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Kanton
12.04.2024
13.04.2024 06:29 Uhr

Büchel blickt auf Aussenpolitik

Neutralitätsinitiative: Gestern wurde der Bundeskanzlei eine beeindruckende Anzahl Unterschriften übergeben.
Neutralitätsinitiative: Gestern wurde der Bundeskanzlei eine beeindruckende Anzahl Unterschriften übergeben. Bild: zVg
Der Rheintaler Nationalrat Roland Rino Büchel spricht über die neue Neutralitätsinitiative, das Klimaseniorinnen-Urteil am Menschenrechtsgerichtshof und Alain Bersets Kandidatur.

Die eidgenössische Aussenpolitik ist im Brennpunkt des Geschehens. Wohl so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wir haben mit dem St.Galler Nationalrat Roland Rino Büchel darüber gesprochen. Er ist der erfahrenste Aussenpolitiker im Nationalrat.

Roland Rino Büchel, Sie sind das amtsälteste Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats.
Tatsächlich, die Zeit vergeht … Ich bin seit 14 Jahren Mitglied der Kommission.

Sie waren gestern dabei, als die sogenannte Neutralitätsinitiative in Bern bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde.
Mehr als 180'000 Unterschriften sind zusammengekommen. Davon sind über 130'000 beglaubigt und seit gestern deponiert. Im Rheintal, speziell in Oberriet, waren wir sehr aktiv. Dafür habe ich gesorgt. (lacht)

Was hat die Leute motiviert, so aktiv zu sammeln?
Es ist ein enorm wichtiges Volksbegehren. Ist die Neutralität in der Verfassung klar genug und umfassend geregelt? Wie positioniert sich die Schweiz in der Welt? Das sind die Fragen.

Und was ist Ihre Antwort?
Die Initiative bringt die richtige Lösung.

Alt Bundesrat Christoph Blocher war bei der Übergabe der Unterschriften prominent dabei. Ein Zeichen dafür, dass das Anliegen für die SVP eine hohe Priorität geniesst?
Es freut mich, dass die Initiative neben Christoph Blocher weitere bekannte Persönlichkeiten mit im Boot hat. Auch solche, die aktuell nicht im Parlament sitzen.

Zum Beispiel?
Alt Nationalrat Prof. Dr. Hans-Ueli Vogt, alt Ständerat Thomas Minder oder Dr. Stephan Rietiker, der Präsident von Pro Schweiz. Dabei sind aber auch der bekannte Börsen-Guru Marc Faber und der wohl berühmteste Anwalt der Schweiz, Valentin Landmann. Und, nicht zu vergessen, sogar der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter.

«Es kommt immer häufiger vor, dass unsere Regierung im Umgang mit Steuergeldern das vernünftige Mass verliert.»

Es handelt sich um eine staatspolitische Angelegenheit. Solche Fragen erscheinen den Stimmbürgern immer etwas theoretisch. Wie wollen die Initianten eine solche Volksabstimmung gewinnen?
Alt Nationalrat Walter Wobmann wird der Kopf der Kampagne sein. Das ist ein wichtiger Trumpf.

Warum?
Walter ist der erfolgreichste Abstimmungskämpfer, den die Schweiz je gesehen hat. Er ist ein richtiger «Chrampfer». Davon gibt es in der Politik derzeit zu wenige. Bling-Bling und Selbstdarstellung sind in Mode. Aber die Ärmel hochkrempeln? Das ist heutzutage weniger angesagt.

Gestern hat der Bundesrat angekündigt, fünf Milliarden Franken Wiederaufbauhilfe an die Ukraine zu leisten.
Es kommt immer häufiger vor, dass unsere Regierung im Umgang mit Steuergeldern das vernünftige Mass verliert. Vergessen wir nicht, dass sich die Schweiz das Dossier «Ukraine» schon in den letzten beiden Jahren drei Milliarden Franken hat kosten lassen.

Im Jahr 2023 gab unser Land für die öffentliche Entwicklungshilfe mehr als 4,6 Milliarden Franken aus. Da soll gemäss Bundesrat Ignazio Cassis zugunsten der Ukraine etwas gekürzt werden.
Wenigstens das. Die linken Politiker im Land laufen bereits Sturm dagegen. Für viele von ihnen scheint das Geld auf den Bäumen zu wachsen.

«Die fidelen Damen wurden von Greenpeace, einem Weltkonzern der NGO-Industrie, vorgeschoben, um dessen Interessen zu vertreten.»

Diese Woche hat der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg die Schweiz verurteilt, weil sie nicht genug für den Klimaschutz getan hat. Was halten Sie davon?
Das Gericht hat sich unglaubwürdig gemacht. Mit diesem Urteil verwässert und entwertet der Menschenrechtsgerichtshof EGMR die Menschenrechte.

Immerhin war es eine klare Sache. Die Klimaseniorinnen gewannen mit 16 : 1 Richterstimmen gegen die Schweiz.
Die fidelen Damen wurden von Greenpeace, einem Weltkonzern der NGO-Industrie, vorgeschoben, um dessen Interessen zu vertreten. In Strassburg sitzen 47 Richter aus Aserbaidschan, Malta, der Ukraine, Georgien, Albanien, der Türkei und so weiter. Ich würde fast schon behaupten, dass uns diese Länder in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nicht alle haushoch überlegen sind …

Das Gericht ist für die Menschen in vielen der 47 Europaratsländer eine Lebensversicherung vor Exzessen ihrer Regierungen. Sehen Sie das nicht so?
Doch. Genau darum sage ich Ihnen nochmals in aller Deutlichkeit: Es wird nicht nur mir schwerfallen, das EGMR nach einem derartigen Witz-Urteil künftig noch ernst zu nehmen.

Sie reden sich regelrecht in Rage.
Ich bin erstaunt, wie wenig bestimmt die Reaktion der offiziellen Schweiz ausgefallen ist.

Ihre Partei, die SVP, fordert gar den Austritt der Schweiz aus dem Europarat. Ist das nicht übertrieben?
Nein. Die Richter haben die politische Auseinandersetzung in die Amtsstuben Strassburgs verlegt. Sie ideologisieren in einer Art, wie es auch die «Klimakleber» tun. Direktdemokratisch getroffene Entscheide? Solche interessieren die hohen Richter offensichtlich nicht.

«Selbstverständlich ist Alain Berset kein SVP-ler. Aber er ist Schweizer.»

Mir ist der Europarat in den vergangenen Jahren vorwiegend wegen Berichten und Urteilen bezüglich Sport aufgefallen.
Das hat viele «normale» Leute in Europa am meisten interessiert. Dabei hat die Organisation eine andere Mission.

Sie lautet?
Ich zitiere: «Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Europa und darüber hinaus».

Warum rümpfen Sie die Nase, wenn Sie das sagen?
Das mit dem «darüber hinaus» gefällt mir nicht. Aufträge an Organisationen sollten klar umschrieben sein, auch geografisch.

Für «Ordnung im Stall» könnte bald alt Bundesrat Alain Berset sorgen. Wie stehen seine Chancen, neuer Generalsekretär des Europarats zu werden?
Es wird ein enges Rennen. Die beiden anderen Kandidaten sind Indrek Saar aus Estland und der Belgier Didier Reynders. Alain Berset ist der einzige Kandidat aus einem nicht EU-Land.

Weshalb stellt sich die SVP mit Nationalrat Fredi Heer und Ihnen hinter die Kandidatur des Sozialdemokraten?
Selbstverständlich ist Alain Berset kein SVP-ler. Aber er ist Schweizer. Es ist ein wenig wie im Sport: National hat man verschiedene Lieblingsteams. Aber international unterstützt man die Nationalmannschaft.

Dann agiert die zwölfköpfige schweizerische Delegation also ein bisschen wie ein Berset-Fanclub?
Das dann schon nicht. Es gibt klare Erwartungen an ihn.

Die Mitglieder der parlamentarischen Versammlung des Europarats werden die Kandidaten offenbar anfangs nächster Woche in Strassburg anhören.
Ja. Am Montagmorgen sind alle drei in unserer Fraktion. Ich werde sehr aufmerksam dabei sein.

stgallen24/stz. / Linth24