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Kaltbrunn
13.10.2023
13.10.2023 23:27 Uhr

Schulübergriffe brauchen Klärung

An der bis 2019 von einer Mission betriebenen «Domino Servite»-Schule auf dem Hof Oberkirch in Kaltbrunn soll es massive Übergriffe gegeben haben. (Archivbild)
An der bis 2019 von einer Mission betriebenen «Domino Servite»-Schule auf dem Hof Oberkirch in Kaltbrunn soll es massive Übergriffe gegeben haben. (Archivbild) Bild: STASG/Flugaufnahme
Der Kanton St.Gallen will die Übergriffe an der Kaltbrunner «Domino Servite»-Schule nicht weiter aufarbeiten; er schafft eine Anlaufstelle. Die SP gibt sich damit nicht zufrieden.

Am 11. Oktober hat die Regierung ihre Antwort auf die einfache Anfrage «Massive Übergriffe an der «Domino Servite-Schule» in Kaltbrunn - Ist der Kanton nun zur Aufarbeitung bereit» von SP-Fraktionspräsidentin Bettina Surber und SP-Kantonsrat Martin Sailer publiziert. Gemäss den Ausführungen der Regierung sollen sich Opfer an eine kantonale Anlaufstelle wenden können – eine weitere Aufarbeitung ist nicht geplant.

Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass die damalige Schulaufsicht das Erwartbare und Zumutbare vorgekehrt habe, aus den ihr zugetragenen Verdachtsmomenten aufsichtsrechtlich verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen. Wenn diese Vorkehrungen nicht zum Erfolg geführt hätten und die Verfehlungen auch später nicht ans Licht gekommen seien, dann deshalb, weil einerseits die Eltern der betroffenen Kinder und Jugendlichen glaubensbedingt Teil der Verfehlungen und nicht Teil derer Verurteilung gewesen seien und weil andererseits sich die Betroffenen auch im späteren Erwachsenenalter nicht zu erkennen gegeben hätten. Es bestehe vor diesem Hintergrund kein Nachholbedarf für eine Aufarbeitung.

Weitere Recherchen werfen Fragen auf

Diese Ausführungen überzeugen nicht. Es musste schon damals klar sein, dass die Eltern Teil des von der religiösen Lehre geprägten Systems waren und dass sich diese mit der Gemeinschaft solidarisierten. «Es ist gerade dann, wenn die Eltern und hier die private Schule das Kindswohl nicht schützen, sondern gefährden, Aufgabe des Staates einzugreifen», erklärt Fraktionspräsidentin Bettina Surber.

Recherchen des St.Galler Tagblatts im Artikel vom 12. Oktober 2023 «Kanton plant keine weiteren Abklärungen» werfen zudem die Fragen zur damaligen Schulaufsicht auf. Im Artikel ist festgehalten, dass nach Einsicht in die Akten fraglich bleibe, ob die Schulaufsicht damals wirklich alles unternommen habe, um die Schülerinnen und Schüler zu schützen. Was dabei insbesondere auffällt: Offensichtlich stellten sowohl der Erziehungsrat als auch ein späteres Gutachten fest, dass fraglich sei, ob die mit der internen Aufsicht betraute Person über die notwendige Distanz für die Tätigkeit verfügte. «Dass die Regierung sich in Anbetracht solcher Anhaltspunkte nicht zu weiteren Abklärungen veranlasst sieht, ist – gerade in Anbetracht der Schwere der vorgebrachten Vorwürfe – schlicht enttäuschend», meint Kantonsrat Martin Sailer.

Lehren für die Zukunft ableiten

Die Regierung schreibt weiter, dass heute das Risiko von Rechtsverstössen an Privatschulen deutlich tiefer sei als früher, da die Privatschulaufsicht modernisiert und intensiviert worden sei. Es sei aber im Rahmen der Revision des Volksschulgesetzes zu überprüfen, ob die Privatschulaufsicht weiter ausgebaut werden müsste. Auch vor diesem Hintergrund erscheint eine Aufarbeitung dringend gefordert: Es muss geprüft werden, ob mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln ein wirksames Eingreifen des Staates zum Schutz der Kinder möglich wäre. Dabei geht es nicht um die Mittel der Schulaufsicht allein, sondern um das Zusammenwirken verschiedener Stellen: Schulaufsicht, Kindesschutzbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft.

Es muss alles darangesetzt werden, dass sich das, was die Kinder von damals heute als Erwachsene schildern, an keiner Schule im Kanton wiederholen kann. «Die SP wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Vorwürfe umfassend aufgeklärt werden, den Betroffenen zur Seite gestanden wird und Konsequenzen für die Zukunft abgeleitet werden. Mit Blick auf die Novembersession des Kantonsrats prüfen wir deshalb weitere Vorstösse», kündigt Bettina Surber an.

SP Kanton St.Gallen / Linth24