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Leserbrief
Schmerikon
28.08.2024
30.08.2024 06:23 Uhr

Schule Schmerikon: ein Gemeinderat auf Abwegen

Quo Vadis Schule Schmerikon? Im Bildungsinstitut herrscht weiterhin grosse Unruhe. Ex-Lehrer Rolf Müller (m.) kommentiert die neusten Entwicklungen.
Quo Vadis Schule Schmerikon? Im Bildungsinstitut herrscht weiterhin grosse Unruhe. Ex-Lehrer Rolf Müller (m.) kommentiert die neusten Entwicklungen. Bild: Schule Schmerikon/zVg (Collage Linth24)
Der Gemeinderat Schmerikon bleibt seiner Taktik treu, haltlose Vorwürfe zu wiederholen, anstatt Antworten auf all die offenen Fragen zu liefern. Ein Kommentar von Rolf Müller (*).

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass man in der Führungsetage glaubt, die Kontinuität im Schulbetrieb dadurch gewährleisten zu können, dass man den Schülerinnen und Schülern, ihren Eltern und den Lehrpersonen einen «interimistischen» Schulleiter vor die Nase setzt. Genau diese Kontinuität hat die Schulführung mit Füssen getreten, als man sich ohne Not, um jeden Preis und auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vom bewährten Schulleiter trennen wollte.

Kuriose Vorgänge

Es mutet schon etwas kurios an, dass der Gemeinderat nun stattdessen einen Schulleiter ins Boot holt, der keinerlei Erfahrung in einer vergleichbaren Tätigkeit als Schulleiter hat. Der Hinweis von Werner Becker, er bringe «langjährige Führungserfahrung» mit und verfüge über ein «fundiertes pädagogisches Wissen» mutet doch eigenartig an angesichts der Tatsache, dass er gerade einmal knapp zwei Jahre als Schulleiter in Mailand tätig war – und die pädagogische Ausbildung als Lehrperson – noch dazu auf der Sekundarstufe II! – im Jahr 2022 abgeschlossen hat. Da kann man nur hoffen, dass der Oberstufe Schmerikon unter seiner Führung nicht das gleiche Schicksal blüht wie der Schweizerschule in Mailand.

Kritik am Gemeinderat

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kritik nun in erster Linie die Personen trifft, die das ganze Schlamassel zu verantworten haben. Lächerlich ist aber, wenn sich Werner Becker nun als Opfer inszeniert und Betroffenheit mimt. Er ist, zusammen mit der Schuldirektorin, dem Gemeindepräsidenten und ihrem im Hintergrund wirkenden, aus Steuergeldern finanzierten externen Berater für die unerfreuliche Situation verantwortlich.

Das Handeln erschüttert das Vertrauen

Es ist nicht die Kritik an der Schulführung, die das Vertrauen erschüttert hat, sondern ihr Handeln. Den Überbringern der schlechten Nachricht nun die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist ein hilfloser Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken.

Dass sich nun der gesamte Gemeinderat «uneingeschränkt hinter die betroffenen Personen stellt und als Kollektiv die volle Verantwortung für die Schulführung übernimmt», ist erstaunlich. Bisher hat selbst der Gemeindepräsident jeweils damit kokettiert, er interessiere sich nicht besonders für die Schule, die müsse einfach funktionieren.

Einschneidender Gesinnungswandel

Da scheint ein einschneidender Gesinnungswandel stattgefunden zu haben. Mit den bevorstehenden Wahlen hat der Konflikt eigentlich nichts zu tun. Wenn sich der Gemeinderat allerdings auf den Standpunkt stellt, dass «gemäss der Gemeindeordnung der Gemeinderat für die Einstellung der Schuldirektion und der Schulleitungen verantwortlich sei» und «diese Tatsache in der Bevölkerung nicht ausreichend berücksichtigt würde», so bleibt der Bevölkerung nichts anderes übrig, als mit dem Wahlzettel mitzuentscheiden.

Gelebte Demokratie

Das hat mit «politischen Manövern» oder «persönlichen Abrechnungen» wenig zu tun – sondern ist gelebte Demokratie. Der Gemeinderat hat es sich selbst zuzuschreiben, dass die unselige Geschichte um den Abschuss zweier Schulleiter plötzlich zum Politikum und Wahlkampfthema wird. 

Zu einer Demokratie gehört auch die Vielfalt der Meinungen. Auch das scheint dem Gemeindepräsidenten ein Dorn im Auge zu sein. Andere Meinungen werden wiederholt pauschal als «einseitige und entstellte Informationen», die «die öffentliche Diskussion negativ beeinflussen» und als «Gerüchte» verunglimpft – ohne dass der Gemeindepräsident je den Nachweis erbracht hätte, welche Informationen er damit meint. Es ist verständlich, dass sich der Gemeindepräsident wünscht, dass die Schulführung ungehindert weiterwursteln kann. Gleichzeitig hat die Bevölkerung aber ein Anrecht darauf zu wissen, wie die Amtsträger in der Gemeinde in ihrem Auftrag und mit ihrem Geld wirken – und das ist bestimmt höher zu gewichten als die Befindlichkeit einzelner Behördenmitglieder. 

«Probleme konstruktiv und zielorientiert lösen»

Was Werner Becker sich darunter vorstellt, «Konflikte konstruktiv und zielorientiert zu lösen», hat vor dem Schulleiter der Oberstufe bereits der Schulleiter des Kindergartens erfahren. Er wurde mit der gleichen Masche kaltgestellt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass er die widerliche Vereinbarung unterschrieben hat – und für sein Schweigen entlöhnt wurde.

Bis jetzt hat sich weder Werner Becker noch der Gemeinderat je dazu geäussert, warum erst gar nie versucht wurde, die Probleme in der Zusammenarbeit zwischen der Schuldirektorin und dem Schulleiter anders zu lösen als mit einer kostspieligen Freistellung des Schulleiters. 

Zweifelhafte Pionierleistung

Schmerikon war mit der Einführung des Direktoratsmodells tatsächlich in einer Vorreiterrolle. Die Meinungen darüber, ob sich das bewährt hat, gehen aber weit auseinander. Unbestritten von Vorteil ist, dass sich die Parteien nicht mehr um die Rekrutierung von geeigneten KandidatInnen und Kandidaten kümmern müssen. Der Nachteil zeigt sich aber gerade am Beispiel von Schmerikon. Dem Gemeinderat als anstellende Behörde kommt eine grosse Verantwortung bei der Auswahl der Funktionsträger zu – und er wäre eigentlich auch für die Qualitätskontrolle zuständig. 

Zum Schluss noch ein Hinweis am Rande. Die Gemeindeversammlung in Eschenbach hat sich nicht etwa aus Begeisterung für das Direktionsmodell zu diesem Schritt entschieden, sondern weil man auf diesem Weg den nicht mehr genehmen zuständigen Gemeinderat aus dem Weg räumen wollte. So funktioniert die direkte Demokratie!

(*) Rolf Müller war in Schmerikon von 2005 bis 2023 als Klassenlehrperson und von (ca.) 2010 bis 2023 als stellvertretender Schulleiter tätig.

Rolf Müller