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Kanton
17.05.2024
16.05.2024 18:16 Uhr

Längere Ladenöffnung erlauben

Die St.Galler Regierung schlägt eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten um 1 Stunde vor. Das sorgt für Reaktionen bei zwei Parteien. (Symbolbild)
Die St.Galler Regierung schlägt eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten um 1 Stunde vor. Das sorgt für Reaktionen bei zwei Parteien. (Symbolbild) Bild: pd
Die Regierung will, dass Läden des Detailhandels im Kanton St.Gallen abends eine Stunde länger geöffnet sein dürfen als bisher, wie in Nachbarkantonen. SP und FDP sind unzufrieden.

Das Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung vom 29. Juni 2004 sieht in der heute geltenden Fassung vor, dass die Läden des Detailhandels von Montag bis Freitag von 6 bis 19 Uhr geöffnet sein dürfen; am Samstag sowie am Vortag von Karfreitag, Weihnachtstag und Neujahr von 6 bis 17 Uhr. Die politischen Gemeinden können durch Reglement die Ladenöffnung einmal je Woche bis 21 Uhr zulassen (sogenannter Abendverkauf).

Am 17. Februar 2021 hat der Kantonsrat die Motion 42.20.25 «Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten» gutgeheissen. Die Ladenöffnungszeiten sollen dauerhaft flexibler werden. Die Regierung unterbreitet dem Kantonsrat mit einem III. Nachtrag nun einen Vorschlag, wie das Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung angepasst werden könnte.

Nur moderate Ausdehnung wegen Vernehmlassung

Die Regierung möchte die heute geltenden Öffnungszeiten moderat ausdehnen. Grund für die moderate Ausdehnung sind die Ergebnisse der Vernehmlassung. Eine weitergehende Flexibilisierung beziehungsweise Aufhebung der Ladenöffnungszeiten ist in der Vernehmlassung mehrheitlich auf Ablehnung gestossen.

Die Regierung sieht vor, dass die Läden des Detailhandels am Abend je eine Stunde länger geöffnet sein dürfen, das heisst von Montag bis Freitag bis 20 Uhr und am Samstag beziehungsweise am Vortag von Karfreitag, Weihnachtstag und Neujahr bis 18 Uhr. Im Gegenzug sollen die politischen Gemeinden keinen wöchentlichen Abendverkauf mehr bewilligen können. Was die Sonntagsarbeit betrifft, vertritt die Regierung eine klare Haltung: Sie hält am Grundsatz fest, dass die allermeisten Läden des Detailhandels am öffentlichen Ruhetag geschlossen sind.

Staatskanzlei Kanton St.Gallen

«Weitere Verschlechterung» für SP «inakzeptabel»

In ihrer gestrigen Mitteilung schlägt die Regierung eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten im ganzen Kanton um eine Stunde täglich vor. Läden des Detailhandels sollen damit an Wochentagen bis 20 Uhr und an Samstagen sowie vor hohen Feiertagen bis 18 Uhr geöffnet haben dürfen. Für die ArbeitnehmerInnen bedeutet dies längere Arbeitstage und weniger Familien- und Freizeit.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie verunmöglicht

Die SP ist klar gegen diese weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten. Ein späteres Arbeitsende erschwert oder verunmöglicht gar die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da dem späteren Arbeitsende die Realität der Schliessungszeiten der Kinderbetreuungsangebote entgegensteht: Die Betreuung der Kinder in Kinderkrippen und schulergänzenden Betreuungsangeboten ist nicht bis nach 20:00 Uhr gewährleistet. Dazu kommen Einschränkungen in der Freizeitgestaltung. Viele Aktivitäten in Vereinen und freiwillige Engagements sind damit nicht mehr möglich.

Im Detailhandel wird dem ArbeitnehmerInnen-Schutz ohnehin wenig Rechnung getragen. Die Löhne sind tief, es existiert kein Gesamtarbeitsvertrag und die Arbeitszeiten sind heute schon schwer vereinbar mit dem Familienleben. Eine weitere Verschlechterung ist inakzeptabel.

Bedürfnis der Grossverteiler – Mehrkosten für kleinere Läden

Die längeren Ladenöffnungszeiten entsprechen einzig dem Bedürfnis der Grossverteiler. Für die kleineren Läden bringen diese keine Nutzen, sondern führen vielmehr zu nicht tragbaren Mehrkosten. Dies hat zur Folge, dass kleinere Läden nicht länger offen haben können – und es verschärft sich der Konkurrenzkampf mit den Grossverteilern. Einseitig zu Lasten der Mitarbeitenden die Arbeitszeit zu verlängern, um ein allfälliges Kundenbedürfnis zu befriedigen, das sowieso bestritten ist, kommt für die SP nicht infrage. Die SP sieht schlicht keinen Bedarf für längere Ladenöffnungszeiten.

SP Kanton St.Gallen

FDP: Vollständige Flexibilisierung für Freiheit

Ladenschluss werktags um 20 Uhr, samstags um 18 Uhr: Die Regierung kündigte gestern an, die Ladenöffnungszeiten im Kanton St.Gallen um eine Stunde verlängern zu wollen. Der FDP geht das zu wenig weit. Nur eine vollständige Flexibilisierung stoppt den heutigen Regulierungsdschungel und stärkt die Entscheidungsfreiheit von Detailhandel und Kundschaft.

Gleichlange Spiesse für St.Galler Detailhandel

Laut dem Schweizerischen Gewerbeverband sind unpraktische Ladenöffnungszeiten ein wichtiger Grund für übermässigen Einkauftourismus. Gleiches gilt für Einkäufe in den benachbarten Kantonen sowie die Verlagerung in den Online-Handel.

Die vollständige Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten ist somit eine wirksame Gegenmassnahme und stärkt unseren St.Galler Detailhandel. Denn die derzeitigen Probleme können nicht bestritten werden: In Wil weicht die Kundschaft nach Ladenschluss nach Rickenbach, in Rapperswil-Jona nach Pfäffikon, in Bad Ragaz nach Landquart, in Buchs ins Fürstentum Liechtenstein und in der Region Rorschach nach Arbon aus. Die Covid-19-Pandemie hat die Substitution des stationären Detailhandels durch den Online-Handel zudem sprunghaft erhöht. Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen ist – sowohl zugunsten der Bevölkerung als auch der Gewerbetreibenden – angezeigt.

Entscheidungsfreiheit für Läden und Kunden

Die derzeitigen Regulierungen engen sämtlichen Gestaltungsspielraum stark ein. Starre Modelle sind heutzutage jedoch nicht mehr gefragt. Jeder Mensch will frei entscheiden, wann er arbeiten, einkaufen oder wie er seine Freizeit gestalten möchte. Diesem Freiheitsdrang muss, unter Wahrung der Interessen aller, Rechnung getragen werden.

Hierbei gilt es zu betonen, dass es sich bei der Flexibilisierung, wie es der Begriff schon sagt, nicht um eine Vorschrift, sondern um verbesserte Rahmenbedingungen handelt. Es bleibt jedem Laden selbst überlassen, ob die neue Möglichkeit genutzt oder die bisherigen Öffnungszeiten beibehalten werden. Im Rahmen dieser unternehmerischen Freiheit kann der Detailhandel somit die Öffnungszeiten den regionalen Gegebenheiten und den Bedürfnissen der Kundschaft anpassen. Die FDP ist klar der Meinung, dass die Festlegung der Öffnungszeiten, unter Einhaltung des Arbeitsgesetzes, durch die Ladenbesitzerinnen und -besitzer zweckmässiger und zielgerichteter erfolgen kann als durch eine starre gesetzliche Regulierung. Die Regulierung der Ladenöffnungszeiten ist schlicht keine Staatsaufgabe!

Fortschritt ermöglichen statt Marktabschottung

Der Blick über die Kantonsgrenze zeigt: Eine Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten ist unproblematisch: Zürich, beide Appenzell, Graubünden, Glarus und Baden-Württemberg kennen keine zusätzlichen Vorschriften, im Thurgau ist spätestens um 22:00 Uhr und im Fürstentum Liechtenstein spätestens um 21:00 Uhr Ladenschluss.

Dementsprechend wird die FDP-Kantonsratsfraktion auch in der Ratsdebatte eine vollständige Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten für den St.Galler Detailhandel fordern und betont nicht zuletzt, dass starre Rahmenbedingungen jegliche Innovation verhindern und das Erfolgsmodell Schweiz schwächen. Nicht alle werden die neuen Möglichkeiten nutzen – die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Innovative Ideen sollen dadurch jedoch nicht ausgebremst, sondern ebenfalls ermöglicht werden. Es wäre «unschweizerisch», am jetzigen Modell festzuhalten und sich damit als Innovationsstandort rückwärts gerichtet zu positionieren. Im vorliegenden Umfeld – Ausland, angrenzende Kantone, Online-Shops – verspricht eine protektionistische Haltung keine Erfolgsaussichten. Der Ruf nach staatlicher Marktabschottung ist nicht nachvollziehbar, da dieser zu Einkaufstourismus ins Umland führt und niemandem hilft.

FDP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Redaktion Linth24