Der Gemeinderat Uznach schreibt:
«Der Wirbel um die allfällige Einrichtung eines provisorischen Asylzentrums im Pflegezentrum wird folgenden Realitäten nicht gerecht:
- das Pflegezentrum taugt zurzeit nicht als Langzeitpflegeinstitution;
- die Zwischennutzung als Asylzentrum ist zeitlich befristet;
- ein Asylzentrum wird kaum negative Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Gemeinde von Uznach haben. Aber der Reihe nach:
1. Schliessung Pflegezentrum
Der Zweckverband PZL hat über drei Jahre lang mehrfach den Prozess der Reorganisation (Reduktion von 3 auf 2 Stationen ab September 2019, Suche nach einem Kooperationspartner ab Mitte 2020) und die Ankündigung der Schliessung (Oktober 2021) auf Ende März 2022 kommuniziert. In der LinthSicht November 2021 ist ausführlich über die Gründe der Einstellung des Pflegebetriebs berichtet worden. Der letzte Bewohner hat nun bereits anfangs Februar das PZL verlassen und ist nach Hause zurückgekehrt.
Das Angebot von konventionellen Alterspflegeplätzen ist keine Aufgabe mehr, die regional organisiert werden will. Jedes Altersheim in den Gemeinden ist heute eine Einrichtung zur Pflege über alle Stufen und kann als «Pflegeheim» bezeichnet werden. Das PZL steht dabei im Wettbewerb mit den eigenen Heimen der Mitgliedgemeinden mit schwierigen Randbedingungen: es fehlen moderne (Einzel-)Zimmer mit Nasszellen ebenso wie adäquate Ess- oder Aufenthaltsbereiche. Das Raumkonzept stammt aus dem 19. Jahrhundert und erschwert die Bewirtschaftung. Immer mehr Zimmer sind leer geblieben, weil sie nicht länger den Bedürfnissen der älteren Bevölkerung entsprechen.
Der Zweckverband hat nun die Aufgabe, eine neue Nutzung zu finden, die dem Zweckartikel entspricht, den Zweckartikel zu ändern oder die Liegenschaft zu veräussern.
2. Kaufangebot Pflegezentrum eingereicht
Der Gemeinderat hat dem Zweckverband PZL am 19.01.2022 ein Kaufangebot über die Liegenschaft resp. Parzelle Nr. 1551 unterbreitet. Dieses berücksichtigt die Rückbaukosten ebenso wie den Vorbehalt der Zustimmung der Bürgerschaft zum Kaufgeschäft. Der Zweckverband wird das Kaufangebot prüfen und dem Gemeinderat zu gegebener Zeit Rückmeldung geben.
3. Zwischenlösungen sind gefragt
Der Zweckverband hat die Aufgabe, den Schaden aus der Betriebseinstellung zu mindern. Denn noch besteht Abschreibungsbedarf und ein leerstehendes Gebäude dieser Dimension generiert erheblichen Unterhaltsaufwand, um Stillstand-Schäden zu verhindern. Es sind also gute Ideen für Zwischennutzungen gefragt, die zumindest eine kostendeckende Miete einfahren. Der Kanton hat die Gelegenheit erkannt und eine Zwischennutzung als Asylzentrum angeboten. Er hat dies übrigens 2015 bereits in Weesen und 2016 in Amden getan (vgl. Ziffer 6).
Für eine Zwischennutzung durch die Gemeinde fehlen dem Gemeinderat so kurzfristig nicht nur die passenden Konzepte, sondern auch die notwendigen Budgetkompetenzen. Neue Konzepte wie ein Gesundheitszentrum oder moderne Wohnformen im Alter brauchen einen Planungshorizont von mehreren Jahren inkl. Planungs- und Baukredite und die begleitenden politischen Prozesse. Man bedenke, dass die Gemeinde Uznach lediglich Miteigentümerin der Liegenschaft ist und nicht über Nutzung oder Nicht-Nutzung bestimmen kann.
Mit der Umfrage zu neuen Wohnformen im Alter (Beilage zu LinthSicht Februar Ausgabe) will der Gemeinderat wissen, welche Wohnangebote die Uzner Bevölkerung bevorzugt. Und mit der Machbarkeitsstudie Erweiterung Altersheim Städtchen und dem Kaufangebot Pflegezentrum will er herausfinden, welche Standorte dazu möglich sind. Solange diese Grundlagen nicht vorhanden sind, kann der Gemeinderat keine fundierten Alternativen zur Zwischennutzung aus dem Hut zaubern.
4. Solidarität bei der Erfüllung von Staatsaufgaben
Der Gemeinderat will sich ohne eigene alternative Vorschläge nicht gegen die Zwischennutzung als Asylzentrum wehren. Die Gemeinde hat eine humanitäre Verpflichtung, Menschen in Not beizustehen. Wenn geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die vorderhand nicht anderen, gleichwertigen Zwecken dienen können, sollen die Räumlichkeiten unter gewissen Bedingungen und Auflagen (vgl. Ziffer 5) dem Migrationsamt vermietet werden, das die Aufgaben von Gesetzes wegen erfüllt.
Die Erfahrungen mit den Asylunterkünften Weesen und Amden (vgl. Ziffer 6) sind trotz anfänglicher Befürchtungen durchaus positiv. Die Asylsuchenden werden eng betreut und auf die Integration sprich das Zusammenleben in unserer Gesellschaft intensiv vorbereitet. Das Migrationsamt hat viel Erfahrung und ist äusserst interessiert, dass es zu keinen negativen Auswirkungen für die Standortgemeinden kommt. Wären die Nachteile für die Standortgemeinde spürbar, würde das Migrationsamt riskieren, keine Ersatzstandorte mehr mieten zu können.
Die Zwischennutzung für zwei Jahre gibt der Gemeinde die Möglichkeit, die Kaufverhandlungen voranzutreiben und dem Ergebnis entsprechend alternative Vorschläge zu erarbeiten.
Während des Betriebs des Asylzentrums «muss» die Standortgemeinde keine Asylsuchende aufnehmen, weil die Asylsuchenden im Asylzentrum der Standortgemeinde ohne Verpflichtung zu 40% angerechnet werden.
5. Vertragsbedingungen minimieren Nachteile für Uznach
Der Zweckverband hat beschlossen, dass die Standortgemeinde in den Vertragsverhandlungen mit dem Kanton eingebunden werden muss. Der Gemeinderat wird sich dabei dafür einsetzen, dass der Betrieb nicht zum Nachteil für Uznach gereicht. Es fordert klare Regelungen bzgl. befristeter Dauer mit der Möglichkeit, bei Missständen vorzeitig die Kündigung einzureichen, bezgl. Betreuung, Anzahl Asylsuchender und Information und Einbindung der Bevölkerung. Er wird sich dabei auf die Erfahrungen aus Amden und Weesen abstützen.
Der Gemeinderat geht davon aus, dass Zweckverband wie Kanton im Einklang mit den Ergebnissen der Vertragsverhandlungen breit informieren und zu einem Informationsanlass in Uznach einladen werden.
Wenn die gewünschten Vertragsbedingungen Konsens finden, ist die Bevölkerung eingeladen, dem Asylzentrum und den dort Zuflucht suchenden Menschen offen entgegen zu treten, sich mit eigenen Augen ein Bild zu machen und allen die Chance zu geben, sich zu bewähren. Und selbst wenn es den einen oder anderen Ausreisser geben wird, zeigt die Erfahrung, dass die ganz grosse Mehrheit die Gastfreundschaft schätzt und sich nach Kräften bemüht, die damit verbundenen Erwartungen zu erfüllen.
6. Blick über die Gemeindegrenzen
2015 ist in Weesen für 65 bis 85 Personen eine Asylunterkunft im aufgegebenen Alters- und Pflegeheim Pelikan eingerichtet worden. Die anfängliche Skepsis ist angesichts des anstandslosen Betriebs schnell grosser Anteilnahme der Bevölkerung gewichen. 19 der Asylsuchenden sind nach der Schliessung Ende 2015 direkt nach Amden in die neu eröffnete Asylunterkunft im ehemaligen Kurhaus Bergruh gezogen.
Die Ankündigung, dass in der Bergruh eine Asylunterkunft geplant sei, hat in Amden für viel Aufruhr gesorgt, der über die Region hinaus für negative Schlagzeilen gesorgt hat. Diese Schlagzeilen sind passé, der Betrieb mit durchschnittlich 100 Personen läuft ohne massgebliche Beanstandungen, die Anteilnahme der Bevölkerung ist gross. Es heisst, man merke nicht einmal, dass zeitweise über 100 Asylsuchende dort untergebracht seien – und das in einem Dorf mit weniger als 1'500 Personen rund um das Zentrum herum.
Die Bedenken in beiden Gemeinden waren sehr ähnlich und sind mit den Befürchtungen in Uznach vergleichbar. Der Gemeinderat ist daher überzeugt, dass eine Gemeinde mit 6'500 Einwohnenden es wie Weesen und Amden schaffen wird, den Asylsuchenden zwischen Spital, Bahngleisen und Hauptstrasse vorübergehend Schutz und Halt zu bieten.
7. Chronologie
- 2019 bis 2022: Information Betriebsreduktion bis Betriebsschliessung Pflegezentrum.
- 01.2022: Gemeinderat reicht Kaufangebot für Pflegezentrum ein.
- 01.2022: Gemeinderat erfährt vom Ersuchen des Migrationsamts, Pflegezentrum vorübergehend als Asylzentrum betreiben zu können.
- 02.2022: Letzter Bewohner verlässt Pflegezentrum.
- 02.2022: Kanton und Zweckverband informieren über Absicht, in Uznach im Pflegezentrum ein Asylzentrum zu errichten.»