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Schweiz
16.01.2024
16.01.2024 19:28 Uhr

SBB in Verzug bei Barrierefreiheit

Die SBB arbeitet kontinuierlich daran, die Barrierefreiheit gemäss den Anforderungen des BehiG zu verbessern.
Die SBB arbeitet kontinuierlich daran, die Barrierefreiheit gemäss den Anforderungen des BehiG zu verbessern. Bild: zVg. SBB
Am 1. Januar 2024 endete die 20-jährige Übergangsfrist für die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) bei den SBB. Noch sind über 270 Bahnhöfe umzugestalten.

Worum es im BehiG überhaupt geht

Seit seiner Einführung am 1. Januar 2004 zielt das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen darauf ab, Ungleichheiten und Hindernisse, denen Menschen mit Behinderungen gegenüberstehen, zu minimieren oder ganz zu eliminieren.

Dieses Gesetz hat insbesondere im öffentlichen Verkehr weitreichende Konsequenzen: Es soll gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung reisen und sich eigenständig bewegen können. Dazu ist es notwendig, Infrastrukturen wie Bahnhöfe und Züge sowie die Kundeninformation entsprechend anzupassen, um Barrierefreiheit und uneingeschränkte Mobilität zu ermöglichen.

Stand der SBB

Bislang hat die SBB mehr als eine Milliarde Franken aufgewendet, um Barrieren in ihren Bahnhöfen, Zügen, der Kundeninformation und bei ihren Dienstleistungen zu beseitigen.

rotz dieser erheblichen Investitionen ist das angestrebte Ziel noch nicht vollständig erreicht. Mit dem Ablauf der Übergangsfrist für die Implementierung des BehiG Ende 2023 wird es voraussichtlich möglich sein, dass etwa 80 Prozent der Bahnkunden barrierefrei unterwegs sein können, wie die SBB mitteilt. 

Entwicklungen und Zukunftspläne an Bahnhöfen

Bahnhöfe: Bis Ende 2023 wird barrierefreies Reisen an 463 Bahnhöfen möglich sein. Für 271 Bahnhöfe sind nach 2023 bauliche Anpassungen geplant, bei denen Überbrückungsmöglichkeiten bereitgestellt werden. An 30 SBB-Bahnhöfen würden bauliche Lösungen aufgrund eines übermässig hohen finanziellen Aufwands nicht realisierbar sein. Daher gestattet das Gesetz an diesen Standorten alternative Massnahmen.

Barrierefreiheit und Ausnahmen im Fernverkehr

Auf den meisten Strecken ist mindestens ein autonomer und barrierefreier Zug pro Stunde und Richtung verfügbar. Allerdings bestehen auf einigen Verbindungen noch Einschränkungen.

Eine Ausnahmebewilligung des Bundesamts für Verkehr (BAV) ermöglicht den Einsatz von Neigezügen auf den Linien IC5 und IC51 aus betrieblichen Gründen.

Barrierefreiheit im Regionalverkehr und Digitalisierung 

Im Regionalverkehr sind praktisch alle Züge barrierefrei zugänglich, was einen wesentlichen Fortschritt in der Zugänglichkeit darstellt.

Ergänzend dazu hat die SBB im Bereich der digitalen Kundeninformation signifikante Verbesserungen vorgenommen. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die Einführung der SBB Inclusive App, die die Vorgaben für eine verbesserte Kundenkommunikation erfolgreich umsetzt.

Herausforderungen und Zukunft der SBB im Rahmen des BehiG

Zwanzig Jahre nach Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) steht die SBB vor Herausforderungen, die den Fortschritt verlangsamen. Die Umsetzung erwies sich aufgrund zahlreicher Abhängigkeiten als komplexer als ursprünglich angenommen. Zusätzlich führten präzisere Anforderungen an die Barrierefreiheit dazu, dass statt der geplanten 150 nun über 400 Bahnhöfe umgebaut werden müssen.

In Bezug auf die weiteren Schritte plant die SBB, die Anforderungen des BehiG so bald wie möglich vollständig umzusetzen, wobei der Abschluss der Umbauarbeiten an den noch nicht konformen Bahnhöfen voraussichtlich bis Mitte der 2030er Jahre andauern wird. Die Realisierung dieser Projekte hängt wesentlich von den bereitgestellten finanziellen Mitteln des Bundes ab, informiert die SBB. 

Was sich nun 2024 für Reisende mit einer Behinderung ändert

Ab Anfang 2024 bietet die SBB an allen noch nicht umgebauten Bahnhöfen Überbrückungs- bzw. Ersatzmassnahmen an. Das erweiterte Contact Center Handicap der SBB unterstützt nun Kundinnen und Kunden aller Transportunternehmen bei der Reiseplanung im öffentlichen Verkehr.

An Bahnhöfen, die nicht autonom nutzbar sind, steht das Bahnpersonal mit einer Voranmeldefrist von einer Stunde bereit, um beim Ein- und Aussteigen zu helfen. Bei nicht treppenfreien Bahnhöfen können Reisende mit Mobilitätseinschränkungen bis spätestens zwei Stunden vor Abfahrt einen Shuttle-Fahrdienst zur nächsten zugänglichen Haltestelle telefonisch anfordern – eine frühzeitige Meldung wird empfohlen.

Seit dem 1. Januar 2024 können Reisende mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise nicht nur telefonisch, sondern auch digital über das neue Anmelde- und Informationssystem für assistierte Mobilität (AMO) anmelden. Kundinnen und Kunden im Rollstuhl oder mit Rollator können dies über die SBB Webseite «Reisen mit eingeschränkter Mobilität» tun. Die neuen Shuttle-Fahrdienste sind vorerst ausschliesslich telefonisch verfügbar.

Kundinnen und Kunden mit eingeschränkter Mobilität haben nun über den Onlinefahrplan (sbb.ch und SBB Mobile) die Möglichkeit, sich umfassender über die Barrierefreiheit der Haltestellen und angebotene Ersatz- oder Überbrückungslösungen zu informieren. Dort können sie herausfinden, welche Hilfestellungen für jeden Abschnitt ihrer Reise erforderlich sind.

Aarau24 / Florence Altorfer