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Rapperswil-Jona
01.06.2023
01.06.2023 06:43 Uhr

Wassernot Rapperswil-Jona: Desaströse Realitätsverweigerung

Vom St. Galler Verwaltungsgericht gestoppter Bau der Grundwasserfassung im Grünfeld
Vom St. Galler Verwaltungsgericht gestoppter Bau der Grundwasserfassung im Grünfeld Bild: Linth24
Stadt und Wasserversorgung machen beim Wasserpumpwerk Grünfeld, Jona, eklatante Fehleinschätzungen. Linth24 zeigt mit neuen Fakten, wie bedenklich das Wasser-Problem gemanagt wird. Bericht und Kommentar von Bruno Hug

Die stillgelegte Grundwasserfassung Grünfeld und die angedrohte Wassernot in der Stadt bewegt Rapperswil-Jona. Der erste Linth24-Artikel dazu wurde über 10'000 Mal gelesen. Niemand begreift, dass die wichtigste Wasserquelle der Stadt wegen einer Einsprache und einem Gerichtsentscheid lahmgelegt ist.  

Realitätsverweigerung am Beispiel SP

Das hat viel mit Realitätsverweigerung zu tun. Paradebeispiel ist die politische Partei SP. Sie fordert die Sportcenter Grünfeld AG öffentlich auf, ihre Einsprache gegen den Pumpwerk-Bau «umgehend zurückzuziehen».
Die Partei missachtet: Die Schweiz ist auch beim Wasser ein Rechtsstaat! Ausserdem haben das Debakel, wie folgende Fakten zeigen, primär die Wasserversorgung und die Stadt zu verantworten.

Grünfeld total überbaut

Die Wasserfassung Grünfeld wurde 1963 gebaut. Rundum war damals nur Wiese. Danach wurde das Gebiet praktisch total überbaut - immer mit Bewilligung der Stadt oder durch die Stadt selbst.
Es entstanden: Tenniscenter (1985) Aussenplätze, Boccia-Halle, Rasen- und Sportplätze, die Sporthalle Grünfeld, die Metallfabrik Feinstanz und rund 500 (!) Parkplätze. (Und man erinnert sich: Der Stadtrat wollte hier auch noch ein Eisstadion und eine Eistrainingshalle bauen…!)

Baurecht für Tenniscenter

Eine der vielen Bauten im Grünfeld ist das Sport- und Tenniscenter. Ihr Eigentümer, Peter Merkli, gelangte 2019 an die Stadt und fragte nach einer Baurechtsverlängerung über das Jahr 2055 hinaus. So, wie es die Stadt in etwa den Lakers und den Flames für deren geplante Sporthallen im Grünfeld angeboten hatte.
Die Stadt sagte zu und beauftragte das Grundbuchamt, einen Vertrag auszuarbeiten, der am 13. März 2020 unterschriftsbereit vorlag.  

Vage Vorstellungen

Doch die Wasserversorgung Rapperswil-Jona war gegen die Baurechtsverlängerung. Und so trafen sich im Sommer 2020 Peter Merkli, Stadtpräsident Stöckling, Stadtschreiber Goldener und Wasserversorgungs-Präsident Lehmann.

Lehmann bot vage an, das Sportcenter zu kaufen und zurückzubauen (also, abzureissen). Und die Stadt erwog, für einen Neubau Land bereitzustellen.
Ähnlich tönte es an einer nächsten Sitzung mit der Wasserversorgung. Doch Merkli wollte das  Center schützen, weil es für die Stadt von hoher Wichtigkeit sei. Und bezweifelte die Rechtmässigkeit der Ansichten der Wasserversorgung.

Aus für das Sportcenter

Ende November 2020 schrieb die Wasserversorgung an Merkli: «Eine Verlängerung des Baurechtsvertrages für Sportplatz und Clubhaus» über das Jahr 2040 hinaus komme nicht in Frage. Sie wolle ihre «Vision» zur Auflösung aller «Nutzungskonflikte» im Grünfeld umsetzen.

Für Merkli war damit klar: Ohne Baurecht der Wasserversorgung für das Land, auf dem das Clubhaus und die Aussenplätze stehen, wird das Sportcenter nach 2040 nicht mehr bestehen können. (Die Tennishalle umgekehrt steht auf Land der Stadt, dessen Baurecht 2055 endet.)

Merkli’s Anwalt schrieb deshalb der Wasserversorgung am 22. Juni 2021, ihre Pläne seien «nicht nachvollziehbar» und fügte an: «Wir regen ein Gespräch an, denn es wäre bedauerlich», wenn sich das Tenniscenter gegen das Wasserpumpwerk «rechtlich zur Wehr setzen müsste».

Stadt gibt Baubewilligung

Trotz dem sich zuspitzenden Konflikt erteilte die Stadt der Wasserversorgung drei Tage später die Baubewilligung für das Grundwasserpumpwerk, vergass unter anderem aber, den Nachbarn eine Bauanzeige zu schicken.

Ende August 2021 schrieb dann der Anwalt der Wasserversorgung an den Tenniscenter-Anwalt: …. es gebe, nachdem seine Klientin die Anliegen der gegnerischen Klientin abgelehnt habe, keine Baurechtsverlängerung. Und: Seine Klientin habe «wenig Spielraum».
(So tönt es, wenn Anwälte statt der Stadtverwaltung städtische Probleme lösen müssen.)

Sportcenter muss handeln

Zeitgleich begannen im Grünfeld plötzlich Bauarbeiten rund um die Wasserfassung. Woraufhin der Anwalt der Sportcenter Grünfeld AG gegen den Bau des Pumpwerks am 8. Oktober 2021 beim Kanton Rekurs erhob.
Die Stadt äusserte sich zu diesem abweisend, schrieb aber dem Kanton, man müsse eine Lösung finden, das Sportcenter Grünfeld sei in der Stadt «kaum wegzudenken».

Sofortiger Baustopp

Danach gab es noch zwei Versuche für einen runden Tisch. Doch der Anwalt der Wasserversorgung war dagegen. Und den  Einigungsvorschlag von Merkli vom 2. August 2021 lehnte der Stadtrat zwei Monate später in einem Brief ohne Grundangabe ab.

Am 17. Februar 2022 verfügte das St. Galler Verwaltungsgericht vorsorglich einen Baustopp für das Pumpwerk. Weil dafür keine formell rechtskräftige Baubewilligung existiert, gilt dieser bis heute.

Problem Parking Grünfeld

Anstatt dass sich die Parteien bekriegen, stellen sich bei nüchterner Betrachtung des Problems aber grundsätzliche Fragen: Im Grünfeld gibt es für eine Wasserfassung viele Friktionen, Anlagen, Fussballplätze (Dünger etc.), eine Metallfabrik usw.

Noch viel schlimmer ist es mit den rund 500 Parkplätzen in diesem Gebiet. Der Bund schreibt im Merkblatt «Vorgehen in der Grundwasserschutzzone S2», Parkplätze seien in solchen Zonen «aufzuheben oder abzudichten und zu entwässern».
Das weiss auch die Wasserversorgung. Sie will deshalb, dass beinahe alle Parkplätze im näheren Umfeld des Pumpwerks saniert werden.

Die Wasserfassung zügeln?

In Anbetracht all dieser Konflikte und zu erwartenden, massiven Kosten daraus stellt sich somit die Frage: Ist die Grundwasserfassung Grünfeld überhaupt noch am richtigen Ort? Wasser fliesst und kann auch andernorts gefasst werden. Bauten aber sind fix und geniessen Eigentumsschutz. Dies hat das Bundesgericht bei solchen Konflikten auch in anderen Fällen so gesehen.

Fazit: Mit einem weiteren, vermanagten Fall, einer zwängenden Wasserversorgung und städtischen Ausständen stehen in Rapperswil-Jona einmal mehr neue Probleme an. Die Wasserversorgung und die Stadt tun gut daran, dieses mit Hochdruck, grundsätzlich und langfristig zu lösen.

Bruno Hug