, daraufhin folgte die Präsentation der Geschäftsberichte der kantonalen Gerichte für das Jahr 2022.

Der Kantonsrat debattierte ferner über Nachträge seines eigenen Geschäftsreglements. Ein genereller Rückweisungsantrag an die vorberatende Kommission lehnte er ab. Bei den Beratungen von zahlreichen relativ komplexen Anträgen ging um den Ausbau der parlamentarischen Instrumente, die Umsetzung nach dem Öffentlichkeitsgesetz, die Förderung des papierlosen Ratsbetriebs, die Fachkommissionen, die Präzisierung bezüglich Motionen, Postulaten, Interpellationen und Aufträgen sowie eine mögliche mündlichen Beantwortung von Vorstössen und einem allfällig geänderten Systemwechsel bzw. Sessionsrhytmus. Ein Antrag sah vor, dass die Beratungsunterlagen vor dem Beginn der Session früher verteilt werden, dies wurde jedoch abgelehnt. Ein anderer Antrag, sah vor, den Zugang zu Dokumenten des Präsidiums zu erleichtern. Die Einsicht von Dokumenten bleibt somit trotz Öffentlichkeitsgesetz restriktiv. Ein weiterer Vorschlag, das Wahlprozedere der Leiterin oder des Leiters der Parlamentsdienste zu ändern, wurde ebenfalls verworfen Ein zusätzlicher Antrag, die Reduktion der Mindestzahl von Mitgliedern von Fraktionen von 7 auf 5, blieb erfolglos. Damit bleibt die Teilnahme in den vorberatenden Kommissionen erschwert. Einem Ordnungsantrag wurde zugestimmt, diese stets wiederkehrenden Diskussionen vorzeitig abzubrechen.

Der Kantonsrat führte noch eine Spezialdiskussion über den XXV. Nachtrag zum Geschäftsreglement. Es ging um die Umsetzung der sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter. Die Abstimmung zum Thema erfolgte später im Rahmen der Gesamtabstimmung.

Wahlen für Hochschulräte, Polizeigesetz und ein Hackerangriff

Der Kantonsrat wählt Andreas Kirchschläger, Rapperswil-Jona (FDP-Fraktion), als Ersatz für Thomas Scheitlin (FDP-Fraktion, Alt-Stadtpräsident von St. Gallen) zum Universitätsrat für die Amtsdauer 2020/2024. Der Kantonsrat bestätigte auch Martina Bossart, (Mitte-Partei) als Ersatz für Maria Gloor-Zigerlig (Mitte-Partei) in den Rat der Pädagogischen Hochschule St.Gallen.

Vor der Mittagspause wurde das Polizeigesetz (XIV. und XV. Nachtrag) beraten. Der Kantonsrat wies das Polizeigesetz zur Überarbeitung an die Regierung zurück. Im Zentrum der Vorlage stand das «professionelle Bedrohungs- und Risikomanagement». Der Datenaustausch zwischen der Polizei und anderen Behörden hätte beschleunigt werden sollen. Die vorberatende Kommission hatte bereits anfangs Mai aufgrund eines zugrunde liegenden Rechtsgutachtens die Rückweisung empfohlen.

Über Mittag wurden die Internetseiten der Stadt und des Kantons St.Gallen durch einen Hackerangriff vorübergehend lahmgelegt. Nach 16:00 Uhr waren Stadt und Kanton wieder online.

Universitätsgesetz und dringliche Vorstösse für Toggenburg

Die Revision des Universitätsgesetzes wurde am Nachmittag behandelt. Es ging um die Totalrevision. Das revidierte Gesetz sollte zukünftige Skandale aufarbeiten und in Zukunft das Schadenpotential reduzieren. An der Uni gab es in den letzten Jahren verschiedene fragwürdige Vorkommnisse. Nun soll für eine bessere Kontrolle gesorgt werden. Der Einfluss der Politik und Wirtschaft muss bei der Führung der HSG neu definiert werden. Im Zentrum standen die Organisationsform und der Universitätsrat: Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Die Altersgrenze bleibt bei 70 Jahren. Grundsätzlich ist die Organisation anspruchsvoll, weil verschiedene Institute und Professoren eng mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten, teilweise mit eigenen Firmen. Die Gesamtabstimmung wird aufgeschoben.

Zwei dringliche parlamentarische Vorstösse wurden behandelt: Betriebsschliessungen im Toggenburg, besonders Steinbruch Starkenbach. Es gab keine befriedigende Antwort der St.Galler Regierung. Zu Jahresbeginn war alles in Ordnung, jetzt gibt’s Schliessungen.

Die Kommunikation war schlecht. Erklärung: Baubewilligungen und Nachfolgeregelungen dauern an.

Übersicht zu den Schlussabstimmungen – drei Rücktritte

Schlussabstimmungen:

  • Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Familienzulagen, angenommen; SP verlangte Ratsreferendum, abgelehnt.
  • Nachtrag zum Volksschulgesetz, zugestimmt.
  • Nachtrag zum Steuergesetz (Anpassungen aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben und weitere Änderungen), angenommen.
  • Nachtrag zum Steuergesetz (Reduktion der Erbschafts- und Schenkungssteuerbelastung für KonkubinatspartnerInnen), angenommen.
  • Nachtrag zum Steuergesetz (Anpassung der Besteuerung von Vorzugsmieten), angenommen, ausser SP und Grüne.
  • Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Flexibilisierung der Schulferien), zugestimmt.
  • Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzende Kinderbetreuung, zugestimmt.
  • Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates (Organisation und Verfahren des Kantonsrates), Zustimmung ausser Grünliberale.
  • Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates (Gleichbehandlung der Geschlechter im Erlass), fast einstimmig angenommen.
  • Kantonsratsbeschluss über die Einheitsinitiative «St. Galler Klimafonds», angenommen.
  • Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Finanzierung der Energieförderung in den Jahren 2024 bis 2030, angenommen ausser SVP.
  • Kantonsratsbeschluss über die Instandsetzung und Umnutzung der Schützengasse 1 in St. Gallen für das Kreisgericht St. Gallen, einstimmiges JA, 110 Anwesende

Rücktritte:

  • Markus Bonderer (SVP)
  • Christian Spoerlé (SVP alt Gemeindepräsident Ebnat Kappel)
  • Christoph Thurnherr (SP)

Ende der Session war um 18:00 Uhr.

Zum Abschluss des zweiten Sessionstages wurde in Staad die Wahl der neuen Kantonsratspräsidentin Andrea Schöb gefeiert. Bild: Christopher Chandiramani

2. Sitzungstag: Dienstag, 13. Juni 2023

Präsidentin Andrea Schöb gab zur Eröffnung bekannt, dass die vorberatenden Kommissionen gemäss den Vorschlägen der Fraktionen bestellt wurden (Kindes- und Erwachsenenschutz, Strassenbauprogramm, IT-Bildungsoffensive, Regierungscontrolling).

Der Morgen des 2. Sitzungstages begann mit den für dringlich erklärten Interpellationen.

Nein zu Lotteriefonds-Richtlinien – Ja zu Steinbruchschliessungs-Motion

Ganz knapp abgelehnt wurde – wie die Regierung dies gewünscht hatte – die Änderung der Lotteriefonds-Richtlinien (Geldspieleinsätze/Kulturförderung). Hingegen zugestimmt wurde der Dringlichkeit bezüglich der Schliessung des Steinbruchs Starkenbach sowie weiterer Betriebsschliessungen im Toggenburg. Umstritten war für die linke Seite, die FDP und die Mitteparteien eine bessere Unterstützung und Personalaufstockung bei den Polizeikräften. Hier wurde eine gründlichere Analyse gewünscht.

Bei den Richterwahlen wurden die nebenamtlichen Mitglieder Christoph Reut fürs Kantonsgericht und Patrick Hobi für die Verwaltungs-Rekurskommission gewählt (Amtsdauer 2023-2029).

Klimafonds und Rechnung 2022

Weiter ging es in erster und einziger Lesung des Kantonsratsbeschlusses über die Einheitsinitiative «St. Galler Klimafonds» und des Gegenvorschlags, den Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Finanzierung der Energieförderung in den Jahren 2024 bis 2030. Gemäss den Fraktionserklärungen und umfangreichen Voten war die Ratslinke eher für die Initiative – die Rechtsbürgerlichen für den Gegenvorschlag. Zusatzanträge der SP und der SVP wurden abgelehnt.

Weiter beschäftigte sich der Kantonsrat mit der Rechnung 2022. Der Kanton St.Gallen weist für das Jahr 2022 einen operativen Ertragsüberschuss von 24,1 Millionen Franken aus. Damit schliesst der Kanton das Rechnungsjahr operativ 227 Millionen Franken besser ab als budgetiert. Die Hauptgründe für die Verbesserung sind höhere Steuereinnahmen und eine höhere Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank. Den Mehreinnahmen stehen hohe Wertberichtigungen bei den Darlehen an die Spitalverbunde gegenüber.

Die finanzielle Verfassung bleibt insgesamt gesund bei leicht sinkender Staatsquote, als Risiken bleiben die Konjunktur, die Inflation, die höheren Zinsen, die finanzielle Situation der Spitäler (Wertberichtigungen) und die Ausschüttungspolitik der Nationalbank. Energiepreise sind im Moment kaum alarmierend, eine scharfe Rezession wie im Ausland ist eher unwahrscheinlich. Die Gesamtabstimmung der Rechnung ohne Opposition – 96:0. Der Kantonsrat hiess einen Antrag gut in Bezug einer Strategieentwicklung für künstliche Intelligenz (KI). Der Ertragsüberschuss von rund 200 Millionen Franken wird dem freien Eigenkapital zugewiesen.

Ja zu Lotteriefonds-Unterstützung und Kanti-Nachtragskredit

Im Anschluss an die Rechnung wurde der Lotteriefonds (Unterstützung für Kultur und Sport inklusive OLMA/Messeauftritte) beraten. Der Rat stimmt zu mit 99:0 bei 8 Enthaltungen (grüne Fraktion).

Einem Nachkriegskredit (7.5 Mio.) für Mehrkosten betreffend verschiedene Mehrkosten im Zusammenhang mit einem Teilabbruch und Erweiterungen der Kantonsschule Sargans wird zugestimmt.

Zum Schluss wurde in eigener Sache die Tätigkeit des Parlaments und das Geschäftsreglements beraten, Beschleunigung bei Motionen, Gleichbehandlung von Geschlechtern, Verkleinerung der Fraktionsgrössen, Spesenentschädigungen, Wiedereinführung der Aprilsession infolge Überlast, teilweise auch Anträge auf Anpassung an das Öffentlichkeitsgesetz, Publikation von Dokumenten.

  • Die neue Kantonsratspräsidentin Andrea Schöb (r.) während der Feier in Staad. Bild: Christopher Chandiramani
    1 / 13
  • Viele ParlamentarierInnen liessen sich die Feierlichkeiten am Bodensee nicht entgehen. Bild: Christopher Chandiramani
    2 / 13
  • Glückwünsche von Amtsvorgänger Jens Jäger. Bild: Christopher Chandiramani
    3 / 13
  • Abwechslung zum Alltag der Junisession. Bild: Christopher Chandiramani
    4 / 13
  • Fürs leibliche Wohl sorgte unter anderem dieser Wagen. Bild: Christopher Chandiramani
    5 / 13
  • In Staad herrschte gutes Wetter. Bild: Christopher Chandiramani
    6 / 13
  • Entspannte Kantonsrats- und Regierungsratsmitglieder. Bild: Christopher Chandiramani
    7 / 13
  • Auch Bratwürste durften bei einer St.Galler Feier nicht fehlen. Bild: Christopher Chandiramani
    8 / 13
  • Im Feierzelt wurden Reden gehalten und Musik gespielt. Bild: Christopher Chandiramani
    9 / 13
  • Auch die neue Kantonsratspräsidentin wagte sich auf die Bühne. Bild: Christopher Chandiramani
    10 / 13
  • Tiefblauer Bodensee am Hafen von Staad. Bild: Christopher Chandiramani
    11 / 13
  • Das Festgelände aus etwas grösserer Entfernung. Bild: Christopher Chandiramani
    12 / 13
  • Fahrt im Pferdewagen für die Gäste der Feierlichkeiten. Bild: Christopher Chandiramani
    13 / 13

Nach dem verkürzten Sessionsnachmittag ging es nach 15:30 Uhr mit dem Zug zur Feier der Kantonsratspräsidentin in die Bodenseeregion.

Am letzten Sessionstag, am Mittwoch, 14. Juni, stehen noch das Universitätsgesetz, und Wahlen in den Universitätsrats sowie Nachträge zum Polizeigesetz und zum Ende der Session die Schlussabstimmungen auf der Traktandenliste.

  • Aussenansicht des St.Galler Regierungsgebäudes während der Junisession. Bild: Christopher Chandiramani
    1 / 2
  • Mit der Einsparung der Aprilsession hat der St.Galler Kantonsrat nun an der Junisession einen grösseren Pendenzenberg zu bewältigen. Bild: Christopher Chandiramani
    2 / 2

1. Sitzungstag: Montag, 12. Juni 2023

Der heutige erste Sitzungstag begann wie üblich am frühen Morgen mit den Fraktionssitzungen zur Vorbereitung der Session. Der Beginn, auch im Plenum war diesmal früher als sonst, dies aufgrund grösserer Pendenzenberge bei den Geschäften infolge des Ausfalls der Aprilsession 2023.

Ratspräsident Jens Jäger eröffnete die Session mit dem Hinweis auf den Publikumstag. Am Samstag, 24. Juni 2023 öffnet der Kanton St.Gallen die Türen des Regierungsgebäudes für die Bevölkerung. Anlass ist das 175-jährige Jubiläum der Schweizer Bundesverfassung. Zudem gratulierte der Präsident dem Kollegen Michael Götte zur Wahl in den Nationalrat. Dieser kann für Esther Friedli nachrücken, welche kürzlich als Ständerätin gewählt wurde.

Neue Ratsmitglieder und Kantonsratspräsidentin

Weiter standen Ersatzwahlen des Kantonsrats auf der Tagesordnung bzw. Gültigkeit der Wahl von zwei Ersatzmitgliedern in den Kantonsrat. Florian Kobler rutscht nach für Ruedi Blumer (SP) und Pascal Frommenwiler für Erwin Böhi. Dann folgten die Kommissionsbestellungen, auch der Ersatz für die Rechtspflege- und der staatswirtschaftlichen Kommission und die Wahl Redaktionskommission, der Stimmenzähler und des Präsidenten der Finanzkommission und schliesslich wurden die neue Kantonsratspräsidentin (Andrea Schöb-Sturzenegger) und die Vizepräsidentin (Barbara Dürr) mit grossem Mehr für die Jahre 2023/2024 gewählt.

Diverse Gesetzesnachträge beraten

Des Weiteren wurde in zweiter Lesung beraten der II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung und der Familienzulagen. Beim Volksschulgesetz war es der XXVII, beim Mittelschulgesetz der XV-Antrag, beim Steuergesetz um die Nachträge XIX bis XXI (betreffend Erbschaft unter Konkubinatspaaren, Vorzugsmieten für Familienmitglieder).

Behandlungsreif und mit zahlreichen Wortmeldungen versehen waren auch die Berichterstattung der Staatswirtschaftlichen Kommission, speziell der Geschäftsbericht der Regierung über das Jahr 2022, ferner der Stand der Bearbeitung der gutgeheissenen parlamentarischen der Aufträge des Kantonsrates aus Vorlagen und Berichten, der Bericht der kantonalen Fachstelle für Datenschutz über das Jahr 2022 und der Stand der zwischenstaatlichen Vereinbarungen. Auch die Unterstützung der Olmamessen waren wiederum ein Thema.

Der Abschied des scheidenden Präsidenten und der Antritt der neuen Präsidentin wurde mit einer Musikeinlage begleitet.

Zum Abschluss des Tages wurde der Nachtrag zum Gesetz über Beiträge für familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung behandelt (Fraktionserklärungen).

Am morgigen zweiten Sitzungstag stehen Finanzen, Richterwahlen, das Kantonsratsreglement und am Nachmittag die Feier zu Ehren der neugewählten Kantonsratspräsidentin im Programm.

Christopher Chandiramani, Kantonsrat und freier Mitarbeiter Linth24