Home Region Sport Schweiz/Ausland Rubriken Agenda
Kolumne
14.12.2024
15.12.2024 06:17 Uhr

Zinssenkung animiert Börse wenig

Die Leitzinssenkungen erzeugten nur wenige Börsen-Impulse, wegen abkühlender Wirtschaftsdynamik und der Geopolitik, so Christopher Chandiramani.
Die Leitzinssenkungen erzeugten nur wenige Börsen-Impulse, wegen abkühlender Wirtschaftsdynamik und der Geopolitik, so Christopher Chandiramani. Bild: Linth24
SNB und EZB lockerten die Geldpolitik, gaben der Börse aber nur wenige Impulse. SMI schwächer: 11'694 Punkte. Franken leicht schwächer zu Dollar und Euro, Bitcoin über USD 100'000.

Im aktuellen Jahr 2024 startete die Schweiz mit einem Leitzins der SNB von 1.75 Prozent. Nach dem grossen Senkungsschritt in der Berichtswoche liegt dieser neu bei 0.5 Prozent. Aber die Märkte rechnen damit, dass die Nationalbank die Zinsen weiter senkt – auf null Prozent oder später sogar negativ. Das bedeutet das Ende einer Inflationsphase und auch indirekt der Wechselkurspolitik, eine Schwächung des Frankens gegenüber dem Euro. Das erklärt auch eine stärkere Senkung der Schweizer Zinsen zur Exportförderung. Im Euroraum ist die Reduktion konjunkturell bedingt, als Folge der Krisen in Deutschland und Frankreich. Die Europäische Zentralbank EZB senkte die Zinsen zum vierten Mal in diesem Jahr. Mit minus 0.25 Prozent setzen die Währungshüter den Zins auf neu 3.0 Prozent herab.

Die Zinsen für Festhypotheken sinken in der Schweiz deutlich. Die Zinskonditionen haben sich in der Schweiz im Verlauf des zu Ende gehenden Jahres deutlich verbessert. Mit dem von SNB im März eingeschlagenen Zinssenkungszyklus sind auch die Festhypotheken günstiger geworden. Das gilt auch für SARON-Geldmarkthypotheken.

Die Abschaffung des Eigenmietwerts rückt in weite Ferne. Das Parlament tut sich weiterhin schwer mit dem Thema. Es zeichnet sich momentan keine Lösung zwischen den beiden Räten ab. National- und Ständerat bleiben in zentralen Fragen uneinig. Bergkantone beharren auf der Steuer für Feriendomizile. Nun liegt die Hoffnung auf der bevorstehenden Einigungskonferenz – doch die Aussichten sind eher düster.

Bundesrat lehnt die Erbschaftssteuerinitiative der Juso ab. Der Bundesrat warnt vor den Folgen des Volksbegehrens, das Millionenerbschaften ab 50 Mio. massiv besteuern will. Er will auch keinen Gegenvorschlag ausarbeiten. Aus seiner Sicht könnte das Volksbegehren unter dem Strich zu weniger Erträgen führen, weil die meisten Multimillionäre die Schweiz verlassen würden.

Unternehmensnachrichten

Der Rückversicherer Swiss Re hat sich für 2025 ein Gewinnziel von USD 4.4 Mrd. gesteckt. Gleichzeitig erhöht er die Ziele für die einzelnen Sparten. Im Geschäftsbereich Life & Health strebt er für das kommende Jahr USD 1.6 Mrd. Gewinn an, Die Schaden-Kosten-Quote soll im Bereich Sach- und Haftpflichtrückversicherungen unter 85 Prozent liegen (87 für 2024). Die Dividende will Swiss Re in den kommenden drei Jahren um jährlich mindestens 7 Prozent steigern. Die Eigenkapitalrendite soll weiterhin über 14 Prozent liegen.

Die Aktien von Nestlé bewegen sich unter 75 Franken. Damit sind die Papiere des Börsenschwergewichts auf einem Sechs-Jahres-Tief. Marktexperten vermuten, gestützt auf Angaben der Bank Vontobel, dass beim deutlichen Unterschreiten der 75-Franken-Marke eine grössere Verkaufswelle durch Derivate entstehen könnte. Fundamental gibt es aber keine Alarmsignale.

Seit Georg Fischer bekanntgegeben hat, sich auf Rohrleitungssysteme zu konzentrieren, ist der Kurs bereits fast 30 Prozent gestiegen. Mit der Übernahme von Uponor sind die Neuausrichtung und die damit einhergehenden Devestitionen gut vorbereitet worden. Ohne die Maschinenbau- und die Leichtmetallgussaktivitäten wird Georg Fischer stabiler und leistungsfähiger. Georg Fischer hat eine grosse Transformation bewältigt. Anstatt aus vier soll Georg Fischer künftig aus zwei Divisionen bestehen: GF Piping Systems und GF Building Flow Solutions.

Der Pharmazulieferer Lonza hat einen Käufer für seine Chemiesparte gefunden. Lonza veräussert den Bereich Specialty Ingredients für 4,2 Milliarden Franken an die Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven. Die beiden Investoren wollten in das Geschäft investieren, hiess es in der Medienmitteilung von Lonza zu Wochenbeginn.

Der Pharmakonzern Roche hat in der EU für sein Augenmittel Vabysmo die Zulassung zur Behandlung dreier Netzhautkrankheiten in Spritzenform erhalten. Das Mittel ist in anderer Form bereits in mehr als hundert Ländern zugelassen.

Der Flughafen Zürich hat im November mit 2.19 Mio. Personen erneut mehr Passagiere befördert als vor einem Jahr, insgesamt 7.3 Prozent. Das Passagieraufkommen entspreche 98.4 Prozent des Vorpandemieniveaus, heisst es in der Mitteilung des Flughafens.

Der angeschlagene Solarmodulhersteller Meyer Burger könnte vielleicht einen Produktionsstandort in der Ostschweiz eröffnen. Auf Initiative von Meyer-Burger-Aktionär Urs Anderegg aus St.Gallen gibt es Überlegungen, die Produktion von Solarmodulen ins Toggenburg zu holen.

Aussichten

Das Börsenjahr 2024 neigt sich dem Ende entgegen. Die durchschnittliche Kursentwicklung war bescheiden. Das «Weihnachtsgeschenk» mit Zinssenkungen wäre eine gute Grundlage für eine Wiederbelebung der Aktien im nächsten Jahr. Es gibt jedoch noch wirtschaftliche und politische Probleme im Euroraum zu lösen, vor allem Deutschland und Frankreich. Bei der Automobilindustrie und den Zulieferern halten die Schwierigkeiten noch länger an. Die Konkurrenz aus Asien ist gross. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist noch ungelöst. Israel und Libanon haben zurzeit Waffenstillstand, in Syrien bestehen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft. Die Wirtschaftspolitik der USA unter Trump birgt noch einige Überraschungen in sich. Erste Unternehmensabschlüsse für 2024 werden ab Mitte Januar publiziert. Gewinne und Dividenden könnten besser werden als 2023, sind jedoch branchenabhängig. Bei den Versicherungen und der Pharmabranche sind wir zuversichtlich. Nestlé zu den aktuellen Tiefstkursen wäre auf diesem Niveau wieder interessant.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24