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Kanton
27.03.2024
28.03.2024 07:52 Uhr

St. Galler Amtsleiter jagt russische Wölfe

Die Wolfsjagd sorgt für Kritik. Der zuständige Regierungsrat verteidigt sich und seine Angestellten. (Themenbild)
Die Wolfsjagd sorgt für Kritik. Der zuständige Regierungsrat verteidigt sich und seine Angestellten. (Themenbild) Bild: Unsplash: Fabrício Severo
Eine «Weiterbildungsreise» zu einer Wolfsjagd in Russland des St.Galler Leiters des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei und eines Wildhüters sorgt bei Naturschutzverbänden für Kritik.

St. Gallen ist nicht Seldwyla. Doch diese Geschichte tönt so abenteuerlich, dass sie aus einem Roman von Gottfried Keller stammen könnte: Ende Januar bewilligte der Vorsteher des St. Galler Volkswirtschaftsdepartement, Regierungsrat Beat Tinner, dem Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei sowie einem Wildhüter fünf Arbeitstage, um in Russland an einer Wolfsjagd teilnehmen zu können. Angeblicher Grund: Weiterbildung – weil man so das Prinzip der «Lappjagd» kennenlernen konnte; eine Form der Treibjagd.

Er unterstütze grundsätzlich neue Erkenntnisse und Weiterbildungen, sagt Tinner gegenüber SRF. Und weiter: «Bis heute hat unseres Wissens niemand die Lappjagd in der Schweiz angewendet. Die Idee dieser Weiterbildung war es, die Methode kennenzulernen und eine mögliche Anwendung in der Schweiz zu eruieren.» Der Amtsleiter und der Wildhüter würden ihre Erfahrungen an Kolleginnen und Kollegen weitergeben.

Naturschutzverbände üben Kritik

Kritik an dieser Weiterbildungsreise gibt es von Naturschutzverbänden. Pro Natura St. Gallen, der WWF St. Gallen und die Gruppe Wolf Schweiz sagen: Die Lappjagd sei in der Schweiz aus rechtlichen und tierschutzrechtlichen Gründen nicht praktikabel.

Wie eine Erlebnisreise

«Bei der Reise ist kein wissenschaftlicher Ansatz erkennbar, kritische Auseinandersetzungen und Daten fehlen. Die Reise wirkt mehr wie eine Erlebnisreise», sagt Corina del Fabbro von Pro Natura. Der Erkenntnisgewinn für den Umgang mit dem Wolf in der Schweiz sei gering.

Trophäenjagden in Russland

Die Naturschutzverbände betonen weiter, dass die Wolfsjagd in Russland als Trophäenjagd gelte. Die Glaubwürdigkeit eines Amtes leide darunter, wenn ein Amtsleiter und ein Wildhüter in Russland Wölfe schiessen.

Tinner sagt dazu: «Das Ziel der Weiterbildung war das Kennenlernen und Eruieren der Jagdmethoden, damit wir in der Schweiz die Wolfsregulierung effizienter umsetzen können.» Die Trophäen, also die Felle der vier erlegten Wölfe, seien in Russland.

Weshalb nicht im Wallis?

Der Beobachter aus der Halbdistanz reibt sich verwundert die Augen – und denkt für sich: Für eine Reise nach Russland gab es definitiv schon (viel) bessere Zeiten – umso mehr, wenn es um so sensitive Themen wie eine Tierjagd geht.

Thomas Renggli