Nach «AIDS» oder «COVID» gibt es jetzt ein neues Kürzel, welches beunruhigt «PFAS». PFAS ist die Abkürzung für «per- und polyfluorierte Alkylverbindungen». Diese Stoffgruppe umfasst nach letzten Schätzungen mehr als 10’000 verschiedene Stoffe. PFAS kommen nicht natürlich vor und werden erst seit den späten 1940er Jahren hergestellt und eingesetzt.
Verwendet wird PFAS zum Beispiel für wasserabweisenden Regenjacken, teflonbeschichteten Bratpfannen oder Löschschaum. St.Galler Politiker von SP und Grünen bezeichnen dies als «ewiges Gift», denn ein Abbau für dieses Material gibt es nicht und für den Menschen sind sie schädlich.
Wie das «ewige Gift» in die Böden kam
Bis ins Jahr 2006 war es üblich, dass Schlämme aus Kläranlagen als Dünger auf Landwirtschaftsböden verteilt wurden. Im Gegensatz zur Gülle (Mischung aus Kot von Tieren und Stroh) sind und waren dieser Klärschlamm immer auch mit unnatürlichen Materialien verseucht, darunter auch PFAS. Die Kläranlagen waren aber froh, dass sie diesen Dreck loswurden und einige Bauern dachten, dass das gut für ihre Böden ist.
Zur Jahrhundertwende gab es aber immer mehr warnende Stimmen. Aus diesem Grund verzichteten viele Bauern auf das Verteilen von Klärschlamm. Weil sie ihren Schlamm nicht mehr loswurden, begannen die Kläranlagen die Bauern zu bezahlen, die ihn auf ihren Böden verteilten. Die Fraktion der SP und Grünen listet dieses Vorgehen auf und schreibt: «Anschliessend wurde das Ausbringen von Klärschlämmen in der Landwirtschaft geächtet und schliesslich verboten.»
Noch ist aber nicht klar, wo wieviel Giftschlämme produziert und wo sie verteilt wurden. Die SP und Grüne Fraktion verlangt hier eine geschichtliche Aufarbeitung.
Vom Dreckboden zum Giftfleisch
In einer Medienmitteilung vom 28.August gab die Regierung des Kantons St.Gallen bekannt, dass fünf Bauernbetriebe in der Region Mörschwil-Eggersriet-Untereggen-Goldach-Altenrhein-St.Margrethen so stark belastete Böden haben, dass das Fleisch der darauf weidenden Tiere nicht mehr verkauft werden darf.
Für die betroffenen Bauern hat dieses Verkaufsverbot massive Konsequenzen. Diese seien «Existenzbedrohend» schreibt die SVP, denn der Fleischverkauf sei ihre «Haupteinnahmequelle». Darum sollten die Bauern vom Kanton entschädigt werden, und zwar «ohne grosse bürokratische Hürden».
Fleisch betroffen - Milch & Früchte unklar
Im St.Galler Kantonsrat sind diese Woche acht Vorstösse zum Thema PFAS eingereicht worden. Zwei davon hat die Regierung bereits beantwortet: Die allermeisten Böden im Kanton seien nicht mit PFAS belastet, betonte Susanne Hartmann, Vorsteherin des Bau- und Umweltdepartements, am Mittwoch im Rat. «Wir wissen grob, wo die belasteten Flächen liegen.»
Obwohl das Ausbringen der Giftschlämme seit fast 20 Jahren verboten ist, gibt es erst seit dem 1.August dieses Jahres verbindliche Grenzwerte für Fleisch. Für Milch ist die Übernahme von EU-Werten für das nächste Jahr in Aussicht gestellt. Für Obst gibt es keine Werte.
Giftwerte sollen gesenkt werden
Die Giftwerte für das Fleisch waren die Basis für das Verkaufsverbot bei den fünf Betrieben. Betroffen sind jedoch bisher 26 Bauernbetriebe, denen Empfehlungen abgegeben wurden. Und in mittlerweile neun Betrieben mit belastetem Fleisch wurde die «Einleitung von Senkungsmassnahmen verfügt», wie es in der Antwort der Regierung heisst.
Zu diesen «Senkungsmassnahmen» gehört, dass die Tiere nur noch über die öffentliche Trinkwasserversorgung getränkt werden dürfen und nicht mit Wasser, welches über die verseuchten Böden zu den Ställen gelangt. Wie weit das Futter eine Rolle spielt, ist noch unklar.
Schaden muss bezahlt werden
Ein grosses Thema sind die finanziellen Folgen. Einerseits geht es um die Hilfe für die Landwirte. Die Regierung wird für die Unterstützung von Härtefällen eine Vorlage erarbeiten. Für das Geschäft ist auch bereits eine vorberatende Kommission bestellt worden.
Gefragt wird aber auch, wer für den Schlam(m)-Massel zuständig ist. Die SP-Grüne-GLP-Fraktion verlangt, dass man die Verursacher der Misere namentlich nennt.
In eine ähnliche Richtung zielt Peter Nüesch, der Präsident des St.Galler Bauernverbandes: «Müssen Betreiber von Abwasserreinigungsanlagen, die Klärschlamm als Dünger für Landwirte abgegeben haben, nachträglich mit Kostenfolgen oder Ersatzforderungen rechnen?». Auf diese Frage gibt es noch keine Antwort.