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Rapperswil-Jona
15.02.2024
18.02.2024 06:12 Uhr

Fünf Generationen Ghenzi enden

Nach 34 Jahren hat sich Ernesto Ghenzi entschlossen, den Betrieb in Rapperswil zu übergeben.
Nach 34 Jahren hat sich Ernesto Ghenzi entschlossen, den Betrieb in Rapperswil zu übergeben. Bild: Rolf Lutz
Seit fünf Generationen sind die «Ghenzis» eng mit Bildhauerkunst verbunden. Da eine Nachfolge fehlt, wird Ernesto Ghenzi als letzter Spross den Betrieb nun in neue Hände übergeben.

Bereits seit fünf Generationen wird das Bildhauerhandwerk bei den Ghenzis weitergegeben. Geprägt und in unserer Region bekannt wurde die Unternehmung durch Ernst Ghenzi, der den Betrieb bis 1990 führte. Sohn Ernesto übernahm vor 34 Jahren Geschäft seines Vaters, und entwickelte dies weiter und setzte dem Unternehmen seinen Stempel auf.

Ernesto Ghenzi wird dieses Jahr 65 Jahre und für ihn wurde es Zeit, den Betrieb in neue Hände zu geben. Doch nach fünf Generationen steht nun kein «Ghenzi» mehr parat, um den die Bildhauergeschicke in der Familie zu halten.  Der Bruder von Ernesto, Walter Ghenzi, betreibt in Uznach die beiden bekannten Natursteinfirmen Walter Ghenzi AG & STONE Group AG.

  • Bald heisst es für Ernesto Ghenzi, die Werkstatt zu räumen. Bild: Rolf Lutz
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  • Ernesto Ghenzi im Atelier. Bild: Rolf Lutz
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Wie alles begann

Die Ghenzis kommen ursprünglich aus Italien – Maurizio (1777-1857) und Margarita Ghenzi aus Arzo, damals Lombardei, heute Tessin sind die ersten in der heutigen Schweiz urkundlich erwähnten Familienangehörigen. Ernestos Ur-Urgrossvater Julius legte den Grundstein für die Ghenzi-Dynstie. «Er arbeitete in Arzo im Steinbruch. Später zog er Richtung Norden und zu Zeiten des Gotthardbaus nach Wassen. Danach zog weiter nach Windisch-Eschenbach in Böhmen.

Sein dritter Sohn Dominik arbeitete anfangs im Granitsteinbruch, bevor er zurück in die Schweiz kam und schlussendlich nach Schmerikon, als dort ein Steinmetzmeister gesucht wurde», weiss Ernesto Ghenzi zu berichten.

Auf dem Ledischiff wurden die Sandsteinblöcke bearbeitet, die für die Zunfthäuser in Zürich bestimmt waren. 1903 eröffnete Dominik Ghenzi in Schmerikon ein Bildhauergeschäft, wo sein Sohn Ernst (1898*) dann den Bildhauerberuf erlernte und in Uznach das Atelier von Luigi Dunghi übernahm. Sein Sohn Ernst (1934*) lernte ebenfalls das Bildhauerhandwerk und baute 1967 das Atelier in Uznach.

Ernesto möchte in Zukunft noch einige künstlerische Projekte in Angriff nehmen. Bild: Rolf Lutz

Ernst Ghenzi, Künstler und Kantonsrat

Zeitsprung: Bis 1989 führte Ernst Ghenzi in Uznach das Steinbildhaueratelier. Nebst Grabmalen und Brunnen schuf er früher viele naturalistisch geprägte Skulpturen und Plastiken. Ab 1989, als seine Söhne sich selbständig machten, wandte sich Ernst Ghenzi ausschliesslich der freien Kunst zu und vollzog den endgültigen Schritt zum Abstrakten. Er nahm an zahlreichen Ausstellungen weltweit teil. «Er schuf so viele Kunstwerke, nahm an so vielen Ausstellungen teil, da kann man gar nicht einzelne Werke herausnehmen.» 12 Jahre politisierte Ernst Ghenzi zudem im Kantonsrat.

Der Sohn übernimmt

1989 übernahm dann Ernesto Ghenzi, Jahrgang 1959, die Werkstatt seines Vaters und eröffnete 1990 ein eigenes Atelier in Gommiswald. 2010 verlegte er dieses in die ehemalige Spinnerei in Rapperswil-Jona. Wie bei vielen Familien-Betrieben war auch hier der Übergang vom Vater zum Sohn anfänglich nicht ganz einfach, aber heute schmunzelt Ernesto darüber: «Wir hatten die gleiche Ansicht, was die Kunst anbetrifft, waren aber naturgemäss nicht immer der gleichen Meinung, was den Betrieb anbelangte. Aber uns Beiden war klar, dass es das oberste Gebot ist, das Handwerk zu beherrschen. Ohne Handwerk keine Kunst, und das habe ich von meinem Vater übernommen.»

Vater Ernst Ghenzi (r.) übergab den Betrieb 1989 seinem Sohn Ernesto. Bild: Rolf Lutz

Und die Kunst ging ganz offensichtlich vom Vater auf den Sohn über: In seinen Arbeiten sucht Ernesto Ghenzi nach klaren Linien und harmonischen Formen, aufgelockert zuweilen durch disharmonische Zwischentöne. Seine Werke strahlen Ruhe und innere Abgeklärtheit aus, Stimmungen, die sich auch auf den Betrachter übertragen.

Geschäft in neue Hände

34 Jahre führt Ernesto Ghenzi das Bildhaueratelier, doch mit nun fast 65 Jahren machte er sich schon eine Zeitlang Gedanken über die Weiterführung des Betriebs. Nachkommen, die den Betrieb übernehmen könnten, sind keine da. Also suchte Ghenzi nach einer Nachfolgelösung und machte dies in seinem Netzwerk publik. «Dass dann alles so schnell gehen würde, hat mich völlig überrascht.»

Mit Luis Ninantay konnte eine ausgezeichnete Lösung gefunden werden. Der junge, ehrgeizige und talentierte Bildhauer hat sich gemeldet und man wurde sich schnell einig. Ninantay hat das Geschäft bereits Anfang Jahr übernommen und Ernesto Ghenzi wird ihn bei der Einarbeitung tatkräftig unterstützten.

Natürlich fällt es Ernesto Ghenzi nicht einfach, loszulassen. Eine Geschichte über fünf Generationen gehen nun zu Ende – in manchen Stunden schmerzt diese Tatsache doch. Der Betrieb wird unter dem Namen «Bildhaueratelier Ghenzi, Inh. Luis Ninantay» weitergeführt. Auch wenn der Betrieb nun nicht mehr im Familienbesitz ist, der Name Ghenzi bleibt aber zumindest im Firmennamen vorläufig weiter bestehen.

Rolf Lutz, freier Mitarbeiter Linth24