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Kanton
18.03.2020
18.03.2020 09:17 Uhr

Frankreich lebt vor, was der Schweiz droht

Wer in Frankreich joggen will, muss einen «Passierschein» mit sich tragen.
Wer in Frankreich joggen will, muss einen «Passierschein» mit sich tragen.
Seit gestern dürfen sich Menschen in Frankreich nur noch begründet ausserhalb der eigenen vier Wände bewegen. Ein Szenario, dass der Schweiz möglicherweise bevorsteht.

«Nous sommes en guerre» - «Wir sind im Krieg!» Sechs Mal verwendete Frankreichs Staatspräsident diesen Ausdruck am Montag Abend. 21 Minuten lang sprach Emanuel Macron um 20 Uhr live auf allen TV-Kanälen anstelle der Nachrichtensendungen. Der Feind sei unsichtbar und unschlagbar, sagte Macron. Darum brauche es Massnahmen, die es noch nie in Friedenszeiten gegeben habe.

Für die Wirtschaft stellt der Staat 45 Milliarden Euro bereit. Das Zahlen von allen Strom-, Wasser- und Gasrechnungen und aller Mieten wurde bis auf weiteres aufgeschoben. Im Elsass soll ein grosses Militär-Spital entstehen. Es würden genügend Gesichtsmasken an die Ärzte verteilt. Geöffnet sind nur noch Lebensmittelgeschäfte, Metzger und Bäckereien, Apotheken, Kiosks, Banken und Poststellen. Alles andere ist geschlossen.

Selbstisolation

Macrons Appell richtete sich an das eigene Volk. Man könne dem Virus nur mit Selbstisolation entgegentreten. Die Menschen müssen zuhause bleiben.

Ausserhalb der eigenen vier Wände darf sich nur noch verschieben, wer ein selbst ausgefülltes Formular bei sich trägt. Auf diesem Passierschein muss eines von fünf Kästchen angekreuzt und jedes Mal neu persönlich unterschrieben werden. Nur wenn diese Gründe glaubhaft sind, wird man nicht gebüsst.

  • Grund 1: Verschiebungen von Berufsleuten, deren Arbeit nicht als Tele-Arbeit gemacht werden kann.
  • Grund 2: Verschiebungen für den Einkauf von Lebensmitteln in den nächstgelegenen Laden.
  • Grund 3: Verschiebungen aus medizinischen Gründen.
  • Grund 4: Verschiebungen für die Betreuung von geschwächten Personen oder Kindern.
  • Grund 5: Spaziergänge mit Tieren nahe dem eigenen Haus oder zur sportlichen Einzelbetätigung.

Es gibt nur diese fünf Punkte und kein frei ausfüllbares Textfeld, also keinen Platz für phantasievolle weiterer Gründe.

Ohne Passierschein gibt es Busse

Zur Einhaltung dieser Vorschriften wurden 100'000 Polizisten und Gendarmen mobilisiert. Sie präsentieren sich an fixen und mobilen Kontrollstellen, sowohl auf Haupt- wie auch auf Nebenstrassen in ganz Frankreich. Wer keinen gültigen Passierschein bei sich hat, zahlt eine Busse zwischen 38 und 135 Euro.

Nachdem alle Restaurants, Bars, Hobbygeschäfte, Mode- und Schuhläden, Schmuck- und Kinderkleider-Boutiquen, Sportplätze, Theater oder Kinos geschlossen wurden, steht das öffentliche Leben in Frankreich still.

Die Massnahmen gelten mindestens zwei Wochen.

Mario Aldrovandi aus Südfrankreich