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Rapperswil-Jona
17.07.2020
17.07.2020 10:28 Uhr

Geplante 5G-Antenne auf Gebäude in Jona scheitert

Der ausschlaggebende Grund des Scheitern: ein weitsichtiger Nachbar.
Der ausschlaggebende Grund des Scheitern: ein weitsichtiger Nachbar. Bild: Linth24 / Markus Arnitz
Aus einer geplanten Mobilfunkantenne auf einem Gebäude wird nun doch nichts. Innert der 14-tägigen Einsprachefrist haben über 107 Einsprecher ihrer Ablehnung Gehör verschafft.

Mit der Mobilfunkantenne hätte der Vermieter des Mietshauses auf eine 5 bis 6stellige Summe hoffen können, doch daraus wird nun nichts. Swisscom zieht ihr Baugesuch vom 26. Mai 2020 zurück. Binnen der Einsprachefrist hatten über 107 Einsprecher ihrer Ablehnung Gehör verschafft. Gescheitert ist das Projekt jedoch nicht an den gewichtigen Fragen des Ad-Hoc Komitees, sondern an einem Dritten: Dem Besitzer eines Nachbargrundstücks. 

Antenne – fertig – los

Geradezu aus dem Nichts erschien im Juni ein Baugesuch in Jona. Selbstverständlich auf einem Gebäude mit Mietwohnungen und in einem Umfeld, wo vor allem  nur Mieter der unteren Einkommensschichten wohnen. Das ist ohnehin gängige Praxis. Zwar hätte der Stadtrat mit einem Vertrag alle Zügel in der Hand, so dass es keine unterjährigen Überraschungen geben könnte, doch diese gibt es laufend. Nach diesem Vertrag müssten alle Mobilfunkbetreiber ein Jahr im Voraus – man einigte sich auf den Zeitraum August bis September – alle Ausbauvorhaben gegenüber der Gemeinden offen vorlegen. Daraufhin hätte die Gemeinde Zeit um erstens mindestens drei alternative Standorte zu verlangen und zweitens zum Beispiel im Rahmen der jährlichen Bürgerversammlungen bzw. im Jahresbericht über die kommenden Ausbauwünsche zu informieren. Dieses gewichtige Steurungsinstrument besteht seit 2011 zwischen fast allen sanktgallischen Gemeinden und den Mobilfunkanbietern. Wirklich zur Anwendung kommt es kaum. Anders sind die ständigen Überraschungen nicht zu erklären. (Artikel 12. Januar 2020)

Wer geht auf wen zu?

Eigentlich hätte längst die Politik das Heft in die Hand zu nehmen und in jedem Quartier in der Richtplanung Standorte für Antennen vorzusehen gehabt, denn: Es braucht künftig eher mehr als weniger Standorte. Da auch diese Steuerung komplett den Betreibern überlassen wird, gehen diese nach einer einfachen Logik vor: Wo haben wir am wenigsten Einsprachen zu fürchten? Besonders gut bieten sich dazu Industrieanlagen an oder gleich die öffentliche Hand. So gibt es in Jona z.B. die Besonderheit, dass gemeindenahe Betriebe auch die hohle Hand machen, z.B. Auf dem Dach der Wasserversorgung Meienberg mitten in der Landwirtschaftszone oder auf jenem des EW's. Beim EW ist der höchstbelastete Standort übrigens der gegenüberliegende Kindergarten. Ebenfalls beliebt sind Kirchen, die so ihre eingebüsste «Ausstrahlungskraft» und die damit einhergehenden fehlenden Steuereinnahmen ein wenig ausgleichen können. Pro Jahr liegen immerhin fünfstellige Beträge drin.

Die SBB bietet auch Hand an wo sie kann: In Bollingen soll aktuell neben dem Campingplatz eine Antenne aufgestellt werden. Wohnwagen weisen eine sehr schlechte Abschirmung auf, trotzdem wird die Antenne in der grünen Wiese kaum zu verhindern sein. Der Trick dort: Die Antenne steht auf der sogenannten Verkehrsfläche der Bahn und somit innerhalb der Bauzone. Wer jeweils auf wen zugeht ist nicht in Erfahrung zu bringen. Fest steht: Es gibt auch Firmen, die beinahe auf jedem ihrer Dächer in Uznach, Schmerikon, Jona und Pfäffikon Schwyz Antennen haben – ein Zufall kann dies kaum sein. (Siehe hier: www.ivo.sg.ch)

Antenne scheitert an weitsichtigen Nachbar

Das Projekt scheiterte letztlich jedoch nicht an der Sammeleinsprache der 107 Einsprechern von Mietern und Hausbesitzer unmittelbar neben der Antenne. Obwohl die höchste Belastung mitten in der gegenüberliegenden Wohnung der Tägernausstrasse 14 und 16 mit gerade mal 0,03V/m unter dem Anlagegrenzwert lag und aufgrund der Schwankungen sicher täglich auch darüber gesendet hätte, scheiterte sie auch nicht an den rein theoretisch nachgewiesenen technischen Strahlenbelastungen. (Artikel 2. Juli 2020)

Das Projekt scheiterte an der Weitsicht des Nachbarn, welcher beim unlängst erstellten Neubau des besagten Gebäudes bereits vertraglich aushandelte, dass aller höchsten Solaranlagen von 80cm Höhe über das heutige Dach ragen dürften. Ob dieser binnen der kurzen zweiwöchigen Einsprachefrist auf das Baugesuch aufmerksam wurde oder nur aufgrund des beherzten Ad-Hoc Komitees der Sammeleinsprache ist bisher nicht bekannt. Jedoch scheint der Vertrag niet- und nagelfest, weshalb unter diesen Umständen die Swisscom ihr Baugesuch zurückzog. Somit bleiben alle Fragen der Einsprecher unbeantwortet und es wird sicher schon bald irgendwo ein paar Häuser weiter das nächste Baugespann auftauchen. Eine Fortsetzung ist garantiert. 

Vieles spricht für ein Moratorium

Viele Kantonsräte äusserten mehrfach ihre Bedenken gegenüber der aktuellen Mobilfunkplanung. Der Rapperswiler Kantonsrat Christopher Chandiramani SVP oder der Uzner altKR Josef  Kofler SP haben mehrfach gesundheitliche Bedenken zu 5G Antennen an die Regierung überwiesen. Auch Moratorien waren dabei Thema. Alle Bedenken – trotz grossem Rückhalt bzw. ebensolchen Befürchtung in weiten Teilen der Bevölkerung – werden jedoch allesamt stets mit Verweis auf die Anlagegrenzwerte in den Wind geschlagen, egal ob bei Bund, Kantonen oder Gemeinden. Die Gemeinden ihrerseits sind Bewilligungsbehörden, haben jedoch von den zu bewilligenden hochtechnischen Anlagen kaum eine Ahnung. Messgeräte, um die neue Generation von Mobilfunkantennen zu messen, gibt es noch immer keine. Die Messmethodik gibt es erst theoretisch per Hochrechnungen. 

Zudem gibt es mittlerweile mehrere Bundesgerichtsentscheide, welche die Selbstdeklaration Sendeleistung der Betreiber per QS-System mehrfach als ungenügend oder mangelhaft beurteilten. Trotzdem herrscht Stillstand. Der Bund schrieb am 22.04.2020: «Die gesundheitlichen Effekte von Mobilfunkstrahlung und insbesondere von Frequenzen, die in Zukunft voraussichtlich für 5G eingesetzt werden sollen, sind noch nicht abschliessend geklärt.» (Quelle)

Gemeinden schauen zu

All das gäbe zusammen mit dem Vertrag, welchen die Gemeinden ohnehin schon mit den Betreibern haben, eigentlich genug Gründe um kommunal mindestens die Informationspolitik drastisch zu ändern oder gar über ein Moratorium nachzudenken. Den Blick in die Region zeigt jedoch etwas anderes: Die Gemeinden kümmern sich gar nicht um das Thema und hoffen, dass sich die Betreiber oder nötigenfalls die Anwohner per Einsprache um eine sinnvolle Strahlenbelastung kümmern. Es finden sich in kaum einer Berichterstattung der Gemeinden Hinweise, dass eine Behörde beim Ausbau von Mobilfunkanlagen insistierte oder einen aktiven Part in der Gleichverteilung von Strahlenbelastung übernahm. 

Dem ist so wegen folgendem Grund: Erst wenn es alsdann gleich viele Antennen in Villenquartieren wie auf Mietshäusern geben würde, hätten Gemeinden den Beweis erbracht, dass sie die Mobilfunkanlagen in die Hand genommen hätten. Zudem wären Villenquartiere aufgrund der oft erhöhten Lage oder am See ohnehin für Antennen bestens geeignet. Ein super Standort wäre vielleicht neben dem Bauobjekt in der Kempratner Bucht.

Ivo Kuster aus Eschenbach