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Leserbrief
Eschenbach
27.08.2020
27.08.2020 19:26 Uhr

«Fragwürdiger Umgang mit dem Personal»

Maja Remini war als Pflegehelferin im Altersheim St. Gallenkappel angestellt.
Maja Remini war als Pflegehelferin im Altersheim St. Gallenkappel angestellt. Bild: Linth24
Nach der Mitteilung, dass der Heimleiter das Altersheim in St. Gallenkappel verlässt, erreichte Linth24 ein Leserbrief.

Nachfolgend publiziert Linth24 den Brief von Maja Remini, die im Alters- und Pflegeheim St. Gallenkappel als Pflegehelferin gearbeitet hat. Sie schreibt:

«Als ich in den Medien las «Altersheim-Chef vom Vorfall tief betroffen», löste es in meinem Innern eine emotionale Welle von Wut, aber auch von Traurigkeit aus. Dazu Folgendes: Vor ca. 5 Jahren war ich als Pflegehelferin in St. Gallenkappel angestellt. Ich hatte eine Situation angetroffen, zu dem der in den Medien beschriebene Fall der Schändung einer dementen Frau passt – und daraus eine geradezu logische Folge war.

Demütigung gegenüber einer Dementen

Ich wurde Zeugin einer Demütigung gegenüber einer dementen Bewohnerin. Ich war verpflichtet, diesen Vorfall weiterzuleiten, damit das nie wieder passiert. Zu diesem Zeitpunkt bekamen wir gerade eine neue Pflegedienstleiterin, V.K. Sie kam von einem Altersheim, wo ein Mann (auch) vom Personal gedemütigt wurde. Ich machte mit der Pflegedienstleitung einen Termin ab und gab ihr im Vertrauen meine schlimme Beobachtung weiter. Anfangs nahm sie meine Rückmeldung schockiert, aber auch dankend an, zumal sie gerade bei der vorgängigen Stelle eine ähnliche Situation antraf.

Es kam dann soweit, dass ich eine Einladung zu einer Anhörrunde mit dem Heimleiter, mit Gemeindepräsident J. Blöchlinger und mit V.K. bekam. Anwesend waren auch die zwei involvierten 'Täter'. Kurz gesagt, ich als pflichtbewusster Melder, wurde von der Obrigkeit zum «Schweigen gedrängt», den zwei 'Tätern' gewährt man Welpenschutz, beschäftige sie weiterhin als Pflegekräfte und zu guter Letzt kehrten sie den Vorfall unter den Tisch!

Keinen Maulkorb verpassen lassen

Ich habe noch in derselben Runde meine Kündigung eingereicht. Anschliessend befahl mir der Heimleiter, meine Kündigungszeit im Hause Mürtschen Eschenbach abzuarbeiten. Meine Antwort darauf: «Können Sie das verantworten, ich als Melder lasse mir keinen Maulkorb verpassen, so wäre es doch sinnvoller mich freizustellen.» Der Heimleiter ging kurz ins Büro, kam zurück mit einem Schreiben, dass alles abgegolten sei und ich jetzt gehen solle. Aber dies liess ich mir nach all dem Geschehen nicht gefallen und kämpfte um meine Rechte. Ich liess mich fristgerecht freistellen und bekam noch meine 3 Monate bezahlt.

Zum Insulin spritzen gezwungen

Auch musste ich als Pflegehelferin meine Kompetenzen überschreiten, wurde gezwungen, Insulin einem Bewohner zu spritzen. Ich wehrte mich dagegen. Damit konnte ich den gesetzlich vorgeschriebenen internen Kompetenz-Nachweis erbringen und war abgesichert.

Tja, so bekam ich am Schluss mein Arbeitszeugnis, natürlich war meine erworbene Zusatzfunktion Insulin spritzen nicht aufgeführt. So entschied ich mich, nach regem Briefaustausch mit dem Heimleiter, auf die Schlichtungsstelle zu gehen. Meine Worte wurden erhört und ich bekam von den Schlichtern Recht. Der Heimleiter  musste das Arbeitszeugnis wahrheitsgetreu anpassen. Traurig, dass es überhaupt so weit kommen musste.

Von der Obrigkeit belächelt

Ich hab mich damals beim Heimleiter sowie bei V.K. mit den Worten verabschiedet: «Euer Nicht handeln wird euch früher oder später einholen.» Dann aber werde es noch happiger sein als die erwähnten Fälle – oder das unprofessionelle Führen der Mitarbeitenden. Ich wurde von der Obrigkeit belächelt, aber parallel habe ich durch eine Mitarbeiterin erfahren, dass V.K. damals intern gesagt habe: «Ui, ui, wenn die Maja an die Öffentlichkeit geht, stehen wir hinter 'schwedischen Gardinen'.» Die Führungsriege im Heim St. Gallenkappel war sich also bewusst, was sie tat und dass ihr Verhalten Konsequenzen haben müsste. Das Verhalten zeugt von einem fragwürdigen Umgang mit dem Personal.

Weglaufen ist bequem

Die Schlagzeile, dass der Heimleiter geht, überraschte mich somit keinesfalls. Denn zu seinen Taten zu stehen, ist schwierig, weglaufen ist bequemer. Mich hat diese Schlagzeile dazu gezwungen, mein Erlebtes öffentlich mitzuteilen. Und ich wünsche mir, dass sich noch viele andere trauen, sich über die Heimführung zu äussern. Wir alle werden älter und sind auf eine liebevolle Pflege mit kompetenter Führung  angewiesen.»

Maja Remini aus Mollis