- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Nach der Absage aller Favoriten kommt die FDP nun mit einem Vorschlag aus der links-grünen Küche: ein Doppelpräsidium an der Parteispitze, geteilte Verantwortung mit Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann.
«In EU eingebunden»
Der Glarner Mühlemann ist national wenig bekannt.
Etwas bekannter ist die St. Gallerin Vincenz-Stauffacher. Als «progressive» Frauenpolitikerin mit Engagement in «Umwelt- und Gesellschaftspolitik» beschreibt sie der Tages-Anzeiger. «Rückt die FDP jetzt nach links?», fragt die Republik und schreibt der Partei gleich ein linkes Programm, samt einer Sicherheits- und Rüstungspolitik, «die langfristig in diejenige der EU eingebunden wird».
Tatsächlich: Schaut man sich die politischen Vorstösse von Vincenz-Stauffacher an, könnten sie gerade so gut von einer Politikerin der SP oder der Grünen stammen. Liberal ist anders.
Unterwerfung, ja oder nein?
Die wichtigste politische Frage der Schweiz ist auch die wichtigste politische Frage der FDP: EU-Unterwerfung, ja oder nein.
Vincenz-Stauffachers Position ist klar: Sie will die «Bilateralen III» und die damit verbundene institutionelle Integration samt Übernahme von EU-Recht und der Unterstellung unter den Europäischen Gerichtshof. Sie macht mit bei der Pro-Brüssel-Kampagne Stark und Vernetzt und bei Frauen pro Bilaterale.
Mit der EU sieht sie eine «stabile und geregelte Beziehung», die zu «unserem Wohlstand» beitrage und nur «Vorteile für jede und jeden Einzelnen von uns» bringe. Eine Partnerschaft, basierend auf Vertrauen, Verständnis und Respekt.
Respekt eines Kolonialherren
Schön wär's. Vincenz-Stauffacher blendet aus, dass die EU die Schweiz in der Vergangenheit immer wieder abgestraft und sich um Regeln foutiert hat. Brüssel hat vor Bern so viel Respekt wie ein Kolonialherr Respekt für seine Kolonie empfindet. Wehe, wir stimmen nicht so ab, wie die EU das möchte – dann werden wir verprügelt.
Nicht sehen will Vincenz-Stauffacher, dass Personenfreizügigkeit und Massenzuwanderung den Wohlstand, gemessen am Einkommen pro Kopf, nicht erhöht haben.
Enge Unterhosen
Sie ignoriert weiter den Souveränitätsverlust, die Preisgabe der Neutralität. Lieber flüchtet sie sich in abgehangene Gemeinplätze: «Vernetzen, nicht abschotten», sei das Motto ihrer politischen Arbeit.
Auch hier übersieht sie, dass die wahren Abschotter jene sind, die die Schweiz in die engen Unterhosen nach Brüsseler Zuschnitt stecken wollen.
Freiheit oder Zentralismus
Die FDP steht also am Scheideweg: Steht sie, die Gründerpartei der modernen Eidgenossenschaft von 1848, noch für die Werte, die die Schweiz erfolgreich gemacht haben, für Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Neutralität, direkte Demokratie, Föderalismus?
Oder setzt sie auf Gleichmacherei, Bürokratismus und Zentralismus à la EU?
Es wird spannend. Für uns alle, aber auch für die Zukunft der FDP.