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Kanton
22.09.2023
21.09.2023 18:08 Uhr

Drei Fraktionen zur Herbstsession

Die Herbstsession fand vom 18. bis 20. September 2023 im St.Galler Kantonsratssaal statt.
Die Herbstsession fand vom 18. bis 20. September 2023 im St.Galler Kantonsratssaal statt. Bild: Christopher Chandiramani
Während der abgelaufenen Herbstsession 2023 fällte der St.Galler Kantonsrat einige wichtige Entscheide. Die Fraktionen von SVP, SP und Mitte-EVP blicken darauf zurück.

Migrations-Diskussion und Strassen-Entscheide freuen SVP

SVP-Fraktion besuchte die Kantonspolizei St.Gallen

Am Dienstagnachmittag standen die Fraktionsausflüge der Kantonsratsfraktionen an. In verschiedenen Vorstössen thematisierte die SVP-Fraktion die Herausforderungen bei der Kantonspolizei, um die Sicherheit unseres Kantons zu gewährleisten.

Deshalb nutzte die SVP-Fraktion den Fraktionsausflug für einen Besuch bei der Kantonspolizei. Nach spannenden Einblicken in vier Abteilungen der Kantonspolizei blieb genügend Zeit für einen Austausch mit dem Kommandanten und den Mitarbeitenden über politische Handlungsfelder. Die SVP-Fraktion wird diese Erkenntnisse aufnehmen und mit Vorstössen in die St.Galler Politik einfliessen lassen.

Drei dringliche Vorstösse zum Thema Migration eingereicht

Gemäss der Asylstatistik des Staatssekretariats für Migration sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mehr als 12'000 Asylgesuche in der Schweiz gestellt worden, was einem Anstieg von 43% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dazu kommt die hohe Zahl an Transitmigration, welche an der Ostgrenze bewältigt werden muss.

Die SVP-Fraktion ist äusserst besorgt über die aktuelle Entwicklung im Migrationsbereich und hat deshalb drei dringliche Interpellationen eingereicht. Eine Interpellation ging der Frage nach, wie der Grenzschutz an der Ostgrenze verbessert werden kann, um die Sicherheit unseres Landes gewährleisten zu können. In einer zweiten Interpellation stellte die SVP-Fraktion Fragen zu einem verhältnismässigen Verteilschlüssel von Personen des Asylbereichs auf die Gemeinden. Die dritte Interpellation betraf die Praxisänderung des Staatssekretariats für Migration (SEM), welche für Afghaninnen neu den Asylstatus statt wie bisher den Status der vorläufigen Aufnahme vergibt. Weil damit auch der sofortige Familiennachzug verbunden ist, befürchtet die SVP-Fraktion eine weitere Zunahme der Asylzahlen, da die Schweiz dadurch als Asylland attraktiver wird.

Erfreulicherweise sah auch der St.Galler Kantonsrat die Dringlichkeit der Asylthematik, weshalb zum Ende der Session eine ausführliche Diskussion zum Thema gutgeheissen und durchgeführt wurde.

Strassenbauprogramm: Kein Ausbremsen des Strassenverkehrs

Bei der Diskussion um das 18. Strassenbauprogramm gelang es, einen Verzicht auf Tempo 30-Zonen bei verkehrsorientierten Strassen im Strassenbauprogramm zu verankern. Eine dringliche Bearbeitung der Projektierung zu einem Strassentunnel in Rapperswil-Jona konnte zusätzlich ins Strassenbauprogramm aufgenommen werden, womit dem positiven Volksentscheid aus Rapperswil-Jona auf kantonaler Stufe nachgekommen werden konnte.

Dank der erfolgreichen Verhinderung weiterer Kürzungsanträge von linksgrüner Seite können die St.Galler Strassen auch in Zukunft den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden.

Universitätsgesetz: Parlament entmachtet sich selbst

Die Revision des Universitätsgesetzes sieht vor, dass die Wahl des Universitätsrats nicht mehr durch den Kantonsrat, sondern neu durch die Regierung vorgenommen wird. Aus Sicht der SVP-Fraktion hat sich die Wahl des Universitätsrats durch den Kantonsrat in der Vergangenheit bewährt, weshalb sie hier keine Notwendigkeit zu einer Änderung sieht.

Eine Mehrheit des Kantonsrates sah dies jedoch nicht so und möchte diese Kompetenz der Regierung übergeben, womit sich das Parlament in diesem Bereich selbst schwächt.

Immobilienstrategie: Entscheide wären überfällig

Nach einem Jahr in der vorberatenden Kommission kam die Immobilienstrategie der Sekundarstufe II in den Kantonsrat. Leider sah eine Mehrheit des Rates im Bericht keine geeignete Grundlage für eigentlich überfällige Entscheide. Die SVP-Fraktion hat im Rat die positiven Aspekte des Berichts hervorgehoben: Kompetenzzentren sollen gebildet und Synergien in Campuslösungen genutzt werden.

Für die Ausarbeitung einer künftigen Strategie für die Berufsfachschulen ist es essenziell, dass die verschiedenen Anspruchsgruppen frühzeitig und ergebnisoffen eingebunden werden. Nur so kann eine zukunftsfähige Berufsbildung im Kanton St.Gallen erreicht werden können.

SVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

SP: Freie Fahrt für Bürgerliche wichtiger als Lebensqualität

In der vorgestern beendeten Herbst-Session hat der Kantonsrat unter anderem über das 18. Strassenbauprogramm für die Jahre 2024 bis 2028 debattiert und die Motion der bürgerlichen Parteien gegen Tempo 30 auf verkehrsorientierten behandelt. Trotz Gegenwehr der SP und obwohl die Regierung Nichteintreten auf die Motion beantragt hatte, hat der Kantonsrat diese gutgeheissen. Die SP wird alle zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelastung dennoch voranzutreiben.

Das Konzept von Stadt und Kanton St.Gallen zur schrittweisen Temporeduktion auf Hauptstrassen in besonders lärmgeplagten Gebieten hatte die bürgerlichen Parteien im Februar dazu veranlasst, eine Motion gegen Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen einzureichen. Diese Motion wurde nun in der Herbst-Session des Kantonsrats behandelt. Trotz der Gegenwehr der SP und dem Antrag auf Nichteintreten der Regierung hat der bürgerlich dominierte Kantonsrat die Motion gutgeheissen. Die SP ist entschieden, alle Mittel auszuschöpfen, um die Umsetzung zu verhindern und so Anwohner:innen vor gesundheitsschädigendem Lärm sowie vor den Gefahren des nicht temporeduzierten Individualverkehrs zu schützen.

Gemeindestrassen Klasse 1 sind siedlungsorientiert

Neben den Kantonsstrassen betrifft die Motion der Bürgerlichen auch Gemeindestrassen der Klasse 1. Diese bezeichnen sie als verkehrsorientiert, obwohl sie, gerade in dicht besiedeltem Stadtgebiet, vor allem siedlungsorientiert sind. Das heisst, an Gemeindestrassen der Klasse 1 leben durchaus sehr viele Menschen, darunter auch Familien mit Kindern. Gerade für Kinder ist nicht nur die Lärmbelastung besonders schädlich, für sie ist es auch besonders wichtig, sich sicher auf den Strassen bewegen zu können.

Einmal mehr schrecken die bürgerlichen Parteien nicht davor zurück, die freie Fahrt für Autofahrer:innen höher zu gewichten als die Lebensqualität der Menschen in unserem Kanton. Die SP findet das befremdlich und kämpft weiterhin für Tempo 30 und damit für die Lebensqualität der Anwohner:innen.

Zubringer Güterbahnhof nicht gestrichen

Ebenso enttäuscht ist die SP über den negativen Entscheid des Kantonsrats gegenüber einem Antrag, der streichen wollte, dass die Projektierungsarbeiten mit Güterbahnhof und Tunnel Liebegg mit hoher Dringlichkeit bearbeitet werden. Davor war bereits die Streichung des Projekts «Zubringer Güterbahnhof Region» in St.Gallen aus dem 18. Strassenbauprogramm abgelehnt worden.

Krankenkassenprämien für alle bezahlbar

Erfreulich für die SP war die Antwort auf eine dringliche Interpellation zu den explodierenden Krankenkassenprämien. Die Regierung hält Wort und hat beschlossen, die Mittel für die Individuelle Prämienverbilligung (IPV) im Rahmen des gesetzlichen Maximalvolumes zu budgetieren.

«Über diesen Entscheid sind wir sehr froh für die Menschen im Kanton, die unter den ständig steigenden Prämien leiden», so Dario Sulzer, SP-Kantonsrat aus Wil.

SP fordert Sex-Skandal-Aufarbeitung

In einer dringlichen Interpellation forderte die SP Antworten von der Regierung nach der Rolle des Kantons hinsichtlich der im Rahmen einer gesamtschweizerischen Pilotstudie bekannt gewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch im Umfeld der katholischen Kirche.

Die Antworten der Regierung stimmen zuversichtlich mit Blick auf die Aufarbeitung. So will die Regierung die Rolle staatlicher Aufsichtsorgane bei der Analyse der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen im Kanton vertieft thematisieren. Bezüglich einer unabhängigen Anlaufstelle für Betroffene verweist die Regierung auf die Stiftung Opferhilfe SG-AR-AI. Die kirchlichen Meldestellen erachtet sie hingegen – wie von der SP in der Interpellation geltend gemacht – als ungeeignet.

Neben der Aufarbeitung fordert die SP mit einem Postulat, dass das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften überprüft wird.

SP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Mitte-EVP mehrheitlich zufrieden

Standesinitiative auf dem Weg nach Bern

Das von der Mitte-EVP-Fraktion initiierte Standesbegehren «Verbandsbeschwerderecht bei Energieprojekten anpassen» fand im Kantonsrat eine grosse Mehrheit und wird nun nach Bern geschickt: Unter den aktuellen Rahmenbedingungen und Beschwerdemöglichkeiten ist es nämlich höchst unwahrscheinlich, dass die mit der Energiestrategie 2050 angestrebte Dekarbonisierung wie auch der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Versorgungssicherheit in unserem Kanton rechtzeitig erreicht werden. Damit Anlagen für Windenergie und für Wasserkraft erstellt oder ausgebaut werden können, braucht es eine Vereinfachung und Beschleunigung der Bewilligungsverfahren. Die Anpassung des Verbandsbeschwerderechts ist ein wichtiger Schritt hierzu.

Elternzeit abgelehnt

Keine Mehrheit im Kantonsrat fand ein Standesbegehren zur Einführung einer Elternzeit auf nationaler Ebene. Anzumerken aber ist, dass – entgegen einigen Medienberichten – nicht die Mitte-EVP-Fraktion die Abstimmung zum Scheitern brachte, sondern die fehlende Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien.

Rückweisung als Wegweiser

Die vom Rat beschlossene Rückweisung der strategischen Immobilienbedarfsplanung für die Sekundarstufe II und des VII. Nachtrags zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung hinterlässt keinen Scherbenhaufen, sondern vielmehr eine solide Basis zur Weiterführung der präsentierten Auslegeordnung.

Für die Mitte-EVP-Fraktion ist entscheidend, dass die Regierung beauftragt wurde, neu einen strategisch tätigen Berufsbildungsrat vorzusehen, in dem alle relevanten Anspruchsgruppen vertreten sind, sowie die Schaffung eines Sekundarstufe-II-Rates (Berufsfachschul- und Mittelschulrat) zu prüfen.

Abklärungen zu «Apprendo» eingefordert

Die Zwischenbilanz zur IT-Bildungsoffensive wurde positiv aufgenommen. In diesem Zusammenhang hiess der Kantonsrat den Antrag der Mitte-EVP-Fraktion gut, mit dem die Regierung beauftragt wurde, die Besitzverhältnisse der Lernplattform «Apprendo» zu klären, deren Verselbständigung, insbesondere die Auslagerung in eine Gesellschaft, sowie die Beteiligung und Mitfinanzierung weiterer Kantone zu prüfen. Diese Auskünfte erwartet der Kantonsrat im Geschäftsbericht 2023.

Strassenbauprogramm gutgeheissen

Das vom Bau- und Umweltdepartement vorgelegte Strassenbauprogramm wurde im Sinne der Mitte-EVP-Fraktion verabschiedet – gegen die linke Ratshälfte – wie auch der Kantonsratsbeschluss über das 7. öV-Programm für die Jahre 2024 bis 2028. Darüber hinaus entsprach die Berichterstattung 2022 über den kantonalen Richtplan dem Gusto der Mitte-EVP-Fraktion. Schliesslich und endlich wurde die Dringliche Interpellation «Asylwesen – es braut sich ein Gewitter zusammen» beantwortet – zur nur mässigen Zufriedenheit der Mitte-EVP-Fraktion.

Mitte-EVP-Fraktion Kantonsrat St.Gallen

Redaktion Linth24