- eine Initiative der Gebert Stiftung für Kultur, kuratiert von Marlene Bürgi
Unter dem Titel «We the Parasites: A Playbook to Complicity» (dt. «Wir die Parasiten: Ein Handbuch für Verbundenheit») beschäftigt sich das KURATOR*IN-Projekt von Marlene Bürgi mit verschiedenen Ausdrucksformen künstlerischer Subversion und Strategien des Perspektivenwechsels.
Die vier Ausstellungen in der Rapperswiler Alten Fabrik – «Page 1» bis «Page 4» – dienen als Leitfaden, um uns als zukunftsfähige Gesellschaft andersdenkenden Systemen erneut anzunähern und von ihnen zu lernen; um bestehende Dynamiken offenzulegen und Machtverhältnisse spielerisch umzukehren. Adaption, Aneignung und Anteilnahme werden zu Möglichkeiten, sich die eigene Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit zunutze zu machen, anstatt sich den vorgegebenen Strukturen gänzlich zu entziehen.
«Page #1: Telling Time»
Als erste «Seite» des vierteiligen Leitfadens betrachtet «Page #1: Telling Time» die Mehrstimmigkeit von Zeit- und Raumwahrnehmungen. Die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum sind zunehmend durchlässig und porös. Ihre Trennung ist zum Ort ständiger Verhandlung geworden: «Raum» lässt sich in unserer vernetzten Welt nicht mehr isolieren, sondern ist ein sich ständig bewegender Prozess, geprägt vom Zusammenspiel sozialer Beziehungen und von zeitlich erlebten Erfahrungen.
Mittels verschiedener Installationen und filmischen Arbeiten nähern sich die drei in der Schweiz lebenden Künstlerinnen Jiajia Zhang, Judith Kakon und Monika Emmanuelle Kazi genau diesem umfangreichen Möglichkeitsspektrum von Raum und Zeit an. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf Alltagssituationen und Momente, die uns weltweit umgeben. Ihre Konzentration auf deren Spezifik und Zwiespältigkeit – fehlerhafte Werbeflächen, abgeschaltete Weihnachtsbeleuchtung und bebilderte Sanduhren – lässt uns diese vermeintlich selbstverständlichen Dinge hinterfragen und dekonstruieren. Indem die Ausstellung in der ALTEFABRIK* Raum und Zeit gleichermassen spür- und (er)zählbar macht, ermutigt sie uns neue Perspektiven einzunehmen und mit einem neuen Blick auf unsere geteilte Öffentlichkeit zuzugehen.
Jiajia Zhang
Die Arbeiten von Jiajia Zhang konzentrieren sich auf das Verhältnis zwischen privatem und öffentlichem Raum. Unter anderem geprägt von der Omnipräsenz sozialer Medien, bieten ihre Werke einen Einblick in die zwiespältige Beziehung von Individualität und Vernetzung. Ihre künstlerische Praxis umfasst verschiedene Medien, darunter skulpturale Installationen, Videoarbeiten sowie digitale Collagen, welche die Komplexität zeitgenössischer Medien, genauso wie deren digitale und physische Verortung beleuchten.
Geboren in Hefei, China, lebt und arbeitet Jiajia Zhang heute in Zürich. Sie studierte Architektur an der ETH Zürich und Fotografie am International Center of Photography, New York. 2020 absolvierte sie ihren Master of Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie war Teil verschiedener Ausstellungen, unter anderem bei Fluentum, Berlin, Swiss Art Awards, Basel, FriArt, Fribourg und bei der Fondation d'entreprise Pernod Ricard, Paris. Zuletzt waren Zhangs Arbeiten im Rahmen ihrer ersten musealen Einzelausstellung im Kunstmuseum St.Gallen zu sehen. Derzeit absolviert sie eine Residenz im Instituto Svizzero in Rom.