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Kolumne
31.05.2025
31.05.2025 06:43 Uhr

Börse: Hin und Her mit US-Zöllen

Die Börsen hoffen laut Christopher Chandiramani auf eine etwas logischere Zollstrategie oder eine erfolgreiche Verhandlungsdiplomatie.
Die Börsen hoffen laut Christopher Chandiramani auf eine etwas logischere Zollstrategie oder eine erfolgreiche Verhandlungsdiplomatie. Bild: Linth24
Innert eines Tages entschieden US-Gerichte über Trumps Einfuhrzölle, erst ein Verbot, dann dessen Aufhebung. SMI in Kurzwoche wenig verändert: 12'227 Punkte. Handelsvolumen tiefer.

Das Gericht für internationalen Handel in New York hat fast alle von Donald Trump verhängten Zölle für rechtswidrig erklärt. Eine bittere Niederlage für den US-Präsidenten. Es sei weder auf Notrecht noch auf Kriegsrecht (Sicherheit) basierend. Die Regierung legte umgehend Berufung gegen. Die nächste Instanz hat das Verbot wieder aufgehoben. Die Zölle wurden wieder in Kraft gesetzt. Das Oberste US-Gericht dürfte später definitiv entscheiden.

Der Unternehmer Techmilliardär Elon Musk verlässt die amerikanische Politik. Der Tesla- und SpaceX-Konzernchef zieht sich wie angekündigt zurück. Viele Ziele wurden nicht erreicht, beispielsweise der Abbau des Beamtenapparates. Musk leidet zurzeit auch unter dem Verkaufsschwund seiner E-Autos Tesla.

Die US-Zölle setzen Schweizer Exportfirmen unter Druck. Dank Ausnahmen für die Pharma- und Chemiebranche blieb die Schweiz etwas verschont. Besonders angespannt ist die Situation für Stahl, Aluminium und Autozulieferer. Der Bundesrat rechnet jedoch nicht mit einem grossen Wirtschaftseinbruch und unterstützt Unternehmen durch Beiträge an verlängerte Kurzarbeit. Zu schaffen macht der Exportindustrie auch die Frankenstärke.

Die Inflationsrate in Deutschland lag im April 2025 bei 2.1 Prozent, somit haben sich die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat nur geringfügig verändert im Vergleich zum Vormonat, gibt Spielraum für die EZB bezüglich Zinsen.

Basel lockt weitere Pharmamultis an. Obwohl der US-Präsident mit niedrigen Steuern um internationale Konzerne buhlt, verlegt das amerikanisch-chinesische Pharmaunternehmen Be One Medicines seinen Sitz nach Basel.

Der Bergsturz im Lötschental (Blatten) macht traurig und betroffen. Es dürfte sich um einen Milliardenschaden handeln. Die Versicherungen sind vorbereitet. Im Kanton Wallis ist eine Gebäudeversicherung im Gegensatz zu anderen Kantonen nicht obligatorisch.

Unternehmensnachrichten

Der Solarhersteller Meyer Burger stoppt die Produktion in den USA. Billige Konkurrenz aus China macht dem Schweizer Unternehmen zu schaffen. Wegen fehlender finanzieller Mittel wird es gezwungen, seine noch im Anlauf befindliche Solarmodulproduktion in den USA zu stoppen. Den 282 Mitarbeitenden wurde gekündigt.

Der Pharmazulieferer Dottikon ES hat die Börse überrascht. Die Aktie machte einen Kurssprung. Statt eines erwarteten Rückgangs für das Geschäftsjahr 2024/25 hat der Gewinn zugelegt. Es resultierte ein Reingewinn von CHF 105.6 Mio. Das ist fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Aber Dividenden gibt es bis auf weiteres keine.

Die Grossbank UBS teilt mit, dass sie ihr Aktienrückkaufprogramm abgeschlossen hat. Seit Anfang April 2024 wurden knapp 63.8 Mio. Aktien im Wert von USD 2 Mrd. zurückgekauft. Aktienkäufe für weitere 2 Mrd. im zweiten Halbjahr hat UBS vom Ergebnis der Diskussion über verschärfte Eigenmittelanforderungen abhängig gemacht.

Der Chemiekonzern Clariant ist mit einer Schadensersatzklage im Zusammenhang mit Ethylen-Preisabsprachen konfrontiert. Der österreichische Ölkonzern OMV hat gegen insgesamt vier Unternehmen eine Klage eingereicht und macht Schäden in Höhe von rund EUR 1 Mrd. geltend. Clariant weist Vorwürfe und Ansprüche zurück.

Der Tourismusentwickler und Hotelbetreiber Orascom wird sich vom Handel an der Schweizer Börse verabschieden. Die SIX Exchange hat die Dekotierung der Namenaktien des Konzerns genehmigt. Der letzte Handelstag wurde auf den 4. Juni festgelegt. Die Dekotierung beschlossen die Aktionäre an der ordentlichen Generalversammlung vom 8. Mai.

Der Augenheilspezialist Alcon hat zum ersten Mal seit der Verselbständigung die Zulassung für ein neues Medikament erhalten. Die US-Arzneimittelbehörde FDA dem Medikament Tryptyr gegen trockene Augen die Zulassung erteilt.

Der Baustoffkonzern Holcim baut für rund EUR 400 Mio. eine neue Zementfabrik in Griechenland. Diese soll ab 2029 jährlich 2 Mio. Tonnen umweltfreundlichen Zement herstellen.

Aussichten

Die US-Aussenpolitik bleibt weiterhin voller Überraschungen. Die Börsen haben sich seit ihren Tiefstkursen erholt in der Hoffnung, dass die Zollstrategie etwas logischer wird oder generell die Verhandlungsdiplomatie Erfolg hat. Unter der Annahme, dass sich der internationale Handelskonflikt nicht weiter verschärft, erwartet die Konjunkturforschungsstelle ETH KOF für 2025 einen Anstieg des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) um 1.4 Prozent. Für 2026 wird eine BIP-Zunahme von 1.9 Prozent prognostiziert. Im Moment sind auch die Erwartungen gut für den Schweizer Tourismus trotz Frankenstärke.

Die momentane verhaltene Kursentwicklung an der Börse wird durch das Ende der Generalversammlungs- und Dividendensaison ohne neue Infos beeinflusst. Positiv wäre eine weitere Lockerung der Geldpolitik, Leitzinssenkungen der Notenbanken. Der Franken bleibt stark – die Schweiz möchte Negativzinsen vermeiden. Energiepreise, vor allem Öl, fallen zurzeit und lassen die Inflation noch etwas zurückgehen.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24