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Schänis
23.05.2023
23.05.2023 15:33 Uhr

Gemeinderat zu Windenergieanlagen: «Mehr Schaden als Nutzen»

Der Gemeinderat Schänis lehnt eine grundeigentümerverbindliche Planung mittels kantonalem Sondernutzungsplan ab (Symbolbild).
Der Gemeinderat Schänis lehnt eine grundeigentümerverbindliche Planung mittels kantonalem Sondernutzungsplan ab (Symbolbild). Bild: Linth24
Der Gemeinderat spricht sich gegen die angedachte Prüfung des Standortes Schänis für Windenergieanlagen aus. Die Anlagen würden auf dem Gebiet mehr Schaden als Nutzen bringen.

Gemäss Richtplan-Anpassung 2023 stehen die Gebiete Witöfeli und Steinerriet in Schänis als mögliche Standorte für Windenergieanlagen im Fokus des Kantons. Der Standort soll zwar noch nicht in den kantonalen Richtplan aufgenommen werden, jedoch ist eine Standortprüfung vorgesehen. Der Gemeinderat war eingeladen, sich im Rahmen einer Anhörung der Gemeinden und Regionen vernehmen zu lassen.

Die Verfahrensfrage

Das Bau- und Umweltdepartement zeigte sich insbesondere an der Haltung der Gemeinden gegenüber dem Ansinnen, die grundeigentümerverbindliche Planung von Windparks mittels kantonalem Sondernutzungsplan festzulegen, interessiert. Nach Art. 32 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG) kann die Regierung zur Wahrung kantonaler oder wesentlicher regionaler Interesse kantonale Sondernutzungspläne erlassen, soweit der kantonale Richtplan solche vorsieht.

Kein Planungsdiktat

Der Gemeinderat Schänis lehnt eine grundeigentümerverbindliche Planung mittels kantonalem Sondernutzungsplan ab und stellte in seiner Stellungnahme bereits heute in Aussicht, dass er sich gegen eine vom Kanton diktierte Planung unter Ausschluss der Bürgerinnen und Bürger der Politischen Gemeinde Schänis durch alle Instanzen hindurch zur Wehr setzen würde.

Mehr Schaden als Nutzen

Der Gemeinderat ist überzeugt davon, dass die geplanten Windräder auf unserem Gemeindegebiet mehr Schaden als Nutzen bringen würden. Der Rat steht der weiteren Entwicklung und Verbreitung von Anlagen zur Stromproduktion mit erneuerbarer Energie zwar grundsätzlich positiv gegenüber, ist aber klar der Meinung, dass solche Anlagen – nur dort erstellt werden sollen, wo sie möglichst effizient Strom produzieren können; – das Ortsbild einer Gemeinde nicht massiv beeinflussen dürfen; – so errichtet werden müssen, dass sie keine Anwohnerinnen und Anwohner stören; – nicht auf einem sensiblen Untergrund (Grundwasserschutzzonen und Gewässerschutzbereiche) erstellt werden dürfen.

Vergleichbar mit gestopptem Projekt «Linthwind»

Der Gemeinderat Schänis befasste sich im Frühjahr 2017 intensiv mit dem Projekt «Linthwind», welches auf dem Gemeindegebiet von Glarus Nord die Positionierung von Windenergieanlagen in der Nachbarschaft zum Inhalt hatte, von
Regierung und Landrat des Kantons Glarus aber aus dem Glarner Richtplan gestrichen wurde.

Eine seitens des Gemeinderates Schänis im Vorfeld in Auftrag gegebene raumplanerische Beurteilung kam zusammengefasst zum Schluss, dass die geplanten Windenergieanlagen in Glarus Nord eine negative Auswirkung auf das Schänner Ortsbild von nationaler Bedeutung und des Landschaftsraumes hätten und die Lebensqualität der Bevölkerung in der näheren und weiteren Umgebung beeinträchtigt würde. Was die im nun vorliegenden St.Galler Richtplanentwurf im Raum stehenden Gebiete Witöfeli und Steinerriet betrifft, sind die Nutzungskonflikte in noch stärkerem Ausmass vorhanden.

Naturschutzinteressen wahren

Die angeblichen Eignungsgebiete Witöfeli und Steinerriet liegen entlang dem unter Schutz stehenden Linthdamm und zwischen den zwei Schutzgebieten Tschächli und Tschachen. Zwischen Herbst 2008 und Frühjahr 2013 wurden der
Linthkanal sowie die Hintergräben und Nebenkanäle grundlegend saniert, revitalisiert und naturnah ausgebaut. Das Linthwerk schützt die Linthebene zuverlässig vor Hochwasser.

Neben seiner verstärkten Schutzfunktion ist das neue Linthwerk zum wichtigen Lebensraum für die Natur geworden und dient der Bevölkerung als Erholungsraum.

Am Linthwerk ist der Mehrwert für die Natur beträchtlich. Zwei grosse Aufweitungen schaffen neue Lebensräume für Flora und Fauna. Zahlreiche Flussabschnitte haben Flachufer erhalten und dienen als Laichplätze für Fische. Die Wiesen auf den Dämmen werden extensiv bewirtschaftet, es entstehen wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Dieses Naturparadies liegt im Perimeter der angeblichen Eignungsgebiete für Windenergieanlagen und würde bei einer Realisierung derselben unwiderruflich zerstört.

Grundwasservorkommen nicht gefährden

Schänis ist das Wasserschloss der Region: Unmittelbar neben dem Gebiet Witöfeli erstreckt sich ein Grundwasserschutzgebiet. Überhaupt besteht der grösste Teil des Gebietes aus sogenanntem Turben-Boden. Dieser sehr weiche und haltlose Boden würde einen enormen Einsatz von Pfählungen zur Fixierung eines Windrades erfordern.

Dabei besteht die grosse Gefahr von Veränderungen der sehr sensiblen Grundwasserströme. Die Wasserkorporation Schänis lieferte im Jahr 2022 beispielsweise über 1'200'000 Liter Wasser an unser Nachbardorf Kaltbrunn. Ein Versiegen des Grundwassers hätte katastrophale Auswirkungen auf die Grundwasserversorgung unserer Region.

Sollten die angeblichen Eignungsgebiete gegen den Willen des Gemeinderates Schänis tatsächlich weiter geprüft werden, wäre ein fundiertes geologisches Gutachten unabdingbar.

Arbeitsplatzstandort Witöfeli nicht aufs Spiel setzen

Die Richtplanung der Politischen Gemeinde Schänis weist das rund 6,7 ha grosse Siedlungserweiterungsgebiet Witöfeli aus – und zwar als vorgesehener strategischer Arbeitsplatzstandort. Das einheimische Gewerbe ist dringend auf Flächen zur Expansion angewiesen. Da sich das Plangebiet in unmittelbarer Nähe der angeblichen Eignungsgebiete befindet, wäre die Siedlungserweiterung ernsthaft gefährdet, wenn nicht sogar verunmöglicht.

Gefahr von zusätzlichem Lärm

Schänis liegt im Talkessel des Voralpengebirges, das sich beidseitig des Dorfes hochzieht. Bereits jetzt ist in höher gelegenen Wohngebieten der Lärm der Autobahn A3 gut zu hören. Die Studien bemessen den entstehenden Lärm jeweils als Einzelobjekte. Will heissen, dass für die Autobahn und die Windenergieanlagen separate Lärmpegel errechnet werden. Der Gemeinderat ist überzeugt, dass sich der Lärm von Autobahn und Windenergieanlagen durch die Kesselwirkung  unserer Wohnlage kumulieren und die Lebensqualität in unserer Gemeinde auch deshalb massiv einschränken würde.

Flugplatz Schänis wäre in Frage gestellt

Der Flugplatz Schänis befindet sich mitten im Naherholungsgebiet Linthebene und ist in der Region ein beliebtes Ausflugsziel, das von Spaziergängern und Wanderern, Velofahrern, Skatern und Reitern sowie Familien gerne und rege besucht wird.

Der Flugplatz mit seinem abwechslungsreichen Flugbetrieb, den die Besucher am Rande der Piste hautnah mitverfolgen können und das der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende, komplett neu erstellte Restaurant Segelflugplatz sind die Alleinstellungsmerkmale von Schänis.

Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der den Flugplatz betreibenden Alpinen Segelflugschule Schänis AG (ASSAG) kommen zum Schluss, dass der Flugplatz Schänis bei einer Realisierung eines Windparks im Bereich Witöfeli/Steinerriet in seiner Existenzgrundlage akut bedroht wäre.

Öffentliche Mitwirkung

Der Gemeinderat Schänis lehnt die im Richtplanentwurf angedachte Prüfung des Standortes Schänis für Windkraftanlagen ab und wird im Mitwirkungsverfahren nochmals dezidiert Stellung nehmen.

Die öffentliche Mitwirkung zur Richtplan-Anpassung 2023 läuft ab Mitte Mai bis voraussichtlich August 2023 und steht allen interessierten Einwohnern und Interessenverbänden zur Teilnahme offen.

Linth-Sicht, Nr 94/Mai 2023