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Kanton
19.04.2021
20.04.2021 19:17 Uhr

Tierleid-Initiative: Kompromiss-Vorschlag angenommen

Nach der Zustimmung des Kantonsrats zum Gegenvorschlag ist eine Volksabstimmung unwahrscheinlich. (Archivbild)
Nach der Zustimmung des Kantonsrats zum Gegenvorschlag ist eine Volksabstimmung unwahrscheinlich. (Archivbild) Bild: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Der St.Galler Kantonsrat hat Anpassungen im Gegenvorschlag zur Tierleid-Initiative gutgeheissen. Das Komitee hat angekündigt, die Initiative bei dieser Ausgangslage zurückzuziehen.

Im letzten Moment hat sich der St.Galler Kantonsrat am Montagnachmittag doch noch zu einem Kompromiss zur Tierleid-Initiative durchgerungen. Das Volksbegehren richtet sich gegen Zäune als Todesfallen für Wildtiere.

In der Februarsession war ein Gegenvorschlag in erster Lesung von der Mehrheit derart abgeschwächt worden, dass eine Volksabstimmung vorprogrammiert war – mit guten Chancen für die Initianten.

Gespräche zwischen den Sessionen

Doch dann gab es nach der Session ausserhalb der Kommission Gespräche zwischen Vertretern des Bauernverbandes und des Initiativkomitees. Auch die Regierung war mit Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner (FDP) beteiligt. Dabei wurde ein Konsens für den entscheidenden Punkt gefunden: für das Stacheldrahtverbot.

Im Februar war mit einer knappen Mehrheit von zwei Stimmen entschieden worden, die Sömmerungsgebiete vom Verbot auszunehmen. Damit wären genau die Gebiete nicht dabei, in denen die meisten Wildtiere leben, hiess es damals im Rat.

Im Kompromissvorschlag tönt es nun anders: Danach würde das Stacheldrahtverbot im ganzen Kantonsgebiet gelten. Es gäbe aber eine Ausnahme: Auf Rindviehweiden in Sömmerungsgebieten dürfte weiterhin Stacheldraht verwendet werden. Hat es dort aber keine Tiere mehr auf der Weide, muss der Draht abmontiert und auf den Boden gelegt werden. Im Schnee wäre er dann nicht mehr zu sehen.

Eine weitere Anpassung: Die Frist für den Auf- oder Abbau von mobilen Zäunen, die noch nicht oder nicht mehr gebraucht werden, soll von 14 auf 8 Tage verkürzt werden.

Erfolgreiche Anträge

Dieser Kompromiss wurde für die zweite Lesung in Form eines Antrags auf Rückkommen von den Fraktionen von CVP-EVP, FDP, SP und Grünen wie auch von den Grünliberalen unterstützt. Die SVP hatte vor der Session angekündigt, dass eine Mehrheit der Fraktion das Geschäft ebenfalls ohne Volksabstimmung erledigen wolle.

Im Rat scheiterte zuerst der Versuch, die Anpassungen zurückzuweisen. Danach hiessen jeweils klare Mehrheiten die Kompromissanträge ohne Änderungen gut. Der Sprecher des Initiativkomitees hatte im Vorfeld angekündigt, dass das Volksbegehren bei einer Gutheissung aller Anträge zurückgezogen werde. Die Schlussabstimmung über das Geschäft findet am Dienstagnachmittag statt.

Die Volksinitiative «Stopp dem Tierleid» wurde gemeinsam von Pro Natura, WWF und den St. Galler Jägern lanciert und mit rund 11'000 Unterschriften eingereicht. Die Mehrheit des Kantonsrat hatte sie abgelehnt. Deshalb wurde ein Gegenvorschlag ausgearbeitet.

Reaktionen der Parteien

In einem Communiqué befürworten die Grünliberalen den beschlossenen Gegenvorschlag. Doch für GLP-Kantonsrat Andreas Bisig (Rapperswil-Jona) ist die Diskussion um die Reduktion von Tierleid damit nicht vom Tisch: 

«Der St.Galler Kantonsrat hat einem Kompromiss-Gegenvorschlag zur Tierleid-Initiative zugestimmt. Die GLP befürwortet den beschlossenen Gegenvorschlag. Er wird zu einer deutlichen Reduktion von Stacheldrähten führen. Die neuen Regelungen zu Zäunen sind verhältnismässig und schlussendlich auch im Interesse der Landwirtschaft. Die Initiative wird nun wohl zurückgezogen.

Die Diskussion um die Reduktion von Tierleid ist damit aber nicht vom Tisch. ‹Es liegt in unserer Verantwortung durch die menschliche Zivilisation ausgelöstes Tierleid zu verhindern›, ist GLP-Sprecher Andreas Bisig überzeugt. Auch durch landwirtschaftliche Maschinen werden in der Schweiz jährlich tausende Amphibien, Vögel und Säugetiere getötet.

Um Unfälle mit Rehkitzen beim Mähen im Kanton St.Gallen zu reduzieren, haben die Jungen Grünliberalen eine Petition gestartet. Bereits 750 Personen haben die Petition unterzeichnet. Die Unterschriftensammlung läuft noch bis Mitte Juli 2021.»

Die Freisinnigen begrüssen den Kompromiss und bezeichnen die gefundene Lösung ebenfalls als «verhältnismässig».

Linth24/sda