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16.06.2023

Mikroplastik-Menge in Gewässern

Mikroplastik entsteht unter anderem durch Zersetzung und Abrieb von grösseren Plastikstücken.
Mikroplastik entsteht unter anderem durch Zersetzung und Abrieb von grösseren Plastikstücken. Bild: EMPA
Kunststoffpartikel unter fünf Millimeter Grösse – Mikroplastik – setzen sich oft weit weg vom Entstehungsort ab. Ein neues Modell berechnet die Mikroplastik-Menge hiesiger Gewässer.

Jährlich gelangen gemäss Empa 14'000 Tonnen Plastik in Schweizer Böden und Gewässer. Ein Teil davon liegt als Mikroplastik vor: Partikel im Mikro- bis Millimeterbereich. Mikroplastik hat viele Quellen, etwa Kosmetika oder Kunstfaserkleidung. Auch durch Abrieb und Zersetzung von grösseren Plastikstücken, sogenanntem Makroplastik, entstehen Mikroplastikpartikel.

Geringe Grösse

Aufgrund seiner geringen Grösse gelangt Mikroplastik besonders leicht in die Gewässer. Die Konzentration von Mikroplastik im Wasser zu messen ist kein einfaches Unterfangen, denn die winzigen Plastikstückchen lassen sich oft nur schwer von Partikeln natürlichen Ursprungs unterscheiden, und ihre Menge variiert stark mit der Zeit und dem Ort der Messung sowie mit dem verwendeten Messverfahren.

Sieben häufigste Kunststoffe

Will man sich ein Gesamtbild der Mikroplastikbelastung in den Flüssen und Seen einer grösseren Region machen, etwa der ganzen Schweiz, reichen Messungen alleine nicht aus. Deshalb haben die Empa-Forscher David Mennekes und Bernd Nowack im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) nun ein Modell entwickelt, das die Konzentration von Mikroplastik in Gewässern landesweit vorhersagen kann.

Als Grundlage diente den Forschern ein 2020 entwickeltes Modell, das aufzeigt, wo und in welchen Mengen die sieben häufigsten Kunststoffe als Makro- und Mikroplastik in die Umwelt freigesetzt werden: Polyethylen (LD-PE und HD-PE), Polypropylen, Polystyrol und expandiertes Polystyrol, PVC und PET, wie sie in Verpackungen, Textilien, Isolationsmaterial und Landwirtschaftsfolien zum Einsatz kommen. «Nachdem wir zeigen konnten, wo und wie viel Kunststoff in die Umwelt gelangt, war es der logische nächste Schritt, ihre Konzentration aufzuzeigen», erklärt Nowack.

Mikroplastik: Plastikstückchen unter 5 Millimeter Grösse gelangen leicht in Gewässer. Bild: EMPA

Grossstädte belasten Gewässer

Gemäss dem neuen Modell bleibt rund die Hälfte des Mikroplastiks, das in die Schweizer Gewässer gelangt, im Land. Rund ein Drittel der Gesamtmenge setzt sich dabei in den Seen ab, der Rest in den Flüssen. Die genaue Verteilung von Mikroplastik sei allerdings mitunter komplex: Ein längerer Fluss halte nicht automatisch mehr Partikel zurück als ein kürzerer, so die Empa. Vielmehr würden das Einzugsgebiet, die Staustufen und die Seen bestimmen, wie viel Mikroplastik im Fluss verbleibt und wie viel weitertransportiert wird.

Besonders hohe Belastungen bestehen – nicht überraschend – flussabwärts von Grossstädten. Am meisten Mikroplastik enthalte der Rhein in der Nähe von Basel: Rund viereinhalb Tonnen davon transportiert der Fluss jährlich Richtung Deutschland. Dies sei auch der Aare geschuldet, die, zusammen mit ihren Zuflüssen Reuss und Limmat, drei der grössten Städte der Schweiz entwässert, bevor sie in den Rhein mündet: Bern, Zürich und Luzern.

Berechnung der Mikroplastikbelastung 

«Messungen sind nur punktuell möglich. Mit unserem Modell können wir dagegen die Mikroplastikbelastung im ganzen Land berechnen», resümiert Nowack. «Ausserdem lässt sich damit abschätzen, welchen Effekt Verhaltensänderungen oder staatliche Massnahmen auf die Konzentrationen von Mikroplastik hätten.» Die Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler letzte Woche in der neuen Zeitschrift «Nature Water».

Das Modell lässt sich auch auf andere Länder und Gebiete anwenden. Nowack und Mennekes fokussieren sich derweil auf die Schweiz. Sie arbeiten bereits an einem vergleichbaren Modell, um die Menge von Makroplastik – etwa PET-Flaschen und Plastiktüten – in Gewässern vorhersagen zu können. In einem nächsten Schritt könnten die modellierten Plastikkonzentrationen auch dazu verwendet werden, das Risiko für die Umwelt in den jeweiligen Regionen abzuschätzen.

PD/Zürioberland24 / Linth24