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22.06.2025
22.06.2025 19:20 Uhr

Falls du einem Wolf begegnest…

Pro Natura gibt Tipps für sicheres Verhalten bei Wolfsbegegnungen – ob beim Spazieren, Joggen, Velofahren oder Reiten.
Pro Natura gibt Tipps für sicheres Verhalten bei Wolfsbegegnungen – ob beim Spazieren, Joggen, Velofahren oder Reiten. Bild: Pro Natura
Die Begegnung mit einem Wolf in freier Wildbahn ist für die meisten Menschen unwahrscheinlich. Theoretisch ist es aber in weiten Teilen der Schweiz möglich, zufällig einem Wolf zu begegnen. Hier liest du, welches Verhalten in dieser Situation am besten ist.

Manche Menschen versuchen jahrelang, einen Wolf in der Natur zu beobachten. Sie pirschen durch Wolfsreviere, harren stundenlang mit dem Fernglas in der Kälte aus – aber es will und will nicht klappen. Andere Menschen gehen mal eben auf einen Waldspaziergang oder sind beim Skifahren. Ganz überraschend und vielleicht mit mulmigen Gefühlen kreuzen sie einen Wolf.

Alle Emotionen sind ok

Manche Menschen freuen sich tierisch darüber, einen Wolf beobachten zu können. Andere empfinden Wölfe als bedrohlich und möchten jede Begegnung vermeiden.

Schwierig wird es, wenn diese Gefühle gegenseitig nicht akzeptiert werden. «Gefühle müssen ernst genommen werden», schreibt Pro Natura.

Wer Angst vor Spinnen, Schlangen, Wölfen oder irgendetwas anderem hat, brauche zuerst Verständnis, nicht Statistiken. Werde dieser Grundsatz missachtet, fühle sich die von Ängsten verfolgte Person abgewertet und nicht ernst genommen. Das verunmögliche jenen Dialog, der für die gute Nachbarschaft von Menschen und Wölfen in der Schweiz zentral sei.

Wo und wann sind Wolfsbegegnungen am wahrscheinlichsten?

Die meisten Wölfe in der Schweiz leben in den Alpen, Voralpen und dem (südlichen) Jura. Einzeltiere können auf Wanderungen jedoch im ganzen Land auftauchen. Nah-Begegnungen sind gemäss Pro Natura selten.

Im Winter halten sich Wölfe eher im Tal und damit in Menschennähe auf, weil auch ihre Beutetiere dort zu finden sind. Dann nutzen sie auch Forststrassen, weil die Fortbewegung dort leichter fällt als im tiefen Schnee.

Am frühen Morgen oder in der Abenddämmerung, wenn die menschliche Aktivität gering ist, sind Wölfe eher auch in Siedlungsnähe unterwegs. Jäger und Hirten kommen aufgrund ihrer Tätigkeiten eher mit Wölfen in Kontakt. Pilzsammler oder Orientierungsläufer könnten Wölfe auch mal in der Nähe ihres Baus aufscheuchen.

Die meisten Wölfe würden näherkommende Menschen bemerken und ausweichen, ohne dass es zu einer Begegnung komme, so Pro Natura weiter.

Wolfsangriffe: Selten und kaum gefährlich

Wie bei jedem Wild- oder Haustier kann es auch bei Wölfen zu Unfällen kommen. Die Gefahr, von einem Wolf angegriffen zu werden, ist gemäss Pro Natura jedoch sehr gering. «In der Schweiz sterben jedes Jahr im Durchschnitt zwei Menschen an Bienenstichen, während der letzte bekannte Todesfall durch einen wilden Wolf in ganz Europa mehr als 50 Jahre zurückliegt», so Pro Natura.

Eine Analyse des Norwegischen Instituts für Naturforschung (NINA) aus dem Jahr 2020 zeigt, dass es weltweit jährlich etwa 27 Wolfsangriffe auf Menschen gibt. Davon enden durchschnittlich 1,4 tödlich. Die meisten dieser Vorfälle passieren in ländlichen Regionen wie Indien, dem Iran oder Anatolien. Dort würden Wölfen oft natürliche Beutetiere fehlen, offene Müllkippen ziehen sie in die Nähe von Menschen, und die Tollwut spiele eine Rolle.

Wie scheu sind Wölfe

Pro Natura beschreibt Wölfe als Tiere mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten, vergleichbar mit Menschen. «So gibt es Draufgänger ebenso wie schreckhafte Exemplare. Als Beutegreifer an der Spitze der Nahrungskette zeigen Wölfe eine natürliche Neugier und sind keine reinen Fluchttiere.»

Typische Verhaltensweisen sind etwa das Jagen flüchtender Beute oder die arglose Neugier halbwüchsiger Jungwölfe. Diese individuellen Unterschiede prägen den Umgang mit Wölfen und erklären, warum Begegnungen unterschiedlich verlaufen können.

Die meisten Wölfe würden die (nahe) Begegnung mit Menschen meiden. «Sie nehmen uns nicht als Beute wahr.» Das heisst: Auch wenn ein Wolf einen aus der Distanz erst einmal mustert und nicht sofort flieht, bestehe kein Grund zur Sorge.

Richtiges Verhalten

«Grundsätzlich ist die Gefahr, die von Wölfen in der Schweiz ausgeht, sehr klein. Die Haltung «Es wird nichts passieren» habe viel Einfluss auf Stimme und Sicherheitsgefühl – und genau das helfe, richtig zu reagieren.

Auch im Wolfsgebiet könne man problemlos allein spazieren, wandern oder reiten gehen.

Die folgenden Tipps gelten nur für den seltenen Fall, dass einem ein Wolf ganz nahekommt. Wer Kinder hat, die allein in der Natur unterwegs sind, solle mit ihnen über das Thema sprechen, empfiehlt Pro Natura.

Pro Natura betont, dass es wichtig ist, mit Respekt und Wissen auf Wölfe zu reagieren, um ein gutes Zusammenleben von Mensch und Wolf zu fördern.

Verhalten beim Spazieren und Wandern

Sei selbstbewusst, mache dich gross, klatsche in die Hände und rufe laut. Bleibt der Wolf stehen oder fühlst du dich unsicher, ziehe dich langsam zurück und behalte ihn im Blick. Renne auf keinen Fall! Folgt dir ein neugieriger Jungwolf, mache mit einer lauten Stimme, Anschreien oder mit einem Stock deutlichen Nachdruck. Gehe nur vorsichtig auf ihn zu, ohne ihn einzuschüchtern.

Verhalten beim Joggen und Velofahren

Halte an, beobachte den Wolf und stelle dein Velo zwischen dich und das Tier. Wenn der Wolf Interesse zeigt, klatsche und rufe laut.

Halte deinen Hund stets an der Leine oder unter Kontrolle. Weckt ein Hund das Interesse des Wolfs, bring ihn dicht zu dir.

Drohgebärden des Wolfs richten sich meist gegen den Hund, nicht gegen dich.

Verhalten beim Reiten

Wölfe sehen Reiter und Pferd als Einheit und ziehen sich meist zurück. Vermeide laute Geräusche, um dein Pferd nicht zu erschrecken. Reite oder führe dein Pferd ruhig an dem Wolf vorbei oder kehre um, wenn nötig. Sprich ruhig mit deinem Pferd, damit auch der Wolf deine Stimme hört.

Gabriela Gasser, Zürioberland24