Die Führung der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona steckt in der Krise. Zuerst verliess Ortsbürgerpräsident Matthias Mächler nach 23 Amtsjahren während der unmenschlich geplanten Schliessung des Bürgerspitals die Bühne. Kurz zuvor hatte Ortsverwaltungsrat und Forstbetriebsleiter Christian Helbling (samt Mitarbeitern) seinen Rücktritt erklärt. Und nun geht noch Geschäftsführer Christoph Sigrist.
Unter der Oberfläche morsch
Seit Jahren beobachte ich das Treiben der Institution Ortsgemeinde. Was sich an ihrer Jahres-Versammlung vom 6. Dezember abspielte, war symbolisch. Der abtretende Präsident Mächler lobte seinen abtretenden Vorstandskollegen Helbling mit gesalbten Worten samt pompöser Geschenks-Übergabe und spielte Friede-Freude-Eierkuchen vor.
Bis Helbling ans Mikrophon trat und sagte, er habe von der Ortsgemeinde-Führung (also eigentlich von Mächler) «zu wenig Unterstützung» erhalten. Mächler aber tat so, als habe er nichts gehört. Das passt, dachte ich mir: Fein polierte Oberfläche, darunter morsch.
Tun als wäre nichts
Die Ortsbürger bewegen für ihre «gesellschaftlichen und gemeinnützigen Leistungen» (Webseite) jährlich in Etwas ein 10 Millionen-Budget, besitzen «zum sozialen und gesellschaftlichen Nutzen» der Stadt das Schloss, das Rathaus, das Ortsmuseum, Heime und Wohnliegenschaften sowie 400 Hektaren Wald (4 Millionen Quadratmeter).
Man tut Gutes
Ein erstes Mal kreuzte ich mit der OG-Führung die Klingen rund ums Schloss Rapperswil. Von 2007 bis 2014 kämpfte ich, damals noch als Verleger der Obersee Nachrichten, dafür, dass das Wahrzeichen der Stadt endlich durch die hiesige Bevölkerung genutzt werden kann. Ich musste zwei Petitionen und die ganze Stadtprominenz einspannen, damit die Schlossherren die wichtigsten Räume «ihres» Schlosses nicht für 25 Jahre (!) den Polen vermieteten – für 2'000 Franken im Monat, also zum Preis einer 3-Zimmerwohnung.
«Mia san mia!»
Ähnlich Unverständliches geschah immer wieder, vom geplanten Umbau des Hauses zum Pfauen über den Biergarten beim Rathaus, das Debakel um die Forstorganisation bis zur geplanten Schliessung des Bürgerspitals.
Und immer reagierte der Ortsbürgerrat bei aufkommender Opposition mit Unverständnis, Schweigen oder freundlichem Weglächeln. Wie die Bayern: «Wir sind wir», wir tun doch Gutes, wer will da noch reklamieren!
Relikt vergangener Zeiten
Diese Noblesse hat seine Gründe – und ist auf der OG-Webseite nachzulesen. Dort verweist die Ortsgemeinde stolz auf ihre «politische Unabhängigkeit».
Doch genau hier liegt der Hase begraben. Die reichen Ortsbürgerschaften – es gibt sie in der ganzen Schweiz (z.B. auch in Schmerikon) – sind politische Zwitter. Sie haben viel Besitz und mischeln überall mit, entziehen sich aber der Politik ihrer Gemeinde. Eigentlich müssten sie, als Relikt aus vergangenen Zeiten, abgeschafft werden