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Uznach
15.03.2022
14.03.2022 16:43 Uhr

Asylzentrum: Gemeinderat nimmt erneut Stellung

Der Gemeinderat Uznach möchte mit einer erneuten Stellungnahme allfällige Missverständnisse beseitigen.
Der Gemeinderat Uznach möchte mit einer erneuten Stellungnahme allfällige Missverständnisse beseitigen. Bild: Zweckverband Pflegezentrum Linthgebiet
Aufgrund der aktuellen Berichterstattungen, der zahlreichen Leserbriefe und auch der persönlichen Rückmeldungen aus der Bevölkerung möchte der Uzner Gemeinderat erneut informieren.

Der Gemeinderat hat am 12. Januar 2022 beschlossen, dem Zweckverband Pflegezentrum Linthgebiet (PZL) ein Kaufangebot zu unterbreiten. Das Kaufangebot ist in der Folge am 19. Januar schriftlich unterbreitet worden. Der Verwaltungsrat des Zweckverbandes wird dieses an einer seiner nächsten Sitzungen behandeln und dann hoffentlich sogleich in Kaufverhandlungen mit dem Gemeinderat Uznach eintreten.

1. Zwei unterschiedliche Paar Schuhe

Eigentümer der Liegenschaft Parzelle Nr. 1551 mit dem seit anfangs Februar leer stehenden PZL ist der Zweckverband. Dieser umfasst 7 Gemeinden, worunter sich auch die Gemeinde Uznach befindet. Auch wenn der Gemeinderat in die gut-nachbarschaftlichen Beziehungen vertraut und grosse Hoffnungen hegt, dass das PZL das Anliegen des Gemeinderats Uznach wohlwollend prüft und gutheisst, ist es alleinige Angelegenheit des Zweckverbands, die Liegenschaft zu verkaufen. Mit anderen Worten wird der Zweckverband entscheiden, ob und wem er das PZL verkaufen wird.

Selbst wenn die Gemeinde Uznach das PZL kaufen könnte, würden einige Jahre verstreichen, bis die Liegenschaft einer neuen Nutzung zugeführt werden könnte:

  • Urnenabstimmung zu Kauf PZL, allenfalls verknüpft mit Projektierungskredit für Neunutzung;
  • Planungsphase Neunutzung, anschliessend Mitwirkung und Beschlussfassung;
  • Budgetversammlung / Urnenabstimmung zu Neunutzung / Baukredit;

Der Gemeinderat teilt die Meinung vieler Leserbriefschreibenden oder Parteien. Auch er möchte das PZL erwerben und einer Neunutzung zuführen. Dazu gehört nicht der längerfristige Betrieb eines Asylzentrums. Dazu gehören aber eine gute Planung und allenfalls ein Abriss und Neubau für ein Gesundheitszentrum, Wohnformen im Alter oder andere Ideen, die der Gemeinde und/oder der Region einen Mehrwert schaffen.

Selbst wenn die Gemeinde also das PZL kaufen könnte, würde es einige Jahre leer stehen. Davon soll die Liegenschaft für zwei Jahre als Asylzentrum genutzt werden dürfen (siehe Punkt 2).

Pro memoria: Das PZL ist geschlossen worden, weil die Nachfrage schon vor Jahren sank, was sogar zur Schliessung einer der drei Etagen geführt hat. Im Gegenzug sind die Defizite immer grösser geworden. Das PZL ist nicht geschlossen worden, um ein Asylzentrum betreiben zu können. Schliesslich hat das Migrationsamt erst durch die Bekanntgabe der Schliessung Anlass gefunden, ein Mietverhältnis für ein Asylzentrum anzufragen.

2. Grundsätzliche Haltung des Gemeinderats 

Dem Gemeinderat fehlt die Legitimation, ein solches Asylzentrum rechtlich zu verhindern. Und er will sich Stand heute und unter dem Vorbehalt neuer Erkenntnisse auch gar nicht gegen die befristete Umnutzung des Pflegezentrums als Asylzentrum zur Wehr setzen. Dies aus folgenden Gründen:

  1. Die Gemeinde hat eine humanitäre Verpflichtung, Menschen in Not beizustehen. Wenn geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die vorderhand nicht anderen, gleichwertigen Zwecken dienen können, sollen die Räumlichkeiten unter gewissen Bedingungen und Auflagen dem Migrationsamt vermietet werden.
  2. Die Erfahrungen der Asylzentren in Weesen oder Amden sind nach anfänglichen Bedenken durchwegs positiv, weil die Asylsuchenden eng betreut und auf die Integration vorbereitet werden. Das Migrationsamt hat viel Erfahrung und ist äusserst interessiert und motiviert, dass es zu keinen negativen Auswirkungen für die Standortgemeinden kommt. Wären die Nachteile für die Standortgemeinde spürbar, würde das Migrationsamt riskieren, keine Ersatzstandorte mehr mieten zu können.
  3. Die Zwischennutzung für rund zwei Jahre gibt der Gemeinde die Möglichkeit, die Kaufverhandlungen voranzutreiben und die Liegenschaft einer neuen Nutzung zuzuführen – sofern die Gemeinde das PZL überhaupt erwerben kann.
  4. Während des Betriebs des Asylzentrums «muss» die Standortgemeinde keine Asylsuchenden aufnehmen, weil die Asylsuchenden im Asylzentrum der Standortgemeinde ohne Verpflichtung zu 40% angerechnet werden.
  5. Aus den Bundeszentren gelangen nur diejenigen Asylbewerbenden in die Asylzentren, die mit grösster Wahrscheinlichkeit in der Schweiz verbleiben dürfen. «Wirtschaftsflüchtlinge» sprich Asylmissbrauch werden daher die Ausnahme sein, echter Schutzbedarf die Regel. Aktuell ist der Migrationsdruck aus Afghanistan, der Türkei und teilweise aus Syrien zu vermelden.
  6. Das PZL liegt in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen und grenzt im Norden an eine Strasse und an die Eisenbahnlinie Richtung Toggenburg. Das gilt auch für den Westen, nur liegt da noch ein grosser, öffentlicher Parkplatz dazwischen. Im Osten grenzen die Liegenschaften des Spitals Linth an, die sich den Umgang mit vulnerablen Personen gewohnt sind. Im Süden trennt eine breite Kantonsstrasse das PZL vom Einfamilienhausquartier rund um die Tönierstrasse ab. Das Wohnquartier ist an schöner Hanglage nach Süden ausgerichtet. Der Gemeinderat stellt sich die Frage, ob nicht eher die Kantonsstrasse einen spürbaren Einschnitt in die Wohnqualität bedeutet als das gelegentliche Treffen auf Vertriebene aus aller Herren Länder.

Vor diesem Hintergrund (ob das PZL erworben werden kann, ist nicht gesichert; befristetes Asylzentrum wird mitgetragen) setzt der Gemeinderat alles daran, die Bestimmungen im Mietverhältnis ganz in den Fokus der Interessen der Uzner Bevölkerung zu stellen.

3. Forderungen des Gemeinderats an das Migrationsamt

Am 26. Januar hat der Gemeinderat erstmals von der Absicht des Migrationsamts Kenntnis genommen, im PZL für zwei Jahre ein Asylzentrum betreiben zu wollen. Am 4. März haben erste Verhandlungsgespräche zwischen dem Migrationsamt und dem Zweckverband stattgefunden. Der Gemeindepräsident Uznach hat an diesem Erstgespräch teilnehmen dürfen. Die vom Gemeinderat vorgängig ausformulierten Forderungen für einen möglichen Betrieb eines Asylzentrums haben so direkt eingebracht werden können. Diese lauten sinngemäss wie folgt:

  1. Der Mietvertrag wird auf zwei Jahre befristet abgeschlossen.
  2. Die Anzahl Plätze muss beschränkt sein. Das Pflegezentrum würde gemäss ersten Erkenntnissen Platz für rund 200, maximal 250 Hilfesuchende bieten. Der Gemeinderat fordert eine Maximalbelegung von durchschnittlich 100 und nicht mehr als 140 Personen. Es dürfen lediglich dann maximal 160 Personen sein, wenn es sich vorwiegend um Flüchtlinge aus der Ukraine handelt. Denn der Rat sieht sich aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine in der Pflicht, für Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine mehr Platz zur Verfügung zu stellen.
  3. Es sollen nach Möglichkeit primär Familien oder Mütter mit Kindern aufgenommen werden, wobei Familien oder Mütter mit Kindern stets mindestens zwei Drittel der Belegung auszumachen haben.
  4. Eine lückenlose Betreuung der Asylsuchenden (24-Stundenbetrieb) in engem Kontakt mit der Kantonspolizei ist für den Gemeinderat selbstverständlich.
  5. Es werden notwendige Beschäftigungsprogramme hochgefahren.
  6. Die Bevölkerung soll weiterhin möglichst aktuell informiert werden und ihre Ängste und Ansprüche unbürokratisch einbringen dürfen (siehe Punkt 4); dazu gehören auch regelmässige Tischgespräche nach Bezug des Heims.

4. Information der Bevölkerung

Die Medienmitteilung des Sicherheits- und Justizdepartementes vom 16. Februar hat in der Bevölkerung zu einer erheblichen Verunsicherung geführt. Der Gemeinderat hat deshalb das Migrationsamt aufgefordert, vor weiteren bzw. definitiven Verhandlungsschritten mit der Uzner Bevölkerung in einen Dialog zu treten und umfassend zu informieren. Damit ist auch die Möglichkeit gewahrt, neue, konstruktive Ideen aus dem Kreis der Bürgerschaft aufzunehmen.

Im Frühling 2022 wird daher in Anwesenheit von Regierungsrat Fredy Fässler eine Informationsveranstaltung in Uznach stattfinden. Sobald der Termin bekannt ist, wird dieser kommuniziert werden. Dabei wird umfassend informiert, was durch den Kanton geleistet wird, damit die Asylsuchenden optimal auf einen späteren Aufenthalt in einer anderen Gemeinde vorbereitet sind.

5. Uznach übernimmt Verantwortung

Die Erfüllung von Staatsausgaben ist für Kanton wie Gemeinde nicht immer ein «Zuckerschlecken». Wenig überraschend steht der Gemeinderat aus Teilen der Bevölkerung wie auch medial unter grossem Druck. Gleichwohl glaubt er, dass die Bevölkerung von Uznach dieser Herausforderung gewachsen ist und mit dieser Verantwortung umzugehen weiss.

Gehen wir wieder einen Schritt aufeinander zu, es lohnt sich. Vielen Dank.

Gemeinderat Uznach