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Kanton
08.04.2024

Kürbisausstellung: neue Strategie gegen «Overtourism»

So schön die Kürbisausstellung auf dem Juckerhof auch ist – die Touristenströme sind auch eine Belastung für die Gemeinde Seegräben. Dagegen wollen Gemeinde und Jucker Farm gemeinsam vorgehen.
So schön die Kürbisausstellung auf dem Juckerhof auch ist – die Touristenströme sind auch eine Belastung für die Gemeinde Seegräben. Dagegen wollen Gemeinde und Jucker Farm gemeinsam vorgehen. Bild: Jucker Farm
Der Gemeinderat Seegräben und der Juckerhof haben gemeinsam eine neue Strategie für den Umgang mit dem starken Ausflugsverkehr während der Kürbis-Saison im Herbst erarbeitet. Die Ausstellungsdauer wird halbiert und es wird ein Ticketsystem eingeführt.

Der Gemeinderat attestiert der Juckerfarm AG mit dem Juckerhof ein innovatives Angebot geschaffen zu haben, das auch wegen den sozialen Medien viele Besuchende anzieht. In Kombination mit der hohen Attraktivität des Dorfes Seegräben und der gesamten Region Pfäffikersee führe dies aber auch zu negativen Externalitäten, schreibt der Gemeinderat in seiner Medienmitteilung. Diese müsse der Gemeinderat in die Abwägung zum Schutz der Bevölkerung in seine Beurteilung einfliessen lassen, welche die unternehmerische Freiheit einschränken könne.

Zwar Verbesserungen, aber keine Lösung

An einer Klausur seien mehrere Varianten ausführlich und kontrovers diskutiert worden. Als Resultat ergab sich ein neuer Ansatz zur Verbesserung der Situation. «In den vergangenen Jahren hat die Kürbisausstellung des Juckerhofs im Herbst immer grössere Massen angezogen. Es wurden viele Massnahmen zur Lenkung des Ausflugsverkehrs umgesetzt. Trotz diesen Verbesserungen konnte die Gesamtsituation nicht zufriedenstellend gelöst werden», schreibt der Gemeinderat weiter.

Vor 10 Jahren beschloss der Gemeinderat eine 6-Punkte-Strategie zum Ausflugsverkehr und verfolgte deren Umsetzung in den vergangenen Jahren. So wurden eine Veranstaltungsverordnung durch die Stimmberechtigen verabschiedet, das Wildparkieren in der Gemeinde verboten, die Phase Rot mit Zufahrtsbeschränkung ins Dorf festgelegt, ein Parkleitsystem eingeführt, eine Busverbindung zwischen Uster und Seegräben etabliert und eine direkte Fusswegverbindung zwischen dem Parkplatz und der Jucker Farm eingerichtet.

Diese Massnahmen hätten zwar Verbesserungen gebracht, aber aufgrund der ständig wachsenden Besucherzahlen keine befriedigende Lösung der Situation.

Druck wächst

Schon unmittelbar nach der vergangenen Saison sei dem Gemeinderat wie auch dem Juckerhof bewusst gewesen, dass ein «Weiter wie bisher» nicht möglich sein würde, weshalb im Januar eine Klausur dazu abgehalten worden sei. Zudem habe der Gemeinderat von verschiedenen Seiten Rückmeldung erhalten, die Situation grundlegend zu überdenken.

So forderten die Kantonspolizei Zürich sowie der Statthalter des Bezirks Hinwil die Gemeinde auf, verursacherbezogene Massnahmen zu ergreifen, um insbesondere die Verkehrslage im Herbst zu verbessern. Auch wurde unter anderem eine Petition mit dem Titel «Genug ist genug» mit über 150 Unterschriften eingereicht mit den Kernbotschaften: Klare Einhaltung der Gestaltungsplanvorschriften, funktionierende Verkehrslenkung mit ungehindertem Zugang zu den weiteren Gewerbetreibenden, weniger persönliche Einschränkungen, verursachergerechte Kostenübernahme und eine Einschränkung der Dauer der Kürbisausstellung. Mit den Erstunterzeichnenden der Petition seien im Verlauf des Verfahrens mehrere Gespräche geführt worden, so der Gemeinderat.

«Der Gemeinderat und die Verantwortlichen des Juckerhofs haben an mehreren Sitzungen intensiv und konstruktiv über mögliche Lösungsansätze diskutiert, um die unterschiedlichen Bedürfnisse aufeinander abstimmen zu können und Massnahmen zu definieren.»
Gemeinderat Seegräben

Neu: Kürzere Dauer, Eintritt und weniger zusätzliche Parkplätze

«Der Gemeinderat und die Verantwortlichen des Juckerhofs haben an mehreren Sitzungen intensiv und konstruktiv über mögliche Lösungsansätze diskutiert, um die unterschiedlichen Bedürfnisse aufeinander abstimmen zu können und Massnahmen zu definieren», schreibt der Gemeinderat weiter. Insbesondere die bisherige Länge der Veranstaltung sei für die betroffenen Ortsteile und die Bevölkerung belastend und habe zu Konflikten geführt.

Eine der Massnahmen ist, die Ausstellungsdauer deutlich zu verkürzen, von bisher 8 auf 4 Wochen. Gleichzeitig werden während der ganzen Ausstellung Eintrittsgebühren erhoben. Als weitere Massnahme wird im Aathal kein zusätzlicher Überlaufparkplatz mehr angeboten, was die Fussgängerströme durch das Dorf verringern soll.

«In den Augen des Gemeinderats können so die betrieblichen Interessen des Juckerhofs gewahrt und den Bedürfnissen der Bevölkerung zum Schutz vor den mit dem Ausflugsverkehr verbundenen Emissionen Rechnung getragen werden», schreibt der Gemeinderat weiter.

Eintrittsystem wird definitiv eingeführt

Juckerhof hatte lange am Prinzip festgehalten, keinen Eintritt zu verlangen. Schon länger hatte sich aber abgezeichnet, dass diesbezüglich ein Umdenken nötig werden könnte. Juckerfarm kündigte bereits im Januar 2024 an, dass er ein Eintrittsystem prüfe (wir berichteten). Nun soll es definitiv eingeführt werden. Tickets für den Zeitraum vom 21. September bis 20. Oktober 2024 können ab sofort online bestellt werden. Der Preis für einen Eintritt (ab 16 Jahren) kostet 8 Franken.

Stärkung des öffentlichen Verkehrs im Fokus

Aufgrund der Erfahrungen in den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass gerade in den Herbstferien die Verkehrssituation das System nicht nur an den Wochenenden zu stark auslaste. Der Busbetrieb an den Wochenenden habe sich in der Herbstsaison etabliert und wurde auf dieses Jahr hin durch den Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) in den ordentlichen Fahrplan aufgenommen.

Kurzfristig werde nun zusätzlich an einer Lösung mit einem durch die Jucker Farm AG finanzierten Busbetrieb gearbeitet, welcher während der verkürzten Ausstellungsdauer unter der Woche im Halbstundentakt angeboten werde und auf den regulären Bahn- und Busbetrieb abgestimmt sein soll. «Wenn die Anreise mit dem Privatauto eingeschränkt wird, ist eine Stärkung der Anbindungen an den öffentlichen Verkehr zentral», so die Gemeinde. «Der Gemeinderat und der Juckerhof setzen sich daher dafür ein, dass diese private Linie mittelfristig in den ordentlichen Fahrplan aufgenommen wird, wie bereits der Wochenendbus. Entsprechende Gespräche mit dem ZVV werden angestossen.

Gestaltungsplan soll überprüft werden

Der Rechtsrahmen für die Aktivitäten des – teilweise ausserhalb der Bauzone und in der nationalen Moorlandschaft liegenden – Geländes des Juckerhofs gibt ein kantonaler Gestaltungsplan, datiert aus dem Jahr 2008. Der Gemeinderat ist der Ansicht, dass sich die damals gültigen Rahmenbedingungen derart geändert haben, dass eine Überprüfung des Gestaltungsplans und der dazugehörigen Vorschriften durch die kantonale Baudirektion angebracht ist.

Dieser Schritt werde unabhängig von den künftig geltenden Massnahmen zur Ausstellung eingeleitet. Ein Umstand, der auch von den Verantwortlichen des Juckerhofs getragen werde. Eine Klärung der langfristigen Planungssicherheit bringe beiden Seiten Vorteile und verringere Reibungsverluste. «Den Ansatz für die Neuorganisation der Kürbisausstellung bis in den Herbst umzusetzen, sei eine grosse Herausforderung, welcher sich aber die Gemeinde wie der Juckerhof gemeinsam stellen.»

Zürioberland24/bt