Linth24: Enzo Enea, warum platzierten Sie in die Art Basel eine Streuobstwiese?
Enzo Enea: Das Thema geht auf die Zeit zwischen 1950 und 1975 zurück. Damals zerstörte man in der Schweiz wegen des steigenden Alkoholkonsums und der sozialen Probleme daraus 11 Millionen Obstbäume. Danach entstanden in den Wiesen nur noch Monokulturen – und zugleich wurden viele alte Äpfel- und Birnensorten eliminiert.
Landschaftsarchitekt Enea startet «eine Gegenbewegung»

Sind Monokulturen wirklich so schädlich?
Ob man dem schädlich sagen kann? Sicher aber ist, Monokulturen sind anfällig auf Krankheiten, weshalb zu ihrem Schutz viel Chemie eingesetzt werden muss. Und das gelangt ins Grundwasser. Damit wird unser Wasser immer schlechter und das Gift bleibt im Wasserkreislauf. Deshalb habe ich an der Art Basel einen Naturgarten gezeigt, in dem alles essbar ist, Gemüse, Früchte und Bäume, die Früchte tragen.
Was für Bäume?
Es gab einen Kastanienbaum, Apfelbäume, alte Birnbäume und Kirschbäume. Am Boden wuchsen überall essbare Kräuter: Fenchel, Rosmarin, Salat, Bohnen, Artischocken etc. Erstaunlich war, dass wir schon nach kurzer Zeit Bienen und Schmetterlinge beobachten konnten, und auf einmal waren noch Singvögel da.

Erstaunlich, weil das in den Messehallen geschah?
Ja, und erst noch mitten in der Stadt Basel, wo alles zubetoniert ist. Man konnte an diesem Beispiel sehen, wie schnell man etwas zum Guten wenden kann. Diese Streuobstwiese im Hof der Halle 2 bauten wir in drei Tagen auf. Das hat verdeutlicht, dass wir Menschen, geben wir uns Mühe, viel schneller als gedacht zu erfreulichen Resultaten kommen.
Die Streuobstwiese als Vision?
Man kann dem so sagen. Wenn bald alles zur Monokultur wird und wir deshalb nur noch mit Pestiziden um uns schlagen, kommt das nicht gut. Mit meinem Garten wollte ich eine Gegenbewegung in Gang setzen.
Wie soll das gehen?
Der nächste Schritt ist, dass die Medien darüber berichten. Dabei geht es nicht darum, mit dem Zeigefinger auf die Menschen zuzugehen, sondern aufzuzeigen, wie es anders und besser funktionieren kann. Das habe ich an der Art Basel gesehen: Ich sass dort, und die Menschen waren sehr interessiert am Thema, viele kamen auf mich zu und wollten darüber reden.
Sollten Landbesitzer und Behörden handeln?
Das wäre fantastisch. Aber ich bin kein Politiker, sondern Unternehmer. Wie ich an der Art Basel gesehen habe, haben sich die Menschen nicht nur für Kunst interessiert, sondern sie waren genauso offen für das von mir gesetzte Thema.

Woher kommt Ihre Inspiration?
Aus meiner täglichen Arbeit auf der ganzen Welt. Ich sehe, wie schwierig es geworden ist, etwas zu pflanzen, weil der Boden überall stark verdichtet ist. Wir haben eine intensive UV-Bestrahlung und immer mehr Pflanzenkrankheiten. Das macht es kompliziert – sowohl generell für die Menschen, aber auch für uns Fachleute, die Nachhaltiges schaffen wollen.
In Jona haben sie ein riesiges Baumuseum geschaffen – weshalb?
Mein Baummuseum ist mein Herzensprojekt, an dem ich nonstop arbeite, in dem ich meine Mitarbeiter schule, meine Lehrlinge ausbilde und meine Garten-Akademie aufbaue. Das Baummuseum ist meine Freude und meine Passion.

Was sind Ihre Pläne?
Das Baummuseum ist umgesetzt, jetzt folgt der wissenschaftliche Teil, in dem wir Messungen durchführen. Wie viel Wasser zieht ein Baum wirklich? Wie viel Feuchtigkeit verdunstet? Wie viel Energie entwickelt er pro Tag, um Sauerstoff zu produzieren? Und wie stark senkt ein Baum die Temperatur in seiner Umgebung – fünf oder viereinhalb Grad? Ich möchte Natur und Technik zusammenführen.
In der Nähe Ihres Baummuseums soll in den nächsten 10 bis 15 Jahren 400'000 Kubikmeter Bauschutt abgelagert werden und dort verbleiben. Was halten Sie davon?
Ich erachte die Gefährdung des Grundwassers durch diese riesige Deponie als sehr erheblich. Aktuell überschreiten in der Schweiz einige Standort die Grenzwerte der EU-Trinkwasserrichtlinie. Der Deponiestandort in Stadtnähe ist daher falsch gewählt. Zusätzlich führen die vielen Lastwagenfahrten zu einer zusätzlichen Belastung. Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung wäre in jedem Fall unabdingbar. Deshalb haben wir am Mitwirkungsverfahren der Stadt teilgenommen und uns klar gegen die Deponie ausgesprochen.