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22.02.2024
22.02.2024 19:58 Uhr

Naturschutz bei Bombenalarm

Die USPB/BirdLife Ukraine wertet in einem Projekt die Jelanezker Steppe im Süden des Landes auf. Hier soll dereinst auch ein neues Naturschutzzentrum entstehen.
Die USPB/BirdLife Ukraine wertet in einem Projekt die Jelanezker Steppe im Süden des Landes auf. Hier soll dereinst auch ein neues Naturschutzzentrum entstehen. Bild: USPB/BirdLife Ukraine
Trotz der russischen Invasion seit zwei Jahren versucht USPB/BirdLife Ukraine weiter, wichtige Naturschutzprojekte voranzutreiben, auch bei Bombenalarm. BirdLife Schweiz hilft.

Seit Beginn der russischen Invasion vor zwei Jahren ist für den ukrainischen BirdLife-Partner alles anders. «Zum einen mussten wir leider kriegsbedingt grosse Naturschutzprojekte z.B. in der Region Polissja einstellen», sagt Oleg Dudkin, Direktor der engagierten Naturschutzorganisation USPB/BirdLife Ukraine. «Zum anderen wurde die Finanzierung von geplanten Projekten von einem Tag auf den anderen gestrichen.» Ein Teil der Mitarbeitenden flüchtete ins Ausland und kam teils beim polnischen BirdLife-Partner unter.

Schwierige Verhältnisse vor Ort

Die verbliebenen Mitarbeitenden sind mit unvorstellbar schwierigen Verhältnissen konfrontiert. Und dennoch arbeiten viele BirdLife-Angestellte und Freiwillige mit grossartiger Resilienz weiter an ihren Projekten. «Dafür verdienen sie unsere Bewunderung und Unterstützung», sagt Raffael Ayé, Geschäftsführer von BirdLife Schweiz.

Aufwertung Feuchtgebiets «Wolf Hill»

Eines der trotz täglichem Bombenalarm laufenden Projekte ist die ökologische Aufwertung Feuchtgebiets «Wolf Hill» bei Sarny im Nordwesten der Ukraine. BirdLife Schweiz hatte das Projekt dank vielen Spenderinnen und Spendern letztes Jahr finanziell unterstützt. Ein weiteres Projekt läuft im Süden des Landes, wo es um den Schutz einer der letzten Steppen des Landes geht. Am gleichen Ort plant die USPB/BirdLife Ukraine auch ein neues Informationszentrum. Ein anderes wichtiges BirdLife-Projekt widmet sich dem Schutz des weltweit bedrohten Seggenrohrsängers.

«Wenn ich daran denke, wie unser ukrainischer BirdLife-Partner unter diesen schwierigen Umständen weiterhin Projekte durchführt und das Beste aus der Situation macht, dann zerreisst es mir fast das Herz», sagt Raffael Ayé. «Die Arbeit zugunsten der Biodiversität schenkt den Menschen auch ein Stück Normalität während des Krieges.» Er habe mehrfach erlebt, dass der Direktor der USPB/BirdLife Ukraine ihn aus dem Schutzraum während eines Bombenalarms kontaktierte und weiter an seinen Projekten arbeitete.

Spenden für wichtige Naturschutzprojekte

BirdLife Schweiz konnte 2023 neben dem bereits erwähnten Projekt bei Sarny 2023 dank Spenden aus der Bevölkerung auch weitere Projekte in der Ukraine unterstützen. Für BirdLife Schweiz ist klar, dass Geldspenden nicht nur der Natur, sondern auch den Menschen in diesen Regionen auf unterschiedliche Art helfen, sei es, dass sie weiterhin einer sinnstiftenden Erwerbstätigkeit nachgehen können oder dass sie in der Natur einen Ausgleich zur harschen Kriegsrealität finden.

Sammelaktion für vier Projekte

Zum zweiten Jahrestag der Invasion, sammelt BirdLife Schweiz für vier Projekte Geld zugunsten von USPB/BirdLife Ukraine. 

Weitere Renaturierungsarbeiten im Naturschutzgebiet «Wolf Hill» bei Sarny

2023 konnte die USPB/BirdLife Ukraine im 89 Hektaren grossen Vogelreservat mit Hilfe von BirdLife Schweiz bereits grössere Aufwertungsarbeiten durchführen: Sie baggerte die Kanäle aus und reparierte Wege und Schleusen. Dies war wichtig für den Wasserhaushalt des Feuchtgebiets. Nun sollen auch Teile des 50 Hektaren grossen Sees von Schlamm befreit werden, damit der See nicht verlandet. Zukünftig soll im Gebiet ein sogenannter Ökopark geprüft werden, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und Naturbeobachtungen zu ermöglichen. Dies soll auch die psychologische Rehabilitation von Kindern und Erwachsenen fördern, die direkt oder indirekt von den Kämpfen in der Ukraine betroffen sind.

Renaturierungsarbeiten in der Jelanezker Steppe

Im Süden der Ukraine befindet sich das über 16 km² grosse Naturschutzgebiet «Jelanezker-Steppe», das aus einem natürlichen Steppenkomplex besteht. Seit den 1970er-Jahren gibt es im Gebiet einen eingezäunten Bereich, in dem Bisons, Kulane (Wildesel), Hirsche und Mufflons halbfrei gehalten wurden, um die Steppe zu erhalten. Dank Geldern von BirdLife Schweiz konnte ein Teil des Gebiets bereits von standortfremden Bäumen befreit werden. Diese Arbeiten sollen fortgeführt werden. Zudem muss der Gehegezaun repariert werden, der während des Krieges zerstört wurde. Die Beweidung durch Grossherbivoren zum Schutz des Lebensraums soll damit zukünftig wieder ermöglicht werden. Mitbeteiligt am Projekt sind der deutsche BirdLife-Partner NABU, der Tierpark Berlin und der Berliner Zoo.

Vorbereitungsarbeiten für die Renovation oder den Neubau eines Naturschutzzentrums

Auf dem Gebiet des Naturschutzgebietes «Jelanezker-Steppe» wurde noch in der Sowjetzeit das «Haus der Natur» gebaut, das sich derzeit in einem baufälligen Zustand befindet. Das Gebäude eignet sich hervorragend als Besucherzentrum zum Thema der Steppen-Lebensräume in der südlichen Ukraine. Für seine Restaurierung ist es notwendig, eine Untersuchung und Bewertung des Gebäudezustands vorzunehmen und eine Entwurfs- und Kostenvoranschlagsdokumentation zu erstellen. Es handelt sich bislang um das einzige Gebäude im Süden der Ukraine, das sich ideal für Umweltbildung eignet.

Artenförderung des weltweit bedrohten Seggenrohrsängers im Gebiet Usivskyi

Im Supoy-Tal in der Region von Kiew gab es einen grossen Bestand des Seggenrohrsängers, eines seltenen Vogels, der auf der globalen Roten Liste steht. Es wurde jedoch festgestellt, dass der Wasserstand im Gebiet rapide sank und die Gebiete zunehmend verbuschten. Als Folge verringerte sich der Bestand des Seggenrohrsängers stark. Ziel des neuen Projekts von USPB/BirdLife Ukraine ist es, die Gründe herauszufinden und danach die Habitate durch geeignete Massnahmen wieder zu verbessern.

Weitere Infos: www.birdlife.ch

Zürioberland24/gg / Linth24