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Uznach
30.06.2025

Ein Tag im Waldkindergarten

Beim Gesellschaftsspiel-Posten (l.) während des Waldkindergartens.
Beim Gesellschaftsspiel-Posten (l.) während des Waldkindergartens. Bild: LinthSicht, Nr. 119/Juni 2025/www.pexels.com/Collage: Linth24
Yvette Burkhalter und Karen Dubach leiten seit bald zwei Jahren den Wald- und Naturkindergarten in Uznach. Sie beschreiben, wie ein ganz «normaler» Tag im Waldkindergarten aussieht.

Durch diesen Bericht erhalten alle jungen Eltern die Möglichkeit, die Chancen dieses Angebots mit den Bedürfnissen der eigenen Kinder abzugleichen.

Überraschung am Morgen

Am Morgen besammeln sich Gross und Klein bei der Linde hinter dem Schulhaus Büel. Naja, etwas ist am heutigen Tag doch aussergewöhnlich: Über dem Schulhaus erblicken wir die wunderschönen Farben eines Regenbogens. Für dieses Naturphänomen nehmen wir uns Zeit und staunen gemeinsam und erklären, was wir sehen.

Und das machen wir dann auch, wenn wir auf eine grosse Schnecke treffen, einen Specht hören oder der Wind die Blätter herumwirbelt. Denn in Kinderaugen und -ohren ist vieles erstaunlich aussergewöhnlich, was für uns ganz normal ist. 

Verhalten der Strasse entlang

Von unserem Sammelpunkt aus machen wir uns auf den Weg zu unserem Waldplatz im Underen Buechwald. Der Herrenackerstrasse entlang gehen die Kinder in Zweierreihen.

Die vordersten Kinder dürfen beim Überqueren der Strasse sagen, wann diese für uns frei ist. So lernen sie schon früh, achtsam mit dem Verkehr umzugehen.

Das schätzen nicht nur die Lehrpersonen der Unterstufe, sondern hilft auch den Eltern, die sich weniger Sorgen zu machen brauchen, wenn ihre Kinder alleine mit den «Gschpänli» auf dem Schulweg sind. 

Im Wald angekommen...

Danach führt unser Weg etwa 15 Minuten den Reben und der Weide entlang bis zum Waldeingang des Underen Buechwalds.

Ab diesem Punkt müssen die Kinder nicht mehr in der Zweierreihe gehen und geniessen es, zu rennen, mit den «Gschpänli» oder Lehrpersonen zu plaudern oder Tiere und Pflanzen zu entdecken.

So ruft heute ein Kind: «Achtung, hier ist eine Schnecke; aufpassen!» und etwas später ein anderes Kind: «Hier wachsen ganz viele junge Eichen!»

Waldbegrüssungslied

Bei der Feuerstelle Unterer Buchwald singen wir unser Waldbegrüssungslied. Viele Vögel begleiten unser Lied mit ihrem Gesang.

Da heute keine Spaziergängerinnen und Spaziergänger oder Hunde in Sicht sind, dürfen die Kinder bis zum nächsten Wartepunkt rennen.

Viele Kinder sammeln auf dem Waldweg Stöcke und andere «Waldschätze». Damit bauen sie «Wohnungen» oder Zwergenhäuser oder dekorieren den Waldsofakreis.

Spielen beim Waldsofa

Beim Waldplatz hinter dem Schiessstand Uznach angekommen, ziehen die Kinder ihre Rucksäcke und den Kindergartenstreifen aus und deponieren beides an ihrem eigenen Garderobenplatz beim Waldsofa.

Danach gehen sie in Gruppen ihren Spielen nach: Wohnung putzen und dekorieren, Hütte bauen, klettern, Familie spielen usw.

Die Lehrperson richtet inzwischen Unterrichts-Posten ein.

Lehrreiche Posten

Sobald die Fünftonflöte «Halli hallo dahäre cho» spielt, rennen oder hüpfen die Kinder aus allen Ecken des Waldkindergartens zum Waldsofa und setzen sich in den Morgenkreis.

Nach einem gemeinsamen Wald- und Bewegungslied erklärt die Lehrperson den Kindern die Aufgaben an den unterschiedlichen Posten:

  • Beim Gesellschaftsspiel-Posten unter den Buchen darf jedes Kind der Reihe nach zwei Würfel werfen. Dann zählt es die Anzahl gewürfelter Punkte und schaut, welches Baumblatt der zweite Würfel anzeigt. Auf einem Raster, welches vor ihm liegt, sucht es nun die Ziffer (der Anzahl gewürfelter Punkte) und das Blatt, welches der zweite Würfel anzeigt, und legt einen Stein auf das Feld, wo sich Ziffer und Blatt kreuzen (siehe Foto). Am Ende des Spieles sollen möglichst viele Felder bedeckt sein.

  • Beim Posten Formenerkennung warten Karten mit jeweils einem bunten Käfer und vier kleinen Schattenbildern von unterschiedlichen Käfern auf die Kinder. Sobald sie das Schattenbild des bunten Käfers erkennen, klammern sie eine Wäscheklammer genau dort an die Karte. Nach dem Umdrehen der Karte kann jedes Kind die richtige Lösung sehen.

  • Beim Posten Feuerwanzenzählen müssen erwachsene und junge Feuerwanzen auf einem Bild unterschieden werden. Nach dem Zählen legt jedes Kind so viele Tannzapfenschuppen zu seinem Bild, wie es junge Wanzen gezählt hat. Auch hier können die Kinder die Karte umdrehen, um die richtige Anzahl selbständig zu erkennen.

Zur Melodie der Indianerflöte wird jeweils der Posten gewechselt.

Nun haben alle Kinder die verschiedenen Aufgaben gelöst und räumen gemeinsam den letzten Posten auf. Das Material bringen sie zurück in den Waldsofakreis. 

«Min Buuch, de chnurrt so luut»

Nach so viel Arbeit knurrt bereits der eine oder andere Magen, und wir singen gemeinsam unser Znüni-Lied «Min Buuch, de chnurrt so luut».

Heute dürfen die Kinder ausserhalb des Kreises Znüni essen. Da dies nicht immer erlaubt ist, ist die Freude gross. Sie holen eifrig ihre Rucksäcke mit dem Znüni  und suchen sich ihre «Gschpänli» und den Lieblingsplatz, um gemeinsam den Hunger zu stillen.

Zeit zum Spielen

Nach dem Znüni bleibt noch Zeit, um sich in das freie (selbst  gewählte) Spiel zu vertiefen. Viele Kinder spielen heute ganz ohne Zusatzmaterial.

Einige machen dort weiter, wo sie vor der geführten Aktivität bereits begonnen haben. Andere holen sich Rechen, Seile, Lupen oder Bastelmaterial. 

Abschluss des Waldmorgens

Am Ende des Morgens wird aufgeräumt. Bevor wir im Schlusskreis den Wald mit einem Lied verabschieden, darf jedes Kind erzählen, welcher der heutigen Posten ihm am meisten Freude bereitet hat.

So geht unser Kindergartenmorgen zu Ende, und wir ziehen Rucksäcke und Kindergartenstreifen an, um den Rückweg zum Schulhaus Büel unter die Füsse zu nehmen.

Vielseitige Förderung der Kinder

Der Waldkindergarten findet das ganze Jahr bei (fast) jedem Wetter statt. Wenn es aber stürmt oder zu viel Schnee auf den Bäumen liegt, bleiben wir in unserem Innenraum im Schulhaus Büel.

Der Waldkindergarten bringt nebst der Förderung gemäss Lehrplan weitere Vorteile: Schulung der Feinmotorik und des Bewegungsapparats; mehr Selbständigkeit und körperliche Fitness; Förderung der Fantasie, Neugier, Wahrnehmung durch alle Sinne und des Forschergens und natürlichen Bewegungsdrangs.

Pro Jahrgang können lediglich maximal 16 Kinder aufgenommen werden.

Yvette Burkhalter & Karen Dubach, Schule Uznach, LinthSicht, Nr. 119/Juni 2025/Linth24