Nationalrätin und Vizepräsidentin Franziska Ryser, die in Vertretung des Präsidenten Daniel Bosshard die Begrüssungsansprache hielt, befand, dass 40 Jahre für eine politische Partei kein Alter sei. Die Grünen hätten jedoch in dieser Zeit eine vergleichbare Reife und Erfahrung wie die Mitparteien erreicht. «Trotzdem sind wir auch noch jung, denn die Leute aus der Gründerzeit sind noch mit dabei und sind Mitorganisatoren dieses Festes.»
Der Zeit immer einen Schritt voraus
Wie Ryser aufzeigte, haben sich die Grünen aus losen, regionalen Gruppierungen zusammengefunden. Heute sind sie kantonal und national gut organisiert, bleiben aber eine Partei mit Bewegungscharakter. «Wir werden nicht von einer Zentrale aus dirigiert, sondern die Basis macht die Politik, im hier und jetzt. Gefundene Positionen dürfen sich auch wieder mal ändern», betonte Ryser.
Die Grünen nahmen besonders in der Zeit ihrer Entstehung eine Vorreiterrolle ein. Sie waren unbequem, haben die Auswirkungen einer auf kurzfristigen Profit ausgelegten Wirtschaft aufgezeigt und Gewohnheiten als Bequemlichkeit entlarvt. «Atom-Ausstieg, Ehe für alle, Klimaschutz oder erneuerbare Energien – die Grünen haben diese Themen angesprochen in einer Zeit, in der man für solche Aussagen belächelt wurde. Und trotzdem haben sie nicht aufgehört, bis ihre Anliegen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind», lobte Ryser das Engagement der Gründergeneration. «Heute weiss jede und jeder, was die Klimaerhitzung verursacht und was auf uns zukommt, wenn wir nicht bald handeln; jede und jeder weiss um die Vorteile der erneuerbaren Energien; und kaum jemand spricht sich noch öffentlich gegen eine inklusive und gleichberechtigte Gesellschaft aus.»
Als Highlights aus der Parteigeschichte erwähnte Franziska Ryser: die Wahl von Stefan Chiozza als erster grüner Kantonsrat 1984; den Einzug grüner Gruppierungen in die Stadtparlamente von St.Gallen und Wil; die Wahl von Pia Hollenstein in den Nationalrat 1991; die Exekutivmandate in Altstädten, Wil und Rapperswil-Jona; und vor Kurzem die Wahl von Diego Müggler als jüngstes Exekutivmitglied der Schweiz in der Gemeinde Steinach.
Ryser wies schliesslich auch auf die grossen Erfolge der Jungen Grünen hin: «Bei den Grünen werden die Jungen nicht auf die hinteren Plätze verwiesen, sondern offensiv gefördert und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Das durfte ich selbst erfahren und wird mit der Ständeratskandidatur von Meret Grob erneut unter Beweis gestellt» so die Nationalrätin.
Erfahrungen und Anekdoten aus 40 Jahren
Nach der Eröffnungsrede erfreuten sie die Teilnehmenden an einem feinen orientalischen Buffet – natürlich vegetarisch. Und bevor das Fest mit Musik und Tanz Fahrt aufnahm, richteten zwei prominente Gäste ein Grusswort an die Anwesenden: Aline Trede, Fraktionspräsidentin der Grünen im Bundeshaus, berichtete mit viel Humor und Selbstironie über ihre Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der Grünen Kanton St.Gallen, darunter Pia Hollenstein, Yvonne Gilli, Basil Oberholzer und Franziska Ryser. Sie forderte die St.Galler Grünen auf, weiterhin frech und lustvoll zu politisieren. Im Grusswort der Kantonsregierung, überbracht von Regierungsrätin Laura Bucher, SP, kam zum Ausdruck, dass die Grünen im Kanton St.Gallen nicht nur ihre Berechtigung haben, sondern aus der Politlandschaft nicht mehr wegzudenken sind. «Die einstige Anti-Parteien-Bewegung ist längst selbst zur etablierten Partei geworden», so Bucher.
Die Regierungsrätin hatte sich im Staatsarchiv über die aktivistische Vergangenheit der Grünen kundig gemacht und berichtete unter anderem von einer nicht ganz ernst gemeinten «Notstandsverordnung», welche vorsah, dass Autoabgase ins Wageninnere abgeleitet werden müssen. Diese und weitere Anekdoten sorgten bei der Festgemeinde für Erheiterung.