Ein St. Galler Chefarzt musste sich am Mittwoch vor dem Kreisgericht St.Gallen wegen fahrlässiger Tötung und Unterlassung der Nothilfe verantworten. Der 55-jährige Schweizer soll im Sommer 2015 den Tod seiner Sexpartnerin verursacht haben.
Der Beschuldigte und die Frau lernten sich bei der Arbeit kennen. Im Frühjahr 2015 gingen sie eine Beziehung ein, die laut Anklage vorwiegend sexueller Natur war.
Harte Praktiken
Im August verabredeten die beiden ein Treffen am Wohnort des Arztes. Am frühen Abend traf die Frau dort ein. Sieben Stunden später alarmierte der Beschuldigte die Polizei. Er habe Besuch, nun sei die Frau verstorben, sagte der Mann am Telefon. Dazwischen soll es während mehrerer Stunden zu intensiven Sexspielen gekommen sein, wobei der Beschuldigte die Frau hart angefasst habe, was bei ihr deutliche Spuren an Armen, Beinen und am Oberkörper hinterliess.
Die untergewichtige Frau soll wegen einer Sauerstoffunterversorgung, begünstigt durch die hohen Temperaturen und die fehlende Flüssigkeitsaufnahme, gestorben sein.
Busse von 6'500 Franken
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten fahrlässige Tötung vor, weil der Tod eine direkte Folge der harten sexuellen Praktiken gewesen sei. Als Arzt hätte er sich der Risiken bewusst sein müssen. Er habe es auch unterlassen, einen medizinischen Notruf abzusetzen und lebensrettende Massnahmen zu ergreifen. Sie beantragt eine bedingte Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu CHF 650.00 und eine Verbindungsbusse von CHF 6'500.00.
Freispruch
Die Einzelrichterin spricht den Beschuldigten letztlich von Schuld und Strafe vollumfänglich frei: «Die sexuelle Beziehung war jederzeit einvernehmlich. Es wurden diverse Sachverhaltsversionen aufgezeigt, aber jene des Beschuldigten ist für mich die plausibelste.» Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, dass er für den Tod von der Verstorbenen verantwortlich sei.
Nach dem Urteil sagte der Vater gegenüber «20 Minuten», dass er mit der Untersuchung des Falles und dem Urteil nicht zufrieden ist. Er ist selbst Gerichtsmediziner und er habe gesehen, dass viele Fehler gemacht wurden, alleine schon bei der Zuständigkeit der Gerichtsmedizin sowie im weiteren Verfahren. Der Beschuldigte habe zudem nur Entlastendes vorgebracht und ansonsten nichts zur Aufklärung beigetragen.
Ob das Urteil weitergezogen wird, lässt der Anwalt des Vaters offen. Zuerst müsse wie gewohnt das schriftliche Urteil abgewartet und studiert werden.