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Kultur
17.04.2023

Kunst kennt kein schlechtes Wetter

Trotz Regen hörten die Mitglieder des Kunstvereins aufmerksam den Erklärungen von Hans Thomann zu.
Trotz Regen hörten die Mitglieder des Kunstvereins aufmerksam den Erklärungen von Hans Thomann zu. Bild: Marie-Eve Hofmann-Marsy
St. Gallen war Ziel des Kunstvereins Oberer Zürichsee und kein geringerer als Künstler Hans Thomann nahm die Mitglieder auf einen Kunst-Spaziergang durch die Stadt mit.

Der Regen wollte gar nicht nachlassen und der Wind pfiff eisig um die St. Galler Häuserecken. Die über 40 Mitglieder des Kunstvereins Oberer Zürichsee nahmen es gelassen und nach dem Motto «Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung» genossen sie trotzdem den Kunst-Spaziergang.

Spaziergang mit Hans Thomann

Der Schweizer Maler, Grafiker, Bildhauer und Installationskünstler Hans Thomann, berühmter Sohn der Stadt St.Gallen, nahm die Gruppe bereits am Bahnhof in Empfang und führte sie am Lämmler Brunnen vorbei, eine Erinnerung an das textile Erbe St. Gallens, durch die belebten Strassen bis hin zur Stadtlounge, besser als Roter Platz bekannt. Wo früher die Stadtmauer entlang lief und Wäsche gebleicht wurde, leuchtet nun die rote Farbe des vom Architekten Carlos Martinez und von der Multimedia-Künstlerin Pipilotti Rist gestalteten Quartiers, über dem die schwebenden Leuchtkörper hängen.

Der «Rote Platz» fasziniert zu jeder Jahreszeit. Bild: Marie-Eve Hofmann-Marsy

Nur wenige Schritte trennte die Gruppe noch vom Hotel Einstein, dem geschichtsträchtigen Hotel-Restaurant und Ort der kulinarischen Verpflegung am Mittag. Nachdem dem leiblichen Wohl Genüge getan war, überbrachte Marie-Theres Thomann – Ehefrau des Künstlers und Vizepräsidentin des Kunstvereins St. Gallen – Grüsse des Vereins, der bereits 1827 gegründet wurde, bevor wieder Hans Thomann übernahm und über die Geschichte des bekannten Hotels und dessen wertvolle Kunstsammlung erzählte.

«Who is Who» der zeitgenössischen Kunst

Das klassizistische Gebäude wurde 1884 von Issac Einstein in eine Stickereifabrik umgebaut, 1978 vom St.Galler Textilfabrikant Max Kriemler gekauft, von Grund auf renoviert und zum Vierstern-Hotel Einstein umgebaut. Sein Sohn Albert, der Schweizer Designer und Creative Director von «Akris», liess sich für seine Modekreationen stark von der Kunst inspirieren, sammelte diese und stellt sie in den grosszügigen Räumlichkeiten des Hotels aus. Ein wahres Glück für internationale Kunstfreunde.

Schon beim Mittagessen bewunderte der Kunstverein die Holzreliefs des deutschen Künstlers Stephan Balkenhol und das auffallende Werk von John Baldessari. Die weiteren Werke von internationalen Künstlern liest sich wie das «Who is Who» der zeitgenössischen Kunst. Imi Knoebel, Vertreter der minimalen Art; Ernst Wilhelm Nay, klassische Moderne; eindrucksvolle Fotografien von Candida Höfer und Thomas Ruff; Jürg Drescher mit der auffallenden Skulptur im Treppenhaus; Anke Doberauer, die Frauen aus Frauensicht malt; Armen Eloyan, dessen Arbeiten sich am besten mit seinem Zitat «Ein gutes Gemälde zu malen ist ähnlich, wie einen guten Witz zu machen.» erklärt und viele weitere Kunstschaffende bis hin zu Werken von Gerhard Richter.

Im grosszügigen Treppenhaus beim Hotel Einstein sind viele Kunstwerke zu bestauen, wie hier die Skulptur von Jürg Drescher. Bild: Marie-Eve Hofmann-Marsy

Hans Thomann zog mit jedem seiner Worte die Zuhörerinnen und Zuhörer in seinen Bann. Der Künstler verstand es auf seine ganz ureigene Art, Informationen mit Anekdoten zu verknüpfen und daraus ein höchst eindrucksvolles und überaus lebendiges Bild der jeweiligen Künstler entstehen zu lassen.

Beinahe bescheiden stellte er seine eigenen Werke am Ende vor, die aber dem Vergleich der Vorgänger nicht scheuen müssen. Seine Faszination für Masken bis hin zu den Totenmasken, verfremdet, verändert, ergänzt, geben einen Einblick in seine vielfältige Kunst, die über Chromstahl-Skulpturen, Kunst am Bau, Spiegelbilder, Installationen und Vielem mehr gehen.

So seriös die Werke auf den ersten Blick wirken, vermitteln sie beim näheren Betrachten dieses so typische Augenzwinkern und den feinfühligen, aber sehr tief gehenden Humor des Künstlers, der seiner Kunst zugrunde liegt. Ein Beispiel sind die 1996 geschaffenen Vögel auf der Grauholz-Brücke in Bern. «Frei, gleich und offen» stehen sie für die drei Attribute der Französischen Revolution, bekommen aber auf einer Autobahnbrücke eine ganz andere Gesinnung.

Der Künstler Hans Thomann (2. v.r.) erzählt über die Neukonzeption des Platzes vor der Mühleggbahn 2011 mit Werken von St. Galler Künstlern. Bild: Marie-Eve Hofmann-Marsy

Die Kurzweiligkeit des Vortrages hatte bedauerlicherweise seinen Preis. Die Zeit verging wie im Fluge und der vorgesehene Besuch im Atelier des übrigens meist Hut tragenden Künstlers war leider nicht mehr drin. Der Rückweg zum Bahnhof ging noch an der Mühleggbahn, selbstverständlich wieder mit Legenden und Geschichten begleitet und dem Broderbrunnen vorbei, bevor Vorstandsmitglied und Organisator dieses Anlasses, Peter Brunner, Hans Thomann für diesen wundervollen Tag dankte. Der begeisterte Applaus von allen teilnehmenden Mitgliedern sprach für sich.

Bei der Mühleggbahn ist auch ein Werk von Hans Thomann zu bestaunen. Der «Steg» fasziniert auch die Mitglieder des Kunstvereins. Bild: Marie-Eve Hofmann-Marsy

Der nächste Anlass des Kunstvereins ist die Mitgliederversammlung am 12. Mai im Begegnungszentrum Uznach.

Weitere Informationen unter www.kunstverein-oz.ch

Kunstverein Oberer Zürichsee/Marie-Eve Hofmann-Marsy