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Rapperswil-Jona
03.12.2023
04.12.2023 22:35 Uhr

China-Deal: Der Stadtrat als China-Gehilfe

China-Flagge, Stadtrat: Landverkauf an den Rapperswil-Jonern vorbei.
China-Flagge, Stadtrat: Landverkauf an den Rapperswil-Jonern vorbei. Bild: Linth24
Linth24 besitzt das Stadtratsprotokoll zum China-Deal. Der Rat überging das Volksrecht ohne Fakten und hetzte den Landverkauf wegen eines China-Gesetzes durch. Von Bruno Hug

Linth24 besitzt neu das Stadtrats-Protokoll vom 8. Februar 2021 zum Verkauf von 2'000 m2 städtischem Land an eine China-Firma. Daraus geht hervor: Der Stadtrat von RJ berief sich bei seinem Verkaufsbeschluss auf eine 10 Jahre alte Schätzung mit einem Land-m2-Preis von 170 Franken. Der aktuelle Wert betrug aber das 7-fache. Also 2.4 Mio. Franken für das China-Land. Und damit hätte der Landhandel eigentlich dem fakultativen Referendum unterstellt werden müssen.

Volk mit Vermutung ausgebremst

Im Beschlussprotokoll dazu schreibt der Stadtrat, er könne einen Landverkauf gemäss Gemeindeordnung zwar nur bis zu einem Verkehrswert von 2.0 Mio. Franken selbst entscheiden. Mit Verkehrswert sei aber der amtliche Steuerwert gemeint. Deshalb «sei nicht davon auszugehen», dass dieser 2.0 Mio. Franken übersteige.
Damit wird klar: Der Stadtrat schaltete die Volksmitsprache beim Landverkauf auf Basis einer reinen Vermutung aus. 

Stadtrat als China-Gehilfe

Unverständlich am Landhandel war bis jetzt auch, wie er hingehetzt wurde. Bei Vertragsunterschrift war die China-Firma noch nicht einmal gegründet. Dank dem Ratsprotokoll weiss man nun aber, weshalb die Hetze. Im Verkaufsvertrag unter Punkt 2 steht:

«Der Kaufvertrag … soll möglichst bald unterzeichnet werden, weil sich bei der SinoSwiss Holding AG folgendes Problem … stellt: Die Überweisung von China auf ein Schweizer Bankkonto dauert ca. vier Wochen. Bei der SinoSwiss Holding besteht jedoch die Gefahr, dass im Chinesischen Neujahr (12. Februar 2021) neue Gesetze erlassen werden, die sich negativ auf den Geldtransfer und die Realisierung des Projektes auswirken könnten. Aus diesem Grund müsste das Geld bereits vor dem 12. Februar 2021 in der Schweiz sein.»

Daraus folgt: Der Stadtrat peitschte seinen Entscheid zum Verkauf des städtischen Landes ohne fachlich fundierte Prüfung der städtischen Rechte durch, weil in China vier Tage später ein neues Gesetz in Kraft trat. 

Land für immer weg

Nach dem Stadtratsbeschluss unterzeichnete Stadtpräsident Stöckling mit den China-Vertretern am 21. April 2021 den Verkaufsvertrag. Darin ist geregelt, dass der China-Bau bis 31. Januar 2024 bewilligt sein muss. Danach werde das Land definitiv an die Chinesen überschrieben. 
Erhalten die Chinesen also bis Ende kommenden Januar die Baubewilligung, ist das Land für die Stadt für immer weg. Und das selbst dann, wenn das Verwaltungsgericht nächstes Jahr entscheidet, der Stadtrat hätte das Land so nicht verkaufen dürfen.

Bewilligungs-Pflicht für Stadt

Nun wollen die Stadt und die Chinesen die Bewilligung für den China-Bau also bis Ende Januar durchboxen. Dabei sind die Chinesen in einer komfortablen Lage. In Artikel 8 des Verkaufsvertrags verpflichtete sich die Stadt nämlich, «sämtliche notwendige Baugesuchunterlagen für den China-Bau «ohne Verzug zu unterzeichnen».
Stadtpräsident Stöckling doppelte dazu vor 10 Tagen nach. In der Linth-Zeitung sagte er: «Wer ein Baugesuch stellt, hat Anrecht auf eine speditive Behandlung».

Stadt könnte aussteigen

Umgekehrt könnte die Stadt aus dem Geschäft auch aussteigen. In Art. 2 des Verkaufsvertrags zwischen der Stadt und den Chinesen steht, wenn der China-Bau bis Ende Januar 2024 nicht bewilligt sei, falle das Geschäft «ersatzlos dahin».
Ähnliches seht in Artikel 18: Werde die Baubewilligung verweigert, komme der Landverkauf «nicht zustande.»

Korrigendum: Die nachfolgend genannte Einreichung des Baugesuchs bezieht sich im Verkaufsvertrag zwischen SinoSwiss Holding und Stadt nicht auf das Baugesuch für den China-Bau, sondern auf die Bewilligung zum "Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland".
Die nachfolgende, durch einen Punkt zurückgesetzte Ausführung ist somit falsch und wird hiermit durch Linth24 als ungültig erklärt und zurückgenommen:

  • Und Artikel 15 steht, falls das Baugesuch nicht bis 21. Mai 2021 eingereicht sei, falle der Verkaufsvertrag «entschädigungslos dahin». Das jetzt aufliegende Baugesuch wurde aber gemäss Stadt-Bauchef Christian Leutenegger erst im August 2023 eingereicht. Der Verkaufsvertrag müsste somit schon längst dahingefallen sein.

 

Mysteriös und verdächtig

  • Als der Stadtrat den Landverkauf an die Chinesen im Februar 2021 absegnete, lag ihm keine brauchbare Landschätzung vor. Er stützte sich auf eine 10 Jahre alte Schätzung mit einem m2-Preis von 15% des echten Wertes.
  • Entsprechend der fehlenden Fakten vermutete der Stadtrat, es sei «nicht davon auszugehen», dass er den Landverkauf dem Referendum unterstellen müsse. Der Fall liegt vor St.Galler Verwaltungsgericht.

Nicht schriftlich, nicht rechtskräftig

  • Bei seinem Verkaufsbeschluss entschied der Stadtrat, eine neue Landschätzung erst nach Vorliegen der Baubewilligung für den China-Bau machen zu lassen. Offenbar aber beschlich ihn ein ungutes Gefühl und er organisierte noch schnell auf 1 Tag vor Vertragsunterzeichnung eine neue Schätzung, die beim Landverkauf jedoch weder schriftlich vorlag, noch rechtskräftig war.

Unterschiedliche Landpreise

  • Das Grundbuchamt bezifferte den Wert der China-Parzelle in dieser Schätzung ohne Begründung mit zu 100% divergierenden Landpreisen auf derselben Wiese. Daraus errechnete der Stadtrat einen tiefen Verkehrswert des Landes, mit dem er, als der Deal aufflog, seine Kompetenz zum Landverkauf begründete.
  • Der Stadtrat hielt den China-Deal entgegen der Gemeindeordnung fast 2 Jahre geheim, bis er durch Linth24 aufgedeckt wurde.

Stadtrat widerlegt Präsidenten

  • Der Stadtrat zog den Landhandel am fakultativen Referendum vorbei in kürzester Zeit durch, weil es in China neue Gesetze gab. 
  • Der Stadtrat verkaufte das Land, statt es im Baurecht abzugeben. Der Stadtpräsident sagte dazu, die Chinesen würden kein Baurecht kennen und hätten das Land nur kaufen wollen. Der Gesamtrat widerlegte dies danach und schrieb was Sache ist: Die Chinesen hätten einen Kauf des Landes «favorisiert». Es wäre also wohl auch das Baurecht möglich gewesen.
  • Im Verkaufsvertrag verpflichtete sich die Stadt, «sämtliche Baugesuchs-Unterlagen (der Chinesen) ohne Verzug zu unterzeichnen» und machte sich damit zur Partei der Chinesen. 

«Dritte» besser geschützt 

  • Im Land-Verkaufsvertrag schwärzte der Stadtrat verschiedene Stellen. Nie hat er offengelegt, wie der China-Deal in die Stadt kam und wer so massiv auf den Landverkauf drängte.
  • Der Stadtpräsident behauptete, eine «Firma» habe das China-Unternehmen geprüft und er selbst habe Recherchen gemacht. Welche «Firma» das war, gibt der Stadtrat nicht bekannt. Protokolle zu den Recherchen gibt es keine.
  • Viele durch Linth24 gestellte Fragen beantwortete der Stadtrat nicht und schrieb, «Dritte hätten ein schützenswertes privates Interesse». Man kann draus folgern: Unbekannte «Dritte» sind in Rapperswil-Jona besser geschützt als die Rechte der Bevölkerung.
Bruno Hug