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Leserbrief
Region
19.02.2024
19.02.2024 06:58 Uhr

Notfallversorgung gefährdet

Bild: zvg
Politik statt vernünftiger medizinischer Versorgung bestimmt das Verhalten, schreibt Dr. Hauswirth vom Toggenburger Ärzteverein.

Man sollte meinen, dass dies eigentlich doch der Wunsch und das Motto für jede Region oder jeden Kanton sein sollte. Doch weit gefehlt im Kanton St. Gallen. Hier lautet das Motto: Gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung, aber nur wie dies die Kantonsregierung und der Verwaltungsrat des staatlichen Spitalverbundes vorgibt!

Doch en Detail. Im Zug der sog. Spitalstrategie des Kantons St. Gallen sind resp. werden 5 Kleinspitäler von der St. Galler Spitallandschaft verschwinden. Als politisches Zugeständnis stellte man den fünf betroffenen Regionen sog. GNZ (Gesundheits- und Notfallzentren) in Aussicht. Was sich hinter einem GNZ verbergen soll, wurde aber offengehalten, ausser der Vorgabe, dass Notfälle maximal 24 Stunden stationär behandelt werden dürften. Aus medizinischer Sicht macht diese Einschränkung von jeher keinen Sinn, denn diese Art von Notfällen pro Monat kann man an einer Hand abzählen. Kurz gesagt: Die GNZ-Ankündigung war von Anfang eine politische Nebelkerze.

Aufgrund des vehementen Einsatzes der Bevölkerung und v.a. der Gemeinde Wattwil ist nun in Wattwil trotz Vernebelungstaktik ein solches GNZ entstanden, um nachhaltig die medizinische Versorgung im Toggenburg sicherzustellen. Mit der Berit Klinik hat man einen zuverlässigen Partner gefunden hat, der innert weniger Monate gegen den Widerstand von Regierung und SRFT (Spitalregion Fürstenland Toggenburg, der ehemalige Spitalbetreiber) eine qualitativ hochstehende medizinische Notfallversorgung rundum die Uhr an 365 Tagen auf die Beine gestellt hat. Ausserdem sind und werden in Zukunft noch weitere medizinische Leistungen und Spezialsprechstunden im ehemaligen Spitalgebäude angeboten und ausgebaut werden. Zudem findet zunehmend eine Verzahnung mit den Toggenburger Haus- und Spezialärzten statt. Alles wunderbar, im wörtlichen Sinne: Gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung.

Aber …. Das Gesundheitsdepartement hat der Rettung St. Gallen angeordnet, dass nur Notfälle, die höchstens zwei Behandlungsnächte benötigen, in die Berit Klinik zu verbringen sind. Ein Schelm, wer da nicht Böses denkt! Offensichtlich hat man nicht genug vom alten politischen Ränkespiel, denn aus medizinischer wie auch aus abrechnungstechnischer Sicht (es wird in Fallpauschalen abgerechnet), ergibt diese Anordnung keinen Sinn. Im Gegenteil, die Rettung steht vor Ort im Entscheidungsstress und soll vorhersehen, wie lange der vorliegende Notfall voraussichtlich behandelt werden muss. Ein Unding. Notfälle sollen schnellstmöglich einer notfallärztlichen Behandlung zugeführt werden, nicht mehr und nicht weniger!

Aber nicht genug, die Regierung plant nun mit der neuen Spitalliste Akutsomatik 2024 eine Einschränkung bei der Leistungsgruppe «ANB-GNZ» auf Spitalaufenthalte von höchstens zwei Behandlungsnächten einzuführen. Man will also die alten unsinnigen politischen Vorgaben festbetonieren und potentiell zukünftig entstehende GNZ (z.B. in Altstätten) bereits im Keim ersticken.

Eine derartige Vorgabe gefährdet die funktionierende Notfallversorgung im Toggenburg erheblich, denn der bisherige Notfallbetrieb kann dann von der Berit Klinik in diesem Masse nicht mehr betrieben, aber auch nicht durch die schwindende Zahl an Hausärzten kompensiert werden. Spätestens dann wird das Gesundheitsdepartement wieder vom Thema Notfallversorgung im Toggenburg eingeholt werden resp. ihm vor die Füsse fallen.

Wie eingangs erwähnt sollte das Motto «Gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung» sein und nicht «Spitalverbund resp. Kantonsspital first».

Uwe Hauswirth Past-Präsident Toggenburger Ärzteverein