Letzte Woche wurde bekannt: Der Stadtrat von Rapperswil-Jona zieht das von ihm im letzten Januar aufgelegte Feuerschutzreglement zurück und publiziert ein neues. Die IG www.SicheRheJt-mit-Zukunft.ch hat sich durchgesetzt. Trotzdem droht der Stadt eine weitere, finale Niederlage.
Der Fall ist brisant und bizarr: Feuerschutzkommissions- und Stadtpräsident Martin Stöckling hat am 10. März 2020 fünf Mitglieder der Freiwilligen-Feuerwehr degradiert und vom Dienst ausgeschlossen. Er lastete ihnen an, dass sie als Private an hiesigen Schulen Erste-Hilfe-Kurse gaben.
Ehemann büsst für seine (unschuldige) Frau
Doppelt problematisch war, dass Stöckling mit dem Rapperswiler Peter Hunziker ein Kadermitglied der Feuerwehr abstrafte, das an den sinnvollen Erste-Hilfe-Kursen gar nicht dabei war, sondern «nur» dessen Frau. Der Ehemann wurde somit für seine Frau abgestraft, die erst noch etwas Vernünftiges für die Gesellschaft tat.
Die Ausgesperrten traten denn auch prompt gegen Stöcklings Beschlüsse an, wie die nachfolgende «Chronologie eines Führungsdebakels» aufzeigt.
Feuerwehr übergeht Kritik
Unabhängig dieser Differenzen machte sich die Feuerwehr letztes Jahr daran, ein neues Feuerschutzreglement aufzusetzen. Das gab Diskussionen. So darüber, ob es richtig sei, 50-Jährige aus der Feuerwehr auszuschliessen. Ein Kritiker derart rigider Massnahmen war Peter Hunziker, Mitglied des Feuerwehr-Führungsstabs, Kompanie-Kommandant – und einer der von Stöckling abgestraften Feuerwehrler.
Der Feuerwehr-Führungsstab wollte jedoch auf Hunzikers Kritik nicht eingehen. Stattdessen legte der Stadtrat das umstrittene Reglement am 4. Januar 2021 öffentlich auf, um es schon am 12. Februar in Kraft zu setzen. Dies hätte dann Feuerwehrchef Stöckling ermöglicht – welch schöner Zufall (!) –, die von ihm abgestraften Feuerwehrler mittels der Ü-50-Grenze legal auszumustern.
Abgestrafte ergreifen Referendum
Aufgrund dieser Vorkommnisse schlossen sich die bedrängten Feuerwehrler zur IG SicheRheJt-mit-Zukunft.ch zusammen und schalteten eine Webseite auf. Sie warfen darin der Feuerwehrführung «Willkür» vor und ergriffen gegen das neue Reglement das Referendum. Es sei «altertümlich», «übertrieben», «teils missbräuchlich» und gehe «unverhältnismässig» gegen «selbstdenkende» Feuerwehrleute vor.
Das Referendum kam mit 1300 Unterschriften in kürzester Zeit zustande.
Stöckling muss Abstrafungen zurücknehmen
Das Referendum setzte Feuerwehr-Präsident Stöckling nun doppelt unter Druck. Am 21. Juli 2021 musste er seine über ein Jahr zuvor gefällten Disziplinar-Beschlüsse gegen die Feuerwehrler wieder aufheben, machte aber zugleich deren Aussperrung aus der Feuerwehrler definitiv. Sie seien mehrheitlich zu alt. Und wegen ihres Ganges an die Öffentlichkeit sei eine Zusammenarbeit mit ihnen nicht mehr möglich. Ausserdem habe die Feuerwehr nach einer Neuorganisation keinen Bedarf mehr für sie.
Altersgrenze rechtlich nicht haltbar
Diese Aussperr-Gründe schienen an den Haaren herbeigezogen. Insbesondere das Argument, die Feuerwehrler seien zu alt. Rechtlich gab es zu dieser Begründung keine Basis.
Zudem war es ein Affront, den Feuerwehrlern den Gang an die Öffentlichkeit anzulasten. Waren es doch sie, die Stöckling vor ihrer öffentlichen Kritik eine konfliktlösende Mediation vorschlugen und obendrein erst noch die städtische Ombudsstelle um Vermittlung baten. Beides lehnte Stöckling ab.
Feuerwehr erhält Reglement diktiert
Für Stöckling wurden die Probleme mit dem Referendum nun derart vielfältig, dass er sich mit den von ihm Abgestraften, die zwischenzeitlich noch Support von den Parteien SP, GLP und CVP bekamen, arrangieren musste. Sie alle zwangen ihm nun ein neues Feuerschutzreglement auf. Die Feuerwehrler schrieben dazu letzte Woche, sie seien «erfreut» über das Resultat, ihr Einsatz habe sich gelohnt.
Das dicke Ende kommt erst
Mit der Einigung beim Reglement aber ist Stöckling nicht aus dem Schneider. Der Rekurs gegen seine Disziplinar-Beschlüsse bleibt pendent. Er nahm die Massnahmen zwar zurück, aber der Stadtrat muss noch über die im Konflikt verursachen Verfahrenskosten und den finanziellen Ausgleich entscheiden. Dagegen kann wieder Einsprache erhoben werden.
Zudem muss Stöckling (endlich) einen rechtlichen Beschluss zu seinen Aussperrungen der Feuerwehrler fällen. Auch dagegen kann Einsprache erhoben werden, wonach der Stadtrat über diese befinden muss. Deckt der Rat dann Stöcklings Beschluss nicht, kommt die Feuerwehr in Probleme und Stöckling steht mit abgesägten Hosen da.
Deckt der Stadtrat die Aussperrungen, geht der Fall an den Kanton. Dort sieht es für die Stadt schlecht aus, denn Stöcklings Aussperrgründe stehen auf äusserst tönernen Füssen.
Auch Rapperswil-Jona muss sich an rechtliche Abläufe halten. Selbst dann, wenn sich der Stadtpräsident und sein Stadtrat in eine bedenkliche Lage manövriert haben. So wie man sich bettet, so liegt man!