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Schweiz
25.06.2024
01.07.2024 10:20 Uhr

Wochenumfrage: Schulsystem

FDP-Präsident Thierry Burkart (l.) fordert, die integrativen Schule abzuschaffen. (Themenbild)
FDP-Präsident Thierry Burkart (l.) fordert, die integrativen Schule abzuschaffen. (Themenbild) Bild: Linth24/www.pexels.com/Montage: Linth24
Soll das Schweizer Schulsystem geändert werden?

Jede Woche führen wir eine Umfrage zu einem aktuellen Thema durch.

Die Umfrage ist anonym und läuft jeweils bis am folgenden Freitag. Die Ergebnisse werden am Montag darauf veröffentlicht.

Mit seiner Forderung, das Prinzip der integrativen Schule abzuschaffen, hat FDP-Präsident Thierry Burkart in ein Wespennest gestochen. Die Wogen gehen hoch. Die Schweiz ist tief gespalten.

Es brauche «einen Marschhalt» bei der integrativen Schule, sie sei gescheitert. Dies sagte Burkart in einem Interview mit dem «Tages Anzeiger».

Die integrative Schule ist seit Jahren ein Reizthema im Bildungsbereich. «Integrativ» heisst «einschliessend», das bedeutet: Die Schule nimmt alle Kinder auf. Auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen und Defiziten, die früher in Kleinklassen, Sonderschulen oder anderen Spezialangeboten unterrichtet wurden, gehen heute wenn immer möglich gemeinsam mit allen anderen zur Schule.

Der normale Unterricht wird gestört

Der FDP-Präsident kritisiert: Der normale Unterricht werde gestört, die starken Schülerinnen und Schüler vernachlässigt, die hohe Anzahl Fachpersonen bringe Unruhe in die Klassenzimmer. Auch die SVP kritisiert immer wieder die integrative Schule.

Burkart löst mit seinen Aussagen viel Kritik aus. Inklusion sei nicht «nice to have», sondern ein Menschenrecht, sagt etwa SP-Nationalrat Islam Alijaj. «Wenn eine Grossbank gerettet werden muss, ist die FDP innerhalb von 48 Stunden zur Stelle. Ich wünsche mir denselben Eifer, wenn es darum geht, dass alle Kinder eine menschenrechtskonforme Bildung geniessen können.»

«Erstaunt über die FDP»

Inklusion könne nicht gelingen, «wenn wir die Kinder schon in jungen Jahren separieren und ihnen zeigen, dass eben nicht alle Menschen gleich sind», so der Nationalrat. Er könne jede Lehrperson verstehen, die überlastet sei und deshalb Kritik übe. Aber man müsse über das «Wie» der integrativen Schule streiten, nicht über das «Ob». «Als ehemaliger Sonderschüler weiss ich, was es bedeutet, wenn einem aufgrund seiner Behinderungen Bildung verwehrt wird.» Mit den Forderungen, die integrative Schule abzuschaffen, werde für Menschen mit Behinderungen «eine rote Linie überschritten, und wir werden nicht zulassen, dass die grösste inklusionspolitische Errungenschaft in der Schweiz der letzten 20 Jahre abgewickelt wird».

Kritik auch aus der Mitte

Kritik kommt auch aus der Mitte-Partei. Nationalrätin Marie-France Roth Pasquier, Mitglied der Bildungskommission, sagt: «Ich bin nicht einverstanden mit dieser Forderung.» Natürlich gebe es Nachteile bei der integrativen Schule, zum Beispiel den höheren Aufwand für die Lehrkräfte, auch wenn sie Unterstützung erhielten. Aber: «Wir brauchen mehr Zeit und Forschung, um die Effekte wirklich abzuschätzen.»

Was ist Ihre Meinung?

  • Ja, Burkart hat Recht. Die integrative Schule und die Eingliederung von Problemkindern behindern das System und bremsen die normalen Schüler.

  • Nein, Burkart befindet sich auf dem falschen Dampfer. Nur, wenn man schwierige Schüler in die normalen Klassen integriert, packt man das Problem bei der Wurzel.

  • Weder noch. Es muss in jedem Fall situativ entschieden werden. Ausserdem brauchen die Lehrpersonen mehr Unterstützung im pädagogischen und psychologischen Bereich.

  • Mir egal. Schule hat mich noch nie interessiert.
Thomas Renggli