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Kanton
11.04.2024
13.04.2024 06:23 Uhr

Alarmistische Kantonsräte

Kleine Bäche wie diese erfreuen das Auge von Menschen, die sich in der Natur bewegen.
Kleine Bäche wie diese erfreuen das Auge von Menschen, die sich in der Natur bewegen. Bild: zvg
Mit schrillen Tönen haben drei Kantonsräte vor der Offenlegung weiterer Gewässer im Kanton gewarnt. Ein sinnlose Aktion, meint Mario Aldrovandi.

Im letzten Jahrhundert war es Mode, kleine Bäche «einzudohlen». Aus den Augen aus dem Sinn, war das Motto und die kleinen Gewässer wurden zugedeckt.

Doch mit dem Gewässerschutzgesetz wurde diesem Unfug 2009 ein Ende bereitet: Bäche und Bächlein dürfen nur noch in Ausnahmefällen zugedeckt werden. Zu fördern sei viel mehr die freie Natur, das Leben von Fauna und Flora entlang der Gewässer.

«Ernährunssicherheit gefährdet»

Was jahrelang unbestritten war, rief im letzten Herbst drei Kantonsräte auf den Plan. Und sie taten das schrill und laut. Schon im ersten Satz ihrer «Interpellation» ist der Ton alarmierend: «Jedes Jahr werden im Kanton St.Gallen unzählige Fliessgewässer offengelegt (Ausdolung)». Solche Offenlegungen führen zu «tiefen und breiten Gräben», zum Verlust von «gewaltigen Flächen an landwirtschaftlichen Nutzflächen» und in der Folge zu «höherem Bewirtschaftungsaufwand durch zerschnittene Grundstücke».

Ganz dramatisch aber sei: Damit wird «die Ernährungssicherheit der Eidgenossenschaft gefährdet.»

Unterschrieben hatten die Behauptungen Christian Vogel, Bütschwil (SVP); Walter Freund, Eichberg (SVP) und Hansruedi Thoma, Kirchberg (Mitte).

3 von 600 Kilometer offengelegt

Ein halbes Jahr nach dem Panikschreiben gibt die Regierung Entwarnung. Tatsächlich seien im Kanton rund 600 Kilometer ehemals offene Gewässerläufe zugedeckt, also eingedohlt.

Davon seien in den letzten 15 Jahren rund drei (3!) Kilometer offengelegt worden.

Auch die Behauptung, die Offenlegung von Gewässern schade der Landwirtschaft und gefährde die Ernährung der Schweiz, widerlegt die Kantonsregierung.

0.19% der Landwirtschaftsfläche

Bei den 600 Kilometern zugedeckte Gewässer, «ist davon auszugehen, dass es sich überwiegend um kleine und sehr kleine Gewässer handelt.». Eine Offenlegung ergäbe keine «tiefen und breite Gräben». Selbst wenn man alle 600 Kilometer zugedohlte Flüsslein öffnen würde, ergibt das einen minimalen Verlust an landwirtschaftlich nutzbarem Land.

Genau genommen ist es «ein Gesamtverlust an Fruchtfolgeflächen von rund 27 Hektaren. Dies entspricht 0,19 Prozent des aktuellen Bestands an Fruchtfolgeflächen des Kantons St. Gallen.»

Die Regierung gibt ausserdem zu bedenken, dass offen gelegte Flüsse und Bächlein bei Starkregen helfen, Überschwemmungen zu vermeiden.

Was die Regierung nicht tut, aber der Schreibende empfiehlt: Die drei Kantonsräte mögen das nächste Mal besser einem lauschigen Bächlein entlang spazieren, Wasser, Pflanzen und Vögel geniessen, statt sinnbefreite «Interpellationen» zu verfassen.

Mario Aldrovandi, Linth24